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Ritter und Raufbolde

Ritter und Raufbolde

Titel: Ritter und Raufbolde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauss
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Schlacht. Die Normannen griffen mutig und schnell an. [...] Die normannischen Fußtruppen rückten heran und brachten Wunden und Tod über die Engländer mit ihren Wurfgeschossen. Diese leisteten tapfer Widerstand, jeder nach seinen Möglichkeiten. Sie warfen Speere und jede erdenkliche Art von Wurfgeschossen, die äußerst tödlichen Äxte und Steine, die an Holzstücken befestigt waren. 4
    In vielen Schlachten hielt der Tod reiche Ernte. Voller Stolz berichtet ein englischer Kleriker von den Erfolgen seiner Landsleute gegen die Franzosen in der Schlacht von Agincourt (1415):
    Gott hat sie [die Franzosen] in der Tat mit einem weiteren Schlag getroffen, von dem sie sich nicht erholen konnten: Als einige von ihnen beim ersten Angriff getötet wurden, war das Gedränge und die Disziplinlosigkeit der Nachrückenden so groß, dass die Lebenden auf die Toten fielen. Andere, die auf die Lebenden fielen, wurden ebenfalls getötet. Das hatte zur Folge, dass an den drei Stellen, an denen unsere [die englischen] Kontingente unsere Standarten schützten, große |52| Berge von Leichen und von solchen, die zwischen Leichen gefangen waren, lagen; unsere Männer erklommen diese Berge, die übermannshoch waren, und schlachteten von oben herab ihre Feinde mit Schwertern, Äxten und anderen Waffen. 5
    |52| Diese Sichtweise ist natürlich parteiisch: Gott wird hier als Gegner der Franzosen und Freund der Engländer gezeichnet. Bezeichnend ist aber die Art und Weise seiner Hilfe; Gottes Eingreifen ermöglicht den Engländern das massenhafte Abschlachten ihrer Feinde. Das dabei beschworene Bild von den Kriegern, die auf Leichenbergen stehen, belegt zweierlei: die Abhängigkeit der mittelalterlichen Geschichtsschreiber von ihren antiken Vorbildern und die Grausamkeit des Krieges. Die Leichenberge sind nämlich ein Bild, das sich auch in antiken Kriegsbeschreibungen findet (etwa bei Caesar); es dient dazu, die Überlegenheit der eigenen Seite und die hohen Verluste der Feinde zu verdeutlichen. 6 Mit wirklichkeitsgetreuer Beschreibung einer Schlacht hat dies freilich nicht viel zu tun, denn: Auf Leichen stehend kämpft es sich schlecht. Die moderne Kriegsforschung geht aber davon aus, dass die Körper der Toten auf dem Schlachtfeld sehr wohl eine taktische (und auch kriegspsychologische) Bedeutung hatten – weniger als ,Plattform‘ für Kämpfer, sondern als Hindernis und Schutz. Dennoch macht diese Quellenstelle die grausame Realität des Krieges anschaulich. Allen späteren Verklärungen und Deutungen zum Trotz, die in mittelalterlichen Schlachten hauptsächlich eine Art regeldominierte Sportveranstaltung sehen wollen: Ziel der kriegerischen Gewalt war auch im Mittelalter der Tod des Feindes.
    |53| Freund und Feind
    In manchen Aspekten unterschieden sich mittelalterliche Schlachten von unserem Bild vom Krieg: Ein Problem bestand etwa darin, Freund und Feind auseinanderzuhalten. Im Schlachtgetümmel lösten sich die ursprünglichen Formationen auf, und es wurde schwierig zu entscheiden, gegen wen man eigentlich kämpfte. Uniformen im modernen Sinne kannte das Mittelalter nicht, und die mit Wappen verzierten Waffenröcke waren im Handgemenge nur bedingt hilfreich, weil sie schwer zu erkennen waren und außerdem eine sehr spezifische Kenntnis darüber voraussetzten, welches Wappen wem und wer zu welcher Partei gehörte. Daher fand man andere Lösungen, wie sie ein Quellenzeugnis zur Schlacht von Dürnkrut schildert:
    Nachdem auf beiden Seiten die Heerscharen geordnet worden waren, befahl der König der Römer [Rudolf von Habsburg] sowohl den [nicht-christlichen] Kumanen als auch den Christen, als Erkennungszeichen den Namen Christi zu rufen, damit, wo auch immer sie an jenem Tag sich befinden sollten, in der Schlacht genauso wie auf der Flucht, dieses Wort „Christus, Christus“ von jedem einzelnen gerufen werde. [...] Der König von Böhmen aber hatte als Erkennungszeichen seinen Heerscharen den Ruf „Praha, Praha“ und jedem einzelnen einen weißen Überwurf gegeben, der in der Art der Stola eines Diakons rund um den Nacken vorne und hinten bis zum Gürtel reichte. Und so wurde von beiden die Schlacht begonnen. 7
    Das Zitat beschreibt den Anfang der Schlacht von Dürnkrut und Jedenspeigen 1278; in dieser Schlacht besiegte der König Rudolf von Habsburg den böhmischen König Ottakar II. Premysl und erlangte so die Herrschaft über Österreich für |54| die Habsburger; die Folgen dieser Schlacht hatten also tatsächlich weltpolitische

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