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Risotto Mit Otto

Titel: Risotto Mit Otto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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»Wenn du brav bist, darfst du mich im neuen Jahr zum Essen einladen – vielleicht nehme ich die Einladung ja an …«, schrieb ich keck und drückte auf »Senden«.
    »Sind Sie denn Italienerin?«, fragte mich die freundliche Dame, nachdem ich mein Telefon in der Handtasche verstaut und dafür die italienische Vogue hervorgeholt hatte, mit einem Blick auf die Zeitschrift.
    Ich nickte.
    »Leben Sie in Deutschland?«
    Daraufhin erzählte ich ihr von meinem chaotischen ersten halben Jahr in München und sie mir von ihrer Tochter, die einen Mailänder geheiratet hatte und mit ihm seit fünf Jahren in Bologna lebte. Sie wollte Weihnachten gerne mit ihren Enkelkindern verbringen und fuhr nun schon zum vierten Mal nach Italien. Wir unterhielten uns bestens, und ich war total in meinem Element, weshalb mir anfangs gar nicht auffiel, dass der Zug auf offener Strecke stehen geblieben war. Erst als die anderen Passagiere unruhig wurden und jemand laut sagte: »Wieso kommt denn da keine Durchsage?«, wurde ich hellhörig.
    Die Dame neben mir wandte sich über den Gang an einen jungen Mann im Anzug, der das Geschehen offenbar im Blick hatte. »Was ist denn passiert?«, fragte sie.
    Als hätte er nur darauf gewartet, seinem Ärger Luft machen zu können, polterte er los und hätte sich beinahe die Brille von der Nase gefegt. »Das ist ja mal wieder typisch Bahn. Wir stehen hier seit über einer halben Stunde auf offener Strecke, und keiner erfährt, was los ist. Der Schaffner hat sich auch verkrümelt. Das ist ein solcher Saftladen! Und so was an Weihnachten.«
    Die leichte Panik von vorhin stieg wieder in mir hoch, und ich wagte einen zögerlichen Blick auf meine Armbanduhr. Es war kurz vor halb zehn, und wir hätten eigentlich schon in Innsbruck sein müssen. Spontan holte ich mein Handy hervor, um zu Hause anzurufen, doch dann steckte ich es wieder weg. Was brachte es schon, wenn ich in Riccione die Pferde scheu machte, ich konnte momentan ohnehin noch nicht sagen, wann ich ankommen würde. Ich beschloss, mich auf die deutschen Tugenden zu verlassen, und ging ganz zuversichtlich davon aus, dass die Bahn das Problem in den Griff bekommen würde, schließlich zählte Pünktlichkeit zu den hervorstechendsten Eigenschaften in diesem Land.
    Als der Zug sich eine weitere Stunde später immer noch keinen Zentimeter von der Stelle bewegt hatte, sank allmählich auch mein Mut. Die Dame neben mir hatte sich auf den Weg gemacht, um den Schaffner zu suchen, kam jedoch unverrichteter Dinge zurück. Immerhin rückten die Menschen im Großraumabteil durch den Zwischenfall ein wenig näher zusammen. Da die Heizung ausgefallen war, wurden Decken und Schals weitergereicht, wer noch Tee in der Thermoskanne hatte, bot den Umsitzenden großzügig eine Tasse an, und auch meine Großpackung Dominosteine fand reißenden Absatz.
    Doch schneller, als mir lieb war, kam auch der Blues. Was, wenn dieser Zug nie mehr weiterfahren würde? Müsste ich dann zu Fuß nach Bologna laufen? Wann würde ich dann ankommen? Der Kloß in meinem Hals wuchs bedenklich, und ich zog nun doch wieder mein Handy hervor und wählte die Nummer meiner Eltern.
    » Mamma  …« Mehr brachte ich nicht hervor, da liefen mir auch schon die Tränen über die Wangen.
    »Was ist los?«, hörte ich meine Mutter angsterfüllt rufen. »Wo bist du? Was ist passiert? Bist du verletzt?«
    Ich riss mich zusammen, zog absolut unladylike die Nase hoch und berichtete von meiner Notlage.
    »Sollen wir kommen und dich abholen?« Das war babbo, der im Hintergrund so laut sprach, dass ich ihn bis ins verschneite bayerische Nirwana hören konnte.
    »Nein, nein.« Ich wollte ihn gerade beschwichtigen, da ertönte endlich die langersehnte Durchsage.
    »Sehr verehrte Damen und Herren, wir mussten wegen eines umgestürzten Baumes außerplanmäßig auf freier Strecke anhalten. Bitte lassen Sie die Türen geschlossen und verbleiben Sie im Zug. Eine Ersatzlok, die den Zug zurück nach Raubling ziehen wird, ist bereits angefordert, die Fahrt wird in Raubling enden. Bitte wenden Sie sich vor Ort an das Servicepersonal, um ihre weiterführenden Verbindungen zu erfragen. Es kann aufgrund des hohen Schneeaufkommens zu erheblichen Verzögerungen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.«
    Im Waggon brach Tumult aus. »Das ist ja wohl die Höhe«, rief ein Fahrgast. »Unverschämtheit!«, schimpfte eine junge Frau, und schon redeten alle so wild durcheinander, dass ich babbo am anderen Ende der Leitung nicht

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