Riskante Versuchung
Hauswirtschaftsraum.
Das getrocknete Blut war nicht ganz aus der Jeans herausgegangen, aber jetzt sah der Fleck eher nach Dreck aus. Was das Loch in der Hose betraf, hatte sie noch keine Idee …
Ein Klopfen an der Tür ließ sie vor Schreck zusammenfahren. Hastig stopfte sie die Jeans in den Trockner und schaltete ihn ein, ehe sie zurück in die Küche ging.
Draußen vor der Fliegentür stand Elliot Parker. Jess widerstand dem Impuls, sich nervös zum Flur umzudrehen, der zum Schlafzimmer führte, in dem Rob schlief.
„Darf ich reinkommen?“
Verdammt, dachte sie, machte die Tür aber auf und ließ ihn herein.
Elliot atmete genüsslich den Duft der aromatischen Spaghettisoße ein, die auf dem Herd leise vor sich hin blubberte. „Ich habe gerade mit Selma gesprochen“, berichtete er. „Ian Davis war nicht zu Hause. Wir haben einen Haftbefehl gegen ihn.“
Mit seinen scharfen Augen beobachtete er sie ganz genau, weshalb ihm vermutlich ihr plötzliches Erblassen nicht entging. Benommen setzte Jess sich an den Küchentisch.
„Er könnte überall sein“, sagte sie.
„Ich habe heute Nacht einen Mann vor Ihrem Haus postiert“, beruhigte er sie. „Bis wir Davis gefunden haben.“
Jess stützte den Kopf in die Hände. „Ich wünschte, die ganze Geschichte wäre endlich vorbei.“
„Das wünsche ich mir auch schon ziemlich lange“, gab Elliot ruhig zurück. „Seit ich die Akte aufgeschlagen und den Bericht der Polizei von Sarasota über den ersten Mord gelesen habe.“
Jess schaute zu, wie er den Deckel von dem Topf mit der Spaghettisoße hob und darin mit dem Löffel rührte, der auf der Arbeitsfläche lag.
„Ich werde diesen Kerl erwischen“, schwor er. Seine Stimme war ruhig, doch seine Augen waren stahlhart. „Ich werde ihn verurteilt sehen. Nur endet es nie. Wenn ich wieder in Quantico bin, liegen sieben neue Fälle auf meinem Schreibtisch. Sieben neue Killer, die Überstunden machen. Mein Team und ich werden einen auswählen und sechs Monate damit zubringen, die Spur dieses …“
Elliot benutzte ein übles Schimpfwort, das Jess nicht aus seinem Mund zu hören erwartet hätte. Es kam ihr sehr emotional, ehrlich und spontan vor. Er entschuldigte sich sofort.
„Tut mir leid“, sagte er. „Ich bin wohl noch müder, als ich dachte. In diesem Job habe ich das Schlimmste gesehen, was Menschen fertigbringen. Und doch bin ich immer wieder von Neuem entsetzt über das, was Menschen einander antun.“
Er senkte den Blick, und für einen Moment wirkte er tatsächlich sehr müde.
„Parker“, begann sie. „Vielleicht hat Selma recht, und Sie sollten mal Urlaub machen.“
Die Hoffnung in seinem Blick, als er wieder aufsah, war unmissverständlich. Er wollte, dass sie ihn einlud zu bleiben - zum Essen und vielleicht noch zu mehr. Jess fluchte im Stillen.
„Ich kann Sie nicht bitten zu bleiben“, erklärte sie.
Elliot verbarg seine Enttäuschung hinter einem kurzen Kopfnicken. „Ich weiß.“ Er wandte sich zum Gehen. „Ich rufe Sie an, sobald wir Davis festgenommen haben.“
„Danke. Ich werde mich wesentlich besser fühlen, wenn Sie ihn gefasst haben.“
Er nickte noch einmal und ging.
Jess seufzte und schloss vorsichtshalber die Küchentür ab.
Der Timer summte, und sie stellte die Flamme unter dem Nudeltopf aus. Dann goss sie die Nudeln in das Sieb, das sie zuvor in die Spüle gestellt hatte.
Als sie damit fertig war, ging sie Rob wecken.
Er war bereits wach, als sie die Tür zu ihrem Schlafzimmer öffnete. Sie blieb im Türrahmen stehen und betrachtete ihn.
„Du ziehst sie an wie die Fliegen, was?“ Seine Stimme war sanft.
„Was meinst du?“, fragte Jess unsicher.
„Das weißt du genau“, sagte Rob. „Männer.“ Er setzte sich auf, was ihm offenbar Schmerzen bereitete, und hielt sich dabei am Bettpfosten fest. In dem schwachen Licht sah er geheimnisvoll aus. Schatten lagen auf seinem Gesicht und betonten die Konturen seiner Brust- und Armmuskeln. „Der Typ war vom FBI, stimmt‘s?“
Jess bestätigte seine Vermutung.
„Ich kann verstehen, dass es Ian wahnsinnig gemacht hat“, fuhr Rob fort. „Überall, wo du hingehst, stolpern die Männer übereinander bei dem Versuch, dir irgendwie behilflich zu sein und in deiner Nähe zu sein …“
„Ich bitte sie nicht darum“, verteidigte sie sich mit trotzig erhobenem Kinn. „Ich behandle alle Leute gleich …“
„Hey, ich mache dir ja gar keine Vorwürfe“, versuchte er sie zu besänftigen.
Jess‘ Herz zog sich
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