Rivalen der Liebe
ignorierte, der ihr weiter folgte. Sie betete, dass niemand bemerkte, wie er ihr folgte.
»Lady Somerset.«
Julianna schlug ihren Fächer auf und fächelte sich mit gespielter Unbekümmertheit Luft zu, während sie sich raschen Schrittes durch die Menge schob. Lady Walmsly hatte sich heute Abend wirklich selbst übertroffen. Sie würde darüber ausgiebig in ihrer Kolumne berichten – zumindest, wenn Knightly überlebte und die Zeitung weiterbestehen würde. Ach, Knightly! Was hatte sie nur getan?
Endlich blieb Julianna hinter einer Säule am anderen Ende des Ballsaals stehen, und sie war nicht überrascht, dass Roxbury sie dort stellte. Wenigstens waren sie jetzt außer Sichtweite der anderen Gäste.
Seine Augen waren dunkel, und er kniff den Mund zu einem harten Strich zusammen. Sie war groß, aber er überragte sie um eine gute Handbreit. Und zu Juliannas größtem Missfallen ließ Roxburys Gegenwart ihr Herz aufgeregt flattern.
Der Mann, der Bescheid weiß, beobachtete, wie Lord Roxbury Lady Somerset durch den Ballsaal verfolgte. Was, um Gottes willen, hatte er mit ihr zu schaffen? Stimmten etwa die Gerüchte, dass es sich bei ihr um die Lady mit Klasse handelte? Dann allerdings hätte Roxbury wirklich ein Hühnchen mit ihr zu rupfen.
Aber wie konnte dieser lebenslustige, nichtsnutzige Schwerenöter davon wissen, wenn er, der Mann, der Bescheid weiß, mit seinen vielen Jahren Erfahrung im Klatsch- und Tratschgewerbe mit einem großen Netzwerk aus Spionen es nicht wusste? Und wie sollte man so einen Verdacht bloß bestätigen?
Diese Frage stand auf seiner Liste der großen Geheimnisse ganz oben.
Er schnappte sich vom nächsten Kellner ein Glas Champagner und ließ sich durch das allgemeine Gedränge in die Richtung der beiden treiben. Ganz Profi, erkannte er einen heraufziehenden Skandal, wenn er sich vor seinen Augen entspann.
Lady Somerset drängte sich hinter eine Säule und versuchte, der Aufmerksamkeit im Saal zu entkommen. Roxbury folgte ihr, und der Mann, der Bescheid weiß, war kurz davor, das Geheimnis um die beiden zu lüften … Da stellte sich ihm die schreckliche alte Nervensäge Lady Rawlings – auch bekannt als der berüchtigte Sperling Rawlings – in den Weg.
»Habt Ihr das schon gehört?«, fragte sie schrill und fächelte sich frische Luft zu. »Lord Roxbury hat sich mit diesem Kerl von der Zeitung heute Morgen ein Duell geliefert!«
Der Mann, der Bescheid weiß, musste sich sehr zusammennehmen, um nicht theatralisch zu seufzen und zu erklären: »Weiß ich schon. Ich war nämlich da.«
Kapitel 7
»Guten Abend, Roxbury«, sagte Julianna sanft, als sei sie von seinem Auftauchen nicht im Geringsten berührt. Als stünde sie nicht mit dem Rücken an einen Pfeiler gedrückt, während er groß über ihr aufragte und sie wütend anfunkelte. Gerade so, als würde ihr Herz nicht laut pochen.
Ja, dieser Mann hatte eine erstaunliche Wirkung auf sie, über die sie lieber nicht genauer nachdenken wollte. Zum Teil rührte dies sicher von dem schlechten Gewissen, das an ihr nagte, doch ein anderer Teil ihres Inneren fühlte sich mit solcher Macht zu ihm hingezogen, dass sie kaum widerstehen konnte. Doch ihr Wille war stärker: Julianna würde den Teufel tun, das offen zuzugeben. Sie fand, es sei das Beste, wenn sie dieses Gespräch möglichst knapp und lässig hielt, um dann so rasch wie möglich zu entkommen.
»Lady Somerset.« Diesmal murmelte Roxby ihren Namen, und seine Lippen verzogen sich zu einem angedeuteten Lächeln, als er sie anschaute. Es war ihr nur allzu klar, wie er so viele Frauen hatte verführen können. Ein halbes Lächeln hier, ein geflüsterter Name, der wie eine Liebkosung klang … Aber darauf würde sie nicht reinfallen. Auf gar keinen Fall!
»Ich nehme an, Ihr genießt Euren Abend«, sagte Julianna munter.
»Nein, das tue ich ganz offensichtlich nicht. Und das wisst Ihr auch.« Das Lächeln auf Roxburys Lippen verschwand und machte einem harten Gesichtsausdruck Platz.
Wenn er doch einfach verschwinden würde! Sie könnte ihn dann viel leichter ignorieren und ihre Schuldgefühle beiseiteschieben, weil sie diesen Skandal provoziert hatte. Juliannas Gedanken begannen wieder zu kreisen. Knightly, der an des Todes Schwelle stand. Roxbury, der über Nacht von der Gesellschaft verstoßen wurde. Und das war alles ihre Schuld. Zum Glück wurde gesellschaftlicher Mord nicht mit dem Tod durch Erhängen bestraft!
Jeder ihrer Instinkte warnte Julianna, in Roxburys Nähe unter
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