Rivalen der Liebe
Augen.
»Oh doch. Weshalb nicht gleich hier und jetzt?« Er neckte sie und verführte sie, und gegen ihren Wunsch und ihr besseres Wissen fiel Julianna darauf herein. Ihre Wangen fühlten sich heiß an, und ihr Herz schlug schneller, denn sie fürchtete wirklich, er könnte seine Drohung wahrmachen und ihr Geheimnis jetzt laut vor allen Anwesenden verkünden.
Es war ehrlich gesagt erstaunlich, dass er das nicht schon längst getan hatte.
»Niemals«, sagte Julianna und blickte ihn drohend an.
»Ladys und Gentlemen«, setzte Roxbury statt einer Antwort laut an.
Ein paar Leute schauten herüber, und Julianna spürte, wie die Angst in ihr aufwallte.
»Diese wunderschöne Frau hat soeben zugestimmt, den nächsten Walzer mit mir zu tanzen«, verkündete Roxbury triumphierend.
Julianna kochte innerlich. Jetzt konnte sie sich nicht länger weigern. Das wusste Roxbury auch und bot ihr lächelnd seinen Arm an. Widerstrebend akzeptierte sie die Einladung. An seinem Arm schritt Julianna aus dem Spielzimmer in den Ballsaal. Sie nickte und lächelte schwach unter den neugierigen Blicken ihrer Bekannten.
Er war ein Wüstling und sie eine Witwe. Die sich daraus ergebenden Schlüsse waren so offensichtlich wie falsch, doch Julianna war nicht umsonst die Lady mit Klasse, um zu wissen, dass Gerüchte sich niemals um Wahrheiten kümmerten. Roxbury grinste teuflisch auf sie herab, als sie auf der Tanzfläche in Position gingen: ihre rechte Hand in seiner, ihre linke auf seiner Schulter. Mit seiner Hand in ihrem Kreuz zog Roxbury sie näher zu sich. Sie fühlte sich gefangen. Verloren.
»Versucht gar nicht erst, zu führen«, sagte er fröhlich.
»Wir haben ja noch gar keinen Schritt getan«, erwiderte Julianna bissig.
»Stimmt, aber Ihr macht auf mich den Eindruck, als gehörtet Ihr zu den Frauen, die gerne versuchen zu führen«, sagte Roxbury mit so viel Autorität, als könnte er in Frauen lesen wie in einem Buch. Angesichts seiner Erfahrung stimmte das vermutlich auch.
»Warum ist es Euch eigentlich so wichtig, den Walzer mit mir zu tanzen?«
»Oh, dafür gibt es mehrere Gründe«, sagte Roxbury und lächelte. Die ersten Klänge vom Orchester ertönten, und sie begannen zu tanzen. Er führte hervorragend, weshalb es für Julianna gar keinen Grund gab, selbst führen zu wollen. Im Gegenteil, sie genoss es sogar, sich ganz fallen zu lassen.
»Dann erleuchtet mich doch bitte«, bat sie ihn.
»Zunächst ist da mein beschädigter Ruf, der auf Euren abfärben könnte«, antwortete er.
»Ach, wie nett«, sagte Julianna übertrieben freundlich und strahlte ihn an.
Eins, zwei, drei. Eins, zwei, drei. Sie bewegten sich perfekt im Takt. Sie war überrascht, denn als Paar bewegten sie sich viel besser, als sie erwartet hätte, da doch jede andere Interaktion zwischen ihnen sofort wieder zu Zankereien führte.
»Und bei der Gelegenheit kann ich mich außerdem noch mal diebisch über die Kolumne des Mannes, der Bescheid weiß, freuen. Oh, aber das Allerschönste ist, dass ich Euch festhalten kann, damit Ihr nicht gleich weglauft.« Wie um seinen Standpunkt zu verdeutlichen, zog Roxbury sie noch ein bisschen näher zu sich heran.
Sofort erwachten die Schmetterlinge in ihrem Bauch wieder zum Leben und schüttelten den Staub von ihren Flügeln.
»Brillant«, bemerkte sie ironisch. Er konnte doch gar nicht wissen, welche Wirkung er auf sie hatte ! Oder doch?
»Und schließlich ist es dank Eurer Intervention schon eine Weile her, seit ich eine Frau in den Armen halten durfte. Darum seid Ihr sozusagen moralisch verpflichtet, meine Annäherungsversuche auszuhalten.«
»Das war Erpressung!«
»Da bin ich mir gar nicht mal so sicher. Außerdem habe ich Euch nur um einen Tanz gebeten, obwohl ich so viel mehr von Euch verlangen könnte«, sagte Roxbury. Doch es klang nicht wie eine Drohung. Es fühlte sich eher wie eine Verlockung an. Was passierte bloß mit ihr? Sie war doch wohl aus härterem Holz geschnitzt! Ein Tanz mit einem Schuft, der sie anlächelte und ihr solche Dinge zuflüsterte, würde sie doch nicht gleich ins Verderben stürzen!
Aber die Erinnerung an den Kuss hielt an – sein Mund so heiß auf ihrem, seine Hände in ihren Haaren und ihr Körper, der sich gegen seinen presste. So lebendig war die Erinnerung, dass sie den Kuss fast noch spüren konnte. Vielleicht versuchte er aber auch gar nicht, sie zu verführen, und das alles war nur ihr Wunschdenken! Himmel, dieser Mann brachte sie völlig durcheinander.
»Es
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