Ritter 01 - Die Rache des Ritters
wieder herunterzulassen, und unbeeindruckt von ihren Anstrengungen, sich aus seinem Griff zu befreien. Raina gelang es, das Öffnen der Tür zu einem komplizierten Unterfangen zu machen, aber es war nur dazu gut, Rutledge zu verärgern, und führte am Ende doch nur zu einer unbedeutenden Verzögerung.
»Was habt Ihr vor?«, rief Raina, als er sie rasch den Gang entlang und dann die Treppe hinuntertrug. Sie beschimpfte ihn lautstark, als er sich weigerte, ihr zu antworten. Als sie an der Halle vorbeikamen, krümmte sie sich vor Zorn, als sie die zahlreichen schlaftrunkenen Gesichter sah, die sie ungläubig anstarrten.
Im nächsten Augenblick überquerte Rutledge mit ihr den Burghof und ging auf die Fallgitter zu. Warf er sie aus der Burg? Hatte sie ihn so sehr verärgert, dass er nicht länger wünschte, dass sie ihm zur Last fiel? Der Gedanke hätte Raina eigentlich gefallen müssen, aber stattdessen fühlte sie nur Enttäuschung darüber, dass er so einfach aufgeben wollte.
Als sie sich dem eisernen Tor näherten, befahl er den Wachen, es zu öffnen. Sie sahen ihn verblüfft an, gehorchten aber sofort. Rutledge schlüpfte hinaus, sobald der Spalt breit genug war, um sie beide durchzulassen. Raina wartete darauf, dass er sie jetzt endlich absetzte und das Tor hinter ihr zuschlug, aber er ging weiter.
»Wohin bringt Ihr mich?«
»Ihr werdet ein Bad nehmen, Mylady«, sagte er, ohne über seine Last außer Atem zu geraten. »Und ich auch. Ein sehr kaltes Bad. Vielleicht wird mich das zur Vernunft bringen.«
»Ich werde nicht mit Euch baden!«, keuchte sie, entsetzt über diese Aussicht.
Er schenkte sich die Antwort, ging lediglich entschlossen weiter auf den Teich zu. Bei ihrem Näherkommen flog ein Reiher aus dem Schilfrohr auf, das am Ufer wuchs. Dunstiger Nebel waberte über den feuchten Boden und die Ränder des friedlichen Gewässers. Raina schauderte es bei seinem Anblick.
»Ich werde nicht in diesem eiskalten Wasser baden«, erklärte sie. »Und ganz gewiss nicht mit Euch zusammen!«
Rutledge ging weiter, trug sie das leicht abfallende Ufer hinunter.
»Habt Ihr gehört?« Falls er sie gehört hatte, ging er darüber hinweg. »Lasst mich sofort los!«
Er marschierte das Ufer hinunter und in den Teich hinein. Als das Wasser seine Knie erreichte, blieb er stehen. »Vielleicht wird es auch Myladys Hitzkopf abkühlen.«
Mit diesen Worten warf er sie in die Luft.
Raina durchlebte einen Moment der Ungläubigkeit, ehe sie mit einem lauten Platschen auf dem Wasser aufschlug. Wellen von kaltem, trübem Wasser schlugen über ihr zusammen, als sie unterging. Die Kälte verschlug ihr den Atem, sie keuchte, und Wasser drang ihr in den Mund. Ihre Füße berührten den samtweichen Grund des Teiches, und Raina schoss aus dem Wasser, schnaufend und prustend, während sie versuchte, sich das Haar aus den Augen zu wischen. Nachdem es ihr irgendwie gelungen war, ihre Fassung wiederzugewinnen, hatte sie auch genügend Atem geschöpft, um eine Reihe von Flüchen auszustoßen. Ihr Vater wäre jedenfalls nicht damit einverstanden gewesen.
Rutledge hingegen, der ein paar Schritte neben ihr stand, lachte nur.
»Ihr – Bastard!«, zischte sie, als sie im hüfthohen Wasser stand und glitschiges Teichgras von ihrem Kleid und aus ihren Haaren fischte. Ihre Röcke blähten sich rund um sie herum und gaben ihre Beine dem kalten Wasser preis. Ein seltsames Kitzeln an ihren Knien lenkte Rainas Aufmerksamkeit für einen Moment von Rutledge ab.
Wie kleine Küsse berührte etwas erst das eine, dann das andere Knie. Sie spürte ein rasches Entlangstreifen an ihrem Oberschenkel und machte einen kleinen Sprung zu Seite, wobei sie ins Wasser spähte. Ein kleiner Fisch schoss unter ihrem Rock hervor, gefolgt von einem zweiten. Raina schrie auf, machte einen Satz rückwärts. Sie zerrte an ihren Röcken und versuchte, den sich aufbauschenden Stoff unter Wasser zu drücken.
Rutledge fand ihr Herumgehüpfe höchst amüsant, er verschränkte die Arme vor der Brust und lachte schallend. Sie fand die Situation – oder ihn – ganz und gar nicht komisch. Sie tauchte mit den Armen ins Wasser und schob das Wasser in einer Welle auf ihn zu. »Abscheulicher, überheblicher Grobian!«
Sein Lachen verstummte, als das Wasser seinen Kopf und seine Schultern traf. Zufrieden wandte Raina sich ab, um davonzuschwimmen und sich vor ihm in Sicherheit zu bringen, um sich seiner Rache zu entziehen. Als sie sich neugierig auf seine Reaktion umwandte, schlug
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