Rivalen der Liebe
stimmt schon. Irgendwie habe ich genug Informationen, um so ziemlich jede Frau unserer Kreise zu erpressen. Man erfährt eine Menge, wenn man sich jahrelang in den Schlafgemächern dieser Stadt herumtreibt, wenn Ihr versteht, was ich meine.«
»Ich verstehe sehr wohl«, erwiderte Julianna mit gepresster Stimme. In diesem Moment war ihr klar geworden, dass sie ihm aus genau diesem Grund auch niemals, unter keinen Umständen, vertrauen konnte und seiner Verführungskunst nicht nachgeben durfte. Somerset hatte ebenfalls viele Jahre in den Schlafgemächern dieser Stadt vertändelt – in den Jahren vor, aber auch während ihrer kurzen Ehe, um genau zu sein. Und neben den schlechten Erfahrungen mit ihrem jungen, gut aussehenden Charmeur von einem Ehemann hatte Julianna auch Bekanntschaft mit dem flattrigen Gefühl im Bauch machen dürfen, das sie jetzt wieder heimsuchte. Begleitet wurde dieses Gefühl von der lustvollen Hitze und der schwindelerregenden Wirkung einer einsetzenden Verliebtheit.
Auf seine Art lockte Roxbury sie, das alles noch einmal durchzumachen. Julianna schluckte. Wenn sie ihren Wünschen nachgab, könnte sie nie zu ihrem alten Leben zurückkehren. Außerdem glaubte sie nicht, dass sie diesen Schmerz noch einmal ertrug.
»Ich dachte, ich würde ein besonderes Vergnügen daran finden, Euch zu quälen«, erklärte Roxbury ihr nun. Sein Lächeln zeigte ihr, wie sehr er es genoss, sie zu ärgern. Unglücklicherweise war sein Lächeln aber so bezaubernd, dass Julianna es nur erwidern konnte.
»Das ist so romantisch, Roxbury! Gleich falle ich in Ohnmacht.«
»Bitte nicht! Ich möchte viel lieber weiter schadenfroh grinsen«, erklärte Roxbury fröhlich.
Julianna machte Anstalten, sich von ihm loszureißen, aber ihr Fluchtversuch wurde dadurch vereitelt, dass sie die ganze Zeit schmunzeln musste. Er hielt sie fest.
»Es war übrigens ein geschicktes Manöver von mir, Jocelyn zum Mann, der Bescheid weiß, zu schicken. Findet Ihr nicht auch?«, wechselte er das Thema.
»Ja, das war es. Ich ärgere mich nur, dass ich nicht vorher daran gedacht habe, mit ihr zu reden. Meinen Glückwunsch.«
»Wie schmeckt es Euch, wenn Ihr das sagen müsst, liebe Julianna?«
»Wie Essig«, antwortete sie knapp, und Roxbury brach in lautes Gelächter aus, das nur langsam einem breiten Grinsen wich.
»Wieso lächelt Ihr mich so an?«, fragte sie misstrauisch.
»Ich genieße diesen Tanz außerordentlich«, sagte er und klang dabei selbst ein bisschen überrascht.
»Genug, dass es für uns beide reicht?«, fragte sie scharf.
»Gebt es doch zu – Ihr genießt das hier auch«, antwortete er selbstbewusst und lächelte weiter.
Julianna wollte das Lächeln erwidern. Sie wollte lachen und es einfach nur genießen, in den Armen eines so gutaussehenden und charmanten jungen Mannes herumgewirbelt zu werden. Wenn er sie nur nicht so furchtbar erzürnen würde! Doch so wütend Julianna auf Roxbury war – sie wollte dieses warme Gefühl der Leidenschaft unter allen Umständen bewahren. Und dieses leise Kribbeln ihrer Lust.
»Ich kann nicht«, gab sie schließlich zu.
Für sie stand einfach zu viel auf dem Spiel. Zunächst einmal war da unbestreitbar die Tatsache, dass sie in einen öffentlich ausgetragenen Kampf verstrickt waren, bei dem es um äußerst delikate Gerüchte ging. Namen bedeuteten alles, und hier standen ihrer beider Namen auf dem Spiel. Ja, sie riskierte nicht nur ihre Stellung bei der Weekly , wenn sie sich auf ihn einließ, sondern auch ihren Körper und ihr Herz. Beide drohte sie gerade zu verlieren. Julianna kannte sich mit dieser Situation bestens aus: Sie hatte dieses gefährliche Spiel mit dem Feuer gespielt, hatte die Folgen am eigenen Leib zu spüren bekommen und verspürte nicht den geringsten Wunsch, etwas Vergleichbares noch einmal zu erleben.
Es stand einfach zu viel auf dem Spiel bei einem berüchtigten Mann wie Roxbury.
Ob sie das hier auch genoss ? Ja, es gab kurze Momente, in denen sie ihn verstand. Aber sie wagte es nicht, sie auszukosten.
Nach dem Walzer verschwand Julianna wieder in der Menge, ehe Roxbury sie einfach mit sich reißen konnte, um … ja, um was zu tun? Sie zu küssen? Sich noch mehr mit ihr zu brüsten? Einen zweiten Tanz einzufordern? Ein Techtelmechtel auf der Terrasse zu beginnen? Sie war offensichtlich gekränkt, weil sie in der letzten Runde dieses kleinen Zeitungskriegs unterlegen gewesen war.
Roxbury hingegen hatte keine Ahnung, was genau er eigentlich wollte. Er
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