Rivalen der Liebe
und kicherte albern.
»Oder wie wär’s, wenn der Mann, der Bescheid weiß, entlarvt wird?«, schlug Eliza vor.
»Wisst ihr, was mich an der Sache am meisten stört?«, fragte Julianna, ohne auf ihre Freundinnen einzugehen. »Nur weil der Mann, der Bescheid weiß, ein Mann ist, kann er an Orte gehen, die mir verwehrt bleiben. Jeder kann ein Dienstmädchen bestechen. Aber er kann zu Gentleman Jack’s gehen oder zu Harry Angelo oder zu White’s.«
»Wer sagt denn, dass du das nicht kannst?«, fragte Eliza und hob eine Braue. Das hätte auch Roxbury sagen können , dachte Julianna verärgert. Aber Eliza wollte ihr damit vielleicht etwas sagen. Sie war gewöhnlich diejenige der Freundinnen, die auf die gewagtesten Ideen kam. Und auch das, was sie jetzt gerade ausbrütete, klang nach einer solchen Waghalsigkeit.
»Meine liebe Eliza, was willst du damit andeuten?«, fragte Annabelle. Ihre blonden Löckchen wippten, als sie neugierig den Kopf zur Seite neigte.
»Sie soll sich natürlich als Mann verkleiden, was sonst?«, antwortete Eliza, als sei dieser Vorschlag das Nächstliegende auf der Welt.
»Ohhh!«, rief Annabelle und riss staunend die blauen Augen auf.
»Au ja, das machen wir!«, rief Sophie glücklich. »Wir haben unglaublich viel Männerkleidung im Haus. Brandons alte Sachen müssten dir sogar ganz gut passen.«
»Die Sachen, die Brandon gepasst haben, als er meine Größe hatte, müssten inzwischen bedauerlicherweise aus der Mode sein«, erklärte Julianna.
»Wir finden schon was«, meinte Sophie fröhlich.
Sobald sie über die Möglichkeiten nachdachte, die sich ihr als Mann verkleidet boten, fing Juliannas Herz aufgeregt an zu klopfen. So könnte sie in die Spielhöllen gehen, zu Harry Angelos Fechtakademie (nun, vielleicht auch nicht, sie konnte nämlich gar nicht fechten)! Aber auf jeden Fall könnte sie zu White’s gehen, dort ein bisschen herumlungern und einen Drink einnehmen.
Sie könnte in dem berüchtigten Buch mit den Wetten blättern. Bei Kartenspielen kiebitzen, bei denen es um hohe Einsätze ging, oder lauschen, wenn sich die Männer über Staatsangelegenheiten unterhielten. Sie brauchte nur eine Hose anzuziehen, ihre Haare unter eine Kappe stopfen und einen Stuhl in einer dunklen Ecke einnehmen, von wo aus sie einfach nur zusehen musste, was sich vor ihren Augen abspielte. Wie bei einem Theaterstück.
War das verrückt ? Möglicherweise, aber Julianna war bereits Feuer und Flamme. Das Risiko, entdeckt zu werden, war natürlich groß. Wenn man sie demaskierte, wäre sie ruiniert. Sich als Mann zu verkleiden oder in einen für Männer vorbehaltenen Raum vorzudringen stand auf der Liste der absoluten Todsünden für Frauen an oberster Stelle. Soweit sie wusste, handelte es sich gesellschaftlich um ein Kapitalverbrechen. Aber Julianna war im Leben nur deshalb so weit gekommen, weil sie sich immer auf ihren eigenen Verstand und ihren Mut verlassen hatte. Es kümmerte sie daher nicht, was sich schickte und was nicht.
Innerhalb einer Stunde war Julianna als Mann verkleidet. Als Erstes fiel ihr auf, dass sie sehr lange, wohlgeformte Beine hatte. Dass Stiefel um einiges bequemer waren als Frauenschuhe. Und dass sie sich in diesem Aufzug tatsächlich bewegen konnte.
Ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln.
Sie hatten sich große Mühe gegeben, damit ihre Brust flach wirkte. Eine dunkelgrüne Weste wirkte dabei wahre Wunder, genauso wie der dunkelgraue Mantel, den sie darüber trug. Juliannas kastanienrote Haare hatten sie aus der Frisur gelöst, sie zu einer Haarschlange aufgedreht und einfach unter eine Filzmütze gestopft.
Brandons Leibdiener Jennings war damit beauftragt worden, ihr die Krawatte zu binden, nachdem weder Annabelle noch Sophie oder Eliza einen einigermaßen passablen Knoten hatten schlingen können. Der alte Mann runzelte bei Juliannas Anblick die Stirn. Was sie taten, gefiel ihm überhaupt nicht, aber er traute sich nicht, gegen den strengen Blick der Duchess aufzubegehren.
Es war also schon jetzt klar, dass der Duke später davon erfahren würde. Aber darüber machten sie sich jetzt lieber keine Gedanken.
Julianna grinste breit. Noch vor einer Stunde war sie eine anständig gekleidete Dame gewesen, die mit ihren Freundinnen Tee trank. Und jetzt war sie eine tollkühne, als Mann verkleidete Reporterin, der so ganz London offenstand.
Und noch eine Stunde später …
Kapitel 12
White’s Club für Gentlemen
St. James’ Street, London
»Ich werde über kurz oder
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