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Ritus

Ritus

Titel: Ritus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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offensichtlich die Weckfunktion des Fernsehers benutzt, und gehorsam tat der Apparat weiterhin seine Pflicht und nahm keinerlei Rücksicht darauf, dass ein anderer im Bett schlief. Eric wollte die Fernbedienung greifen, da registrierte er, über was die Dame da gerade sprach. »Der Mörder hat die inneren Organe allem Anschein nach mitgenommen und das Gesicht seines Opfers mit Schnitten vollkommen unkenntlich gemacht. Ein Ermittlungsbeamter sprach von einer herausgerissenen Kehle.«
    »Scheiße«, flüsterte er aufgeregt. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!« Eric nahm das Telefon und wählte die Vermittlung. »Buchen Sie mir einen Flug nach Sankt Petersburg«, verlangte er. »Heute noch. Ganz egal, wie Sie es anstellen.«
    Die eingeblendeten Bilder des verstümmelten Mädchens waren verpixelt worden, um dem Zuschauer zu viele Details zu ersparen. Eric erkannte einen Hinterhof, Mülltonnen, einen umgestürzten Kehrrichteimer; die kleine, tote Kinderfaust hatte sich um den blutverschmierten Griff des Eimers gekrampft.
    »Es wurde eine Sonderkommission gebildet. Der Bürgermeister von Sankt Petersburg betonte auf unsere Anfrage hin, dass das Venedig des Nordens immer noch eine sichere Stadt sei und Touristen sich nicht von dem bestialischen Mord abschrecken lassen sollten. In New York, so der Bürgermeister, stürben täglich mehr Touristen als hier. Silke Mayr für News International.«
    Eric verschob seine Ermittlungen in Sachen Fauve nach hinten. Ein alter Feind hatte sich gezeigt und wollte gejagt werden.
    Er telefonierte mit dem Hausverwalter in Sankt Petersburg und trug ihm auf, ein paar Besorgungen zu machen, danach informierte ihn das Hotelmanagement, dass sein Flug für sechzehn Uhr gebucht worden sei. Zeit genug, das Bild vorher noch in die Galerie zu bringen und Dimitri für den Schrecken bei der Eröffnung zu entschädigen.
    Er schlug das Bild, das in der Nacht entstanden war, nicht einmal in Plastikhüllen ein, er nahm es einfach von der Staffelei und warf es achtlos in den Kofferraum des Cayenne. Sollte es einen Kratzer bekommen, einen Riss oder einen neuen Streifen, wusste er, was er behaupten konnte: Abstract axpression.
    Dimitri empfing ihn mit russischer Freundlichkeit, einem Glas Wodka, einer Hand voll Rosinen und einem Kopfschütteln. »Wie konntest du mir das antun, Eric?« Er deutete auf den leeren Platz an der Wand, wo das verunstaltete Bild gehangen hatte. »Wie kannst du einen Stil kreieren und dann nichts nachliefern?«
    Eric lachte. »Du hast es schon verkauft?«
    »Die Zeitung war kaum gedruckt, da riefen schon vier Sammler an und haben sich gegenseitig überboten.« Er stieß mit ihm an. »Tut mir Leid, das mit deinem Vater.«
    »Wie viel hast du bekommen?«, lenkte Eric ab. Er verspürte nicht die geringste Lust, sich mit seinem Galeristen, dem Zuhälter des Künstlers, wie er ihn manchmal nannte, über seinen Vater zu unterhalten. Stattdessen stürzte er den eiskalten Wodka zur Hälfte hinunter und schob sich ein paar Rosinen in den Mund. Die Süße breitete sich angenehm auf seiner Zunge aus.
    »Halt dich fest.« Dimitri legte eine dramatische Kunstpause ein. »Fünfundzwanzigtausend.«
    »Dollar?«
    Der Galerist verzog angewidert das Gesicht. »Euro, mein Lieber, Euro. Abzüglich meiner Provision bleiben dir noch zwanzig.« Dann wandte er seine Aufmerksamkeit mit gespielter Gleichgültigkeit dem neuen Werk zu. »Das sieht gut aus … aber es fehlt etwas.«
    Eric kippte gleichgültig den Rest des Wodkas gegen die Leinwand, verschmierte ihn mit der bloßen Hand, zog seinen Silberdolch und stach mehrmals auf die Augen ein. Damit hätten Kunstexperten mit psychoanalytischer Vorbelastung etwas zum Interpretieren.
    »Besser, viel besser!«, schwärmte Dimitri und hängte das Bild sofort an den leeren Platz. Eine seiner Mitarbeiterinnen eilte herbei und platzierte einen Aufsteller mit der Aufschrift Abstract axpression davor. »Du wirst uns reich machen, Eric.«
    »Sicher.« Er zerkaute die restlichen Rosinen und schenkte sich nach. Das Getränk war die optimale Vorbereitung auf seinen Aufenthalt in Russland. Sein Magen knurrte. »Hast du eine Kleinigkeit zu essen?«
    »Kommt drauf an, auf was du gerade Appetit hast …« Er nickte in Richtung Eingang.
    Eric roch und hörte sie, ohne sich umdrehen zu müssen. Die Täterin hatte es an den Ort ihres Verbrechens zurückgezogen. »Das ist doch die Kleine! Sie traut sich hier noch her … Respekt. Willst du den Retter vor dem bösen Galeristen

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