Rivalen der Liebe
ein paar Schritte von ihm und ließ sich auf ein Sofa sinken.
Er folgte ihr und setzte sich neben sie.
»Aber das muss ja nichts heißen«, fuhr sie schnell fort. »Somerset war auch sehr attraktiv und charmant. Und leider ein entsetzlicher Ehemann.«
»Wie kam es dazu, dass Eure Ehe scheiterte?« Obwohl er das nie offen zugeben würde, war Roxbury schrecklich neugierig. Was war mit ihrer ersten Ehe so entsetzlich schiefgegangen?
Für gewöhnlich konnte er nicht besonders viel Interesse für die Ehemänner seiner Geliebten aufbringen. Aber in diesem Fall lagen die Dinge anders: Er versuchte krampfhaft einen Blick auf das Mädchen zu erhaschen, das sich mit siebzehn Jahren so heftig verliebt hatte, dass es mit dem Mann ihres Herzens durchbrannte. Wie hatte aus diesem Mädchen die Frau werden können, die heute in seinem Salon und in seinen Armen herzzerreißend weinte?
»Wer sollte sich denn jetzt noch darum scheren, was ihn zu einem schrecklichen Ehemann machte?«, antwortete sie mit einem Schulterzucken.
»Ich werde vielleicht auch zu einem schrecklichen Ehemann, unabhängig davon, ob Ihr mir davon erzählt oder nicht. Aber ich würde wenigstens auf meine eigene, einzigartige Art schrecklich sein«, antwortete Roxbury ehrlich.
Julianna musterte ihn unumwunden mit ihren hübschen grünen Augen.
»Also gut«, sagte sie sachlich. Sie atmete tief durch und erzählte ihm dann alles. Kompromisslos ehrlich und in einem Rutsch: »An seinem Tod waren Alkohol, eine Prostituierte und eine fahrende Kutsche beteiligt – und er versuchte in dem Moment, alle drei Dinge gleichzeitig zu bewältigen. Er starb, als er das tat, was er am meisten liebte – trinken, herumhuren und sich wie ein Schwachkopf verhalten. Sein letzter Wille traf Vorkehrungen für das Auskommen von drei früheren Mätressen und deren Bastarden. Mir blieb nur das Haus in einem unbeliebten Viertel und eine jährliche Rente, die kaum der Rede wert ist.«
»Das erklärt zumindest, warum Ihr einen so dermaßen detaillierten Ehevertrag ausgehandelt habt, der eine exzellente Vorsorge für Euch trifft«, bemerkte Simon leichthin, obwohl das, was sie ihm gerade erzählt hatte, bei ihm eher für große Bestürzung sorgte. Wie schaffte es jemand, eine Frau zu verwöhnen und gleichzeitig eine Kutsche zu lenken, während er betrunken war? Nun, offensichtlich war das tatsächlich nicht zu schaffen.
Seine Frau war zuletzt also mit einem Mann verheiratet gewesen, der dachte, das wäre eine passende Kombination – Alkohol, eine fahrende Kutsche und eine Hure. So ein Idiot.
Kein Wunder also, wenn sie so ein Hausdrache war . Roxbury hätte dem toten Somerset am liebsten einen Kinnhaken verpasst.
»Ihr seht das genau richtig«, sagte Julianna. »Dieser Fehler passiert mir kein zweites Mal.«
»Kluges Mädchen«, antwortete er und sah Julianna dann jedoch sofort wieder ernst an. »Hat Eure Familie euch damals nicht geholfen?«
Sie schüttelte unglücklich den Kopf. »Ich war damals so dumm, mit einem Mann durchzubrennen, mit dem sie nicht einverstanden waren. Meine Mutter, Gott möge ihr gewogen sein, hat die ganze Zeit nicht aufgehört, mir dreimal pro Woche zu schreiben. Verleugnet haben sie mich also nicht. Aber auch wenn sie mir vielleicht geholfen hätten, wäre es mir unmöglich gewesen, sie um Hilfe zu bitten.«
»Natürlich«, sagte Roxbury pflichtbewusst und lehnte sich unangenehm berührt zurück. Als er mit der drohenden Armut konfrontiert worden war, hatte er deshalb gewütet, aber er hatte nichts dagegen unternommen. Erst zum Schluss, als es bereits hoffnungslos schien, sich gegen das Ultimatum noch länger aufzulehnen, hatte er darüber nachgedacht, im Alleingang zu handeln. Was eine Schande war.
Simon gestand es sich nicht gerne ein – und doch war es nun einmal so: Er gehörte zu den Leuten, die unrühmlicherweise des Geldes wegen geheiratet hatten. Zugegeben, das hatte sie auch. Aber das war trotzdem nicht dasselbe.
»Ich habe geschrieben, Roxbury, damit ich ein Dach über dem Kopf hatte. Damit ich mir meine Würde bewahren konnte.« Sie klang sehr ernst, und in ihrer Stimme schwang eine traurige Sehnsucht mit. Und plötzlich verstand Roxbury: Für Julianna bedeutete Schreiben nicht nur, sich im Glanz einer Klatschkolumne bei einer beliebten Zeitung sonnen zu können oder ein Schreibfräulein zu sein. Sie schrieb, um zu überleben, wenn die Welt an ihre Tür klopfte und der Hunger in ihrem Bauch wütete. Ihre Seele, ihr Stolz, ihre Würde und
Weitere Kostenlose Bücher