Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ritter des dunklen Rufes

Titel: Ritter des dunklen Rufes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
Vom Netzwerk:
Männer sind für uns verloren.«
    Errin fluchte. Die anderen sagten nichts. Schließlich ergriff Manannan das Wort. »Ich glaube nicht, dass sie heute mit allen Truppen angreifen werden; sie werden abwarten, bis der Schlamm etwas mehr getrocknet ist. Mir scheint, wir haben nur eine Wahl. Wir müssen angreifen und ihr Lager überfallen. Aber es ist ein riskantes Unterfangen, meine Freunde, wir werden hohe Verluste erleiden.«
    »Ich bin kein Soldat, Manannan«, sagte Errin, »aber ich habe eine Idee – wahrscheinlich ist sie sehr dumm.«
    »Sprich, Errin«, forderte Manannan ihn auf.
    Sie hörten schweigend zu, wie Errin seine Gedanken darlegte. Ubadai, der die ganze Zeit nichts gesagt hatte, stand auf und ging davon.
     
    Gegen Abend verließ Okessa sein Zelt, raffte seine langen, purpurnen Gewänder, damit sie nicht schmutzig wurden, und wanderte zu dem Hügel in der Mitte des Lagers. Von hier aus konnte er die ordentlichen Reihen der Zelte und die regelmäßig verteilten Herdfeuer sehen, die langen Tische, um die sich die Männer scharten, um ihre mageren Rationen in Empfang zu nehmen, die Reihen von Pfosten, die rechtwinklig zu den Zelten verliefen, und die Latrinengräben, die auf der windabgewandten Seite des Lagers ausgehoben worden waren. Morgen würde das Ende der Rebellen kommen und der Beginn von Okessas Traum. Schon war er der Herzog von Mactha, und der König hörte auf ihn. Bald würde die Armee der Gabala in die Nachbarländer marschieren und zum Meer ausschwärmen – und zu den Reichtümern von Cithaeron.
    Okessa sehnte sich nach dem Tag, an dem ihn der König zum Satrapen eines fremden Reiches machen würde, so dass er selbst fast ein König wäre. Seine zwei Akolyten gesellten sich zu ihm, eine weiße Ziege zwischen sich führend. Sie hoben sie auf den roh gezimmerten Altar, und Okessa schnitt ihr die Kehle durch, öffnete dann die Bauchhöhle und riss die Leber heraus. Er ließ den Kadaver fallen und trug die Leber zu einem der Akolyten, der eine brennende Fackel hielt. Doch das Organ war krank und voller schwarzer Flecken. Okessa schluckte und drehte sich zu dem Akolyten herum. »Hol eine andere Ziege«, befahl er. »Sofort.«
    Der Mann nickte, reichte seinem Meister die Fackel und stolperte, durch den Schlamm rutschend, den Hügel hinab.
    »Wie steht das Schicksal des Königs, Herr?« fragte der zweite Akolyt beim Näher kommen.
    »Ich opfere die Ziege nicht für den König«, log Okessa, »sondern für den Feind.«
    Er zeigte dem Mann die blutige Leber, und der Akolyt grinste.
    »Morgen wird ein schöner Tag, Herr.«
    »Ja«, stimmte Okessa zu. Er ließ die Leber fallen und wanderte auf den Kamm des Hügels. Unter ihm scharten sich die Soldaten um die Lagerfeuer. Von Westen her kam ein Trupp von Lanzenträgern herangeritten, langsam, fast erschöpft wirkend. »Geh zu ihrem Offizier da unten«, rief Okessa. »Sag ihm, er soll mir seinen Bericht persönlich erstatten.« Der Akolyt verbeugte sich und ging den Reitern entgegen.
    Die Truppe ritt ins Lager. Einige der Männer stiegen von ihren Pferden und holten Fackeln, andere gingen zu den Pfostenreihen, an denen mehr als fünfhundert Pferde angebunden waren. Okessa sah erstaunt zu, wie drei Reiter ihre Schwerter zogen und die Pferdewächter niederschlugen. Feuer flammte in mehreren Zelten im Westen auf, der Wind trieb die Flammen auseinander. Plötzlich war das ganze Lager in Aufruhr, als Männer von den Herdfeuern zu den Zelten stürmten, um ihre Habseligkeiten zu retten. Der Westwind erfasste die Flammen und trug sie von Zelt zu Zelt. Aus dem Osten erklang ein Schrei, und als Okessa sich dorthin wandte, sah er, wie die Pferde in den Wald galoppierten, gejagt von einem Dutzend Reitern – nein, nicht gejagt, getrieben! In der Mitte des Lagers herrschte das reine Chaos. Okessa sah, wie Schwerter im Fackelschein aufblitzten und Männer stürzten.
    Dann sah er, wie der Trupp in donnerndem Galopp das Lager wieder verließ. Sein eigenes Zelt wurde von den Flammen ergriffen, und er rannte den Hügel hinunter, glitt jedoch im Schlamm aus und kollerte kopfüber, drehte sich und rutschte, bis er am Fuß des Hügels liegenblieb. Seine Gewänder waren ruiniert. Laut fluchend stand er auf und ging ins Lager, wo er feststellen musste, dass sein Zelt in hellen Flammen stand, seine Bücher und Schriftrollen vernichtet waren.
    Ein Offizier lief an ihm vorbei, und Okessa ergriff ihn am Arm, doch der Mann riss sich los und setzte seinen Weg fort.
    Dichter Rauch

Weitere Kostenlose Bücher