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Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Titel: Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Gustafsson
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Schuhe auszog. Ein unwahrscheinlich athletischer Jüngling war gerade dabei, einen Unterleibschutz anzulegen.
    – Servus, Roffe.
    – Servus, Tommy, wie geht’s?
    – Leidlich. Und dir?
    – Man lebt.
    Tommy fummelte das Schloß des Kombischranks mit ein paar leichten Drehungen des Handgelenks auf. Er schien es schon tausendmal gemacht zu haben.
    – Hast du keine Schuhe und Hosen dabei?
    Er musterte mich kritisch. Ich entschuldigte mich, war aber mit meinen Erklärungen noch nicht sehr weit gekommen, als er mir schon ein Paar Tennishosen zuwarf. Auf Schuhe mußt du eben verzichten. Du wirst zwar nicht ganz so gut federn können, aber das ist ja heute nur zum Warmwerden. Wenn du nächstesmal kommst, solltest du ein Paar ordentliche Tennisschuhe mitbringen. O.K., hier hast du einen Schläger.
    Er sah wirklich ungewöhnlich aus; kurz und dick, ziemlich schwer zu halten. An dem kurzen Stiel hing eine Lederschlaufe.
    – Es besteht eine gewisse Gefahr, daß der Schläger sich in manchen Situationen selbständig macht. Wenn man nicht gerade mit seinem Zahnarzt spielt, wie ich es samstags tue, ist es ratsam, die Schlaufe ein paarmal ums Handgelenk zu wickeln, nachdem du reingeschlüpft bist. Gut (er musterte mich noch einmal; zugegeben, physisch bin ich nicht besonders imponierend, ich bin klein und breit gebaut, dafür aber auch recht stark), gehen wir!
    Wir liefen wieder durch den Korridor. Erneut ertönten Salven aus dem hinteren Teil des Kellers. Der kurze, harte Schlag eines Balles, der scharf gegen die Wände prallt, hallte aus einem der nächsten Räume.
    – Hier ist es, sagte Tommy und stieß eine Luke auf. Kletter schon mal rein.
    Die Luke war unbequem eng. Dahinter ein absolut nackter Raum, etwa zwölf mal sechs Meter groß. An der hinteren Wand war der Verputz an mehreren Stellen abgefallen. Es sah aus, als wären es Schußspuren, als hätte jemand mit einem Gewehr oder einer Pistole auf die Wand geschossen.
    Ich sah hinauf. An der Decke, die überraschend hoch war, gab es nichts als zwei riesige Eternittrommeln, die in Ventilatoren mündeten. Natürlich braucht man eine gute Ventilation in einem Raum, in dem die Leute sich so heftig bewegen, dachte ich.
    Die Wände waren weiß und blank, mit Ausnahme der beschädigten Rückwand. Hier und da gab es schwarze Spuren von Bällen, die sie gestreift hatten. Es kam mir in den Sinn, daß ich nicht die geringste Chance hätte, da hinaufzuklettern. Es müssen mindestens sechs Meter bis zur Decke gewesen sein, vielleicht auch mehr. In diesem Augenblick begann ich mich zu fragen, wo Tom Olofsson abgeblieben war.
    – Was ist denn jetzt los, zum Teufel?
    Die Luke hinter mir war ordentlich geschlossen. Sie hatte einen Schließmechanismus, einen Metallring, der aus einer Halterung herausgeklappt werden konnte und den man offenbar herumdrehen sollte. Ich drehte ihn und stemmte mich aus Leibeskräften gegen die Luke. Nichts geschah. Ich wurde ein bißchen unruhig, aber nicht ernstlich, und trat so fest ich nur konnte dagegen. Der Fuß tat mir verdammt weh, da ich keine Schuhe anhatte.
    – Was soll das, zum Teufel, schrie ich. Was ist denn das für eine verdammte Falle!
    Panik kroch mir wie Eiswasser die Wirbelsäule hoch. Und diese scheußlichen Spuren im Verputz an der Wand gegenüber, was zum Teufel waren das eigentlich für Spuren? Stammten sie wirklich nur von Bällen?
    Ich fing an, wie ein Wahnsinniger gegen die Luke zu treten und zu hämmern. Von draußen war nichts zu hören. ich muss mich beruhigen, dachte ich.
    Ich muß mich vor allem erst mal beruhigen. Wer weiß denn alles, daß ich hier bin? Der Chauffeur, der mich hergefahren hat. Ja, das ist klar. Aber wer sonst noch? Wittfogel, natürlich. Der immer herkommt, um hier Ball zu spielen. Mit seinen Freunden.
    NIEMAND AUSSER WITTFOGEL WEISS, DASS ICH HIER BIN.
    Ich setzte mich auf den Fußboden und machte eine gewaltige Anstrengung, ruhig zu atmen. Ruhig atmen. Ruhig atmen. Die rechte große Zehe schmerzte. Der Nagel, den ich schon eine ganze Weile nicht mehr geschnitten hatte, war umgeknickt, ziemlich weit unten. Ich hasse es, wenn die Nägel der großen Zehen umknicken. Ich starrte ihn düster an.
    ICH GLAUBE, IN DIESEM AUGENBLICK GING ETWAS IN MIR KAPUTT.
    Nein. So war es nicht. Das stimmt überhaupt nicht. Ich habe an gar nichts gedacht. Es war so:
    Die Luke öffnete sich so unmerklich hinter mir, daß ich es nicht hörte. Herein kam Tom Olofsson. Diese Scheißluke ging nach innen auf.
    – Entschuldige bitte,

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