Ritter des dunklen Rufes
Brustplatte zu lösen. Er wartete schweigend, bis sie in einer einfachen blauen Tunika und grauen Beinkleidern vor ihm stand. »Was jetzt?« fragte sie.
»Jetzt verschwindest du hier. Du verlässt den Wald. Falls ich dich je wieder sehen sollte, wirst du sterben. Geh mir aus den Augen.«
»Ich kann nichts dafür!« rief sie. »Ich habe es mir nicht ausgesucht, so zu sein, wie ich bin.« Er antwortete nicht. Sie kam näher. »Manannan, schick mich nicht fort.«
»Wenn du in einer Minute noch hier bist, schlage ich dir deinen widerwärtigen Kopf von den Schultern. Verschwinde endlich!« schrie er. Sie schrak vor seiner Wut zurück und rannte von der Lichtung. Manannan ließ sich ins Gras sinken, seine Hände zitterten. Er war noch immer dort, als Elodan ihn fand.
Der Einstige Ritter berichtete kurz, was er gesehen hatte, und Elodan seufzte. »In gewisser Weise hatte sie recht, Manannan. Sie hat es sich nicht ausgesucht, ein Vampir zu sein, sie wurde dazu gemacht. Aber sie musste gehen. Willst du mir den Helm abnehmen?« Manannan ergriff den Helm und löste ihn von den Halsplatten. »Danke, mein Freund. Ich fühle mich in Rüstung nutzloser denn je. Du weißt, wenn ich mir selbst überlassen wäre, könnte ich nicht einmal die Brustplatte abnehmen.«
»Du kämpfst mittlerweile schon recht gut«, sagte Manannan. »Das ist doch ein Segen.«
Elodan hob die linke Hand und starrte sie an. »Sie beginnt mir zu gehorchen, aber ich möchte nicht auf einen geübten Kämpfer treffen.« Der Erste Ritter warf einen Blick auf Morrigans Rüstung. »Ich nehme an, wir sollten einen neuen Ritter wählen.« Manannan schüttelte den Kopf. Er ging zu der Brustplatte, hob sie auf und brachte sie zu Elodan. Auf der Außenseite schimmerte sie wie poliertes Silber, doch innen war sie völlig verrostet. Manannan spannte seine Muskeln an und drückte sie mit aller Kraft zusammen, so dass die Platte knirschte und zerbrach.
Er schleuderte sie von sich. »Die Rüstung ist ein Spiegelbild ihres Träger«, sagte er.
»Warum wurde sie dann überhaupt erwählt?«
Manannan zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Aber wir haben Grunzer verloren, und jetzt Morrigan. Ich frage mich, wer wohl der nächste sein wird?«
»Nuada ist auch tot«, sagte Elodan. »Lámfhada erschien mir letzte Nacht im Traum. Der Dichter wurde an einen Baum genagelt. Er gab sein Leben, um ein Dorf zu retten.«
Manannan sagte nichts, sondern stand müde auf. »Komm«, sagte er. »Der Tag ist noch nicht vorüber.« Er setzte Elodan den Helm wieder auf. In Elodans Augen stand Trauer, als er sprach.
»Es muss dir wehtun, Manannan, die Männer zu sehen, die Ritter der Gabala geworden sind: ein Krüppel, der sich nicht allein anziehen kann, ein Dieb, ein Koch, ein Schmied und ein Nomade, der das Konzept der Ritterlichkeit nicht mal begreifen würde, wenn es ihn beißen würde.«
»Du kannst dir nicht vorstellen, Elodan, wie stolz ich bin. Das kannst du dir nicht vorstellen.«
Der König schleuderte den juwelenbesetzten Kelch auf den General, der genau wusste, dass er sich nicht zu ducken hatte. Das Wurfgeschoß traf ihn an der Stirn und riss die Haut auf, aber er blieb steif stehen, als das Blut über seine Wange rann.
»Du Schwachsinniger!« tobte der König. »Du Unfähiger! Meine Truppen werden verhungern, wenn es dir überlassen bleibt, sie zu versorgen. Wie viele Konvois sind in den letzten sechs Tagen zu uns durchgekommen? Wie viele?«
»Einer, Majestät«, antwortete der Mann.
»Einer. Du hattest fünfhundert Lanzenträger, du hast das Land durchkämmt. Und was hast du erreicht? Was?«
»Nichts, Majestät. Wir haben einen ihrer Späher gefangen genommen, der uns erzählte, der Herzog von Mactha würde die Truppen anführen. Unter der Folter verriet er uns ihr Versteck. Aber als wir dort ankamen, war der Herzog weg.«
»Wer war nicht mehr da?« fauchte der König. »Wer?«
»Der Herz … der Verräter Roem, Majestät.«
»Geh mir aus den Augen … und erstatte Kar-schen Bericht. Du bist nicht mehr General, du wirst die nächste Turma in den Wald befehligen.«
»Jawohl, Majestät. Danke, Majestät«, sagte der Mann mit einer Verbeugung und zog sich rückwärtsgehend aus dem Zelt zurück. Der König wandte sich an Samildanach, der neben dem Thron stand.
»Wie beurteilst du unsere Lage, Erster Ritter?«
»Der frühere Herzog ist ein würdiger Gegner. Seine Überfälle geschehen blitzschnell und sind gut geplant. Er hat mehr als ein Dutzend Konvois
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