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Ritus

Ritus

Titel: Ritus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Nummern.
    »Was heißt hier natürlich ? Das geht mir alles ein wenig schnell«, meldete sich Eric zu Wort. Die Verwunderung war wütender Hilflosigkeit gewichen. »Wenn Sie meine Schwester sind, weshalb weiß ich nichts von Ihnen?« Er funkelte sie böse an – und konnte es einfach nicht glauben. Sein Vater sollte die geliebte Mutter betrogen haben, mit irgendeiner Französin? Das relativierte sein Bild, das er von ihm hatte, dem bewunderten Vorbild, dem unerreichbaren Beispiel für Treue. Offenbar hatte sein alter Herr in der Vergangenheit ebenso gerne gevögelt, wie er es heute tat.
    Ihre braunen Augen schauten belustigt. »Mon frère, das liegt daran, dass ich eine Liaisonette bin.« Sie zog an der Zigarette und blies ihm den Rauch entgegen. »Vater wollte nicht, dass es bekannt wird … aus verschiedenen Gründen. Und so hat er ein kleines Geheimnis daraus gemacht.« Die Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger, deutete sie auf Laurentis. »Aber es ist alles korrekt, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte der Anwalt. »Ihr Anspruch ist notariell beglaubigt.« Er wandte sich Eric zu. »Herr von Kastell, ich sehe ein, dass es ein Schock für Sie ist, auf diese Weise von Ihrer Schwester …«
    »Halbschwester«, unterbrach er sofort.
    »Mon dieu, quelle différence«, murmelte sie ungnädig. »Sale arrogant.«
    »… Halbschwester zu erfahren. Tatsache ist, dass sie die Tochter Ihres Vaters ist.« Er öffnete den Ordner und nahm ein Blatt Papier heraus, auf dem Eric die Handschrift seines Vaters erkannte. »Und er hat sie in seinem Testament bedacht.« Laurentis trank einen Schluck Kaffee, bevor er den letzten Willen von Erics Vater verlas. »Lieber Eric, liebe Justine. Ihr habt euch niemals kennen gelernt, dennoch teilt ihr das Schicksal, meine Kinder zu sein. Wie auch immer mein Tod eintritt, er soll euch nicht davon abhalten, mit dem fortzufahren, was ihr gerade verfolgt. Mein Wohlstand wird euch dabei zugute kommen.« Laurentis neigte den Kopf nach links zu Justine. »Ich vermache meiner geliebten Tochter Justine eine Million Euro, die sie in jährlichen Raten von zweihunderttausend Euro auf ein Schweizer Konto überwiesen bekommt. Justine, nutze das Geld weise.« Laurentis schaute zu Eric. »Lieber Eric, ich möchte, dass du weißt, dass ich deine Mutter immer liebte. Du kennst«, er räusperte sich, »du kennst die Lust, die Macht der Triebe, und so bitte ich dich nach meinem Tod um Vergebung. Deiner Mutter konnte ich es nie gestehen. Es hätte sie umgebracht – aber ich weiß, dass du damit leben kannst. Ich vermache dir mein restliches Vermögen in Höhe von fünf Millionen Euro, die Aktienanteile, die Häuser in Irland, Südfrankreich, Spanien und Sankt Petersburg, die Appartements in Tokio, New York und Sydney und natürlich die Villa in Deutschland.«
    »Natürlich.« Eric verzog das Gesicht, weil er die schwarze Ruine vor sich stehen sah.
    Justine starrte ihn an. »Sacre merde! Ich bin die Tochter, Monsieur. Mir steht die Hälfte zu, pas seulement diese eine Million Euro in Raten!«
    »Sagen Sie ihr, dass sie einen Scheißdreck bekommt«, presste Eric mühsam beherrscht hervor und schaute zu dem Bild an der Wand. Die Falschspieler waren tatsächlich als Warnung für die Erben gedacht, wie er nun verstand.
    Laurentis herrschte in seinem Büro wie ein souveräner König. Auseinandersetzungen wie diese kannte er nur zu gut, und er hasste sie. Aber es galt, sie mit Würde zu Ende zu bringen. »Es steht Ihnen frei, Madame Chassart, das Testament anzufechten.«
    Sie fummelte sich eine Zigarette in den Mund. »Mais oui«, erklang es undeutlich.
    »Ich auch«, sagte Eric sofort. »Ich bezweifle außerdem, dass sie meine Schwester ist und verlange eine DNA-Analyse, um jeden Zweifel auszuräumen. Sie ist eine Schwindlerin.« Wenigstens, fügte er in Gedanken dazu, benutzte sie kein Parfüm.
    »Das dachte ich mir«, seufzte Laurentis. »Bis zur Klärung der Zuteilung des Vermögens und jeglicher Besitztümer von Herrn Johann Christian Hans von Kastell gehört keinem von Ihnen etwas davon. Bis die Gerichtsurteile erwirkt sind oder doch noch eine außergerichtliche Einigung zu Stande kommt, verwalte ich den Nachlass.« Er stand auf und verzichtete darauf, ihnen die Hände zu schütteln. »Ihnen gehen Schreiben über den Stand der Dinge zu. Selbstverständlich können Sie mich jederzeit anrufen. Einen guten Tag.« Er klappte den Ordner zu, packte ihn in die Schublade unter seinem Schreibtisch und forderte sie damit stumm,

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