Rivalen der Liebe
gemacht hatte. Mit einem Wort: Sie hatte ihn gesellschaftlich ermordet . Das war Julianna inzwischen klar. Und irgendwie tat es ihr furchtbar leid.
»Ich gebe Euch etwas, worüber Ihr schreiben könnt, damit Ihr Euch nicht mehr über mich auslassen müsst«, erklärte er einfach. »Das ist kein Akt der Freundlichkeit, sondern dient einzig und allein dem Selbstschutz.«
Sie lächelte ironisch. Angesichts der leidenschaftlichen Gefühle, die dieser verkommene und beinahe schon verboten attraktive Mann in ihr auslöste, konnte sie es sich nicht leisten, sich von seiner Freundlichkeit einlullen zu lassen. Deshalb war es gut, wenn er sich ihr gegenüber nicht allzu freundlich zeigte. Dass er ihre Verkleidung nicht entlarvte, war allerdings ausgesprochen nett. Dafür schuldete sie ihm etwas.
Und dennoch, allein aus Selbstschutz, der sie zwang, Roxbury von sich fernzuhalten und ihre verräterischen Gefühle zu bezähmen, antwortete Julianna ihm scharf.
»Wie klug von Euch. Ich hatte ja keine Ahnung, dass hinter diesem hübschen Gesicht auch ein Verstand wohnt«, sagte sie und lächelte ihn unschuldig an. Sie vergaß in diesem Moment ganz, dass sie die Rolle eines Mannes spielte. Er riss die Augen auf. Sie hatte ihn beleidigt, denn ein Mann ließ sich nicht mit weiblichen Attributen belegen, ohne tödlich beleidigt zu sein.
»Ich bin nicht hübsch, Lady S…«, rief Roxbury hitzig und blitzte sie zornig an.
»Pssst!« Sie legte den Finger auf seine Lippen. Er durfte sie doch nicht jetzt entlarven!
Der Geräuschpegel im Raum wurde schlagartig leise, und beide verharrten in dieser überaus kompromittierenden Haltung.
Kapitel 14
Zu spät erkannte Roxbury, was für ein Fehler es gewesen war, ihr so nahe zu kommen. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und brachte so viel Distanz wie nur irgend möglich zwischen sie, ohne dabei aufstehen zu müssen und noch mehr Aufmerksamkeit auf sie zu lenken. Sein männlicher Beschützerinstinkt ließ ihn bei ihr bleiben, denn er konnte es nicht zulassen, dass Julianna von jemandem entdeckt wurde, der ihr Übleres wollte als er.
Und vielleicht wollte er sie jetzt auch gar nicht allein lassen.
Es war für ihn so offensichtlich, dass sie eine Frau war, die sich als Mann verkleidet hatte – doch er schien alleine mit dieser Erkenntnis: Als er einen Blick auf seine Bekannten warf, die mit ihnen im Raum waren – von denen nicht einer seinen Blick erwiderte –, wurde ihm rasch deutlich, dass alle Anwesenden Julianna für einen Mann hielten.
Für einen Mann, der sich soeben vorgebeugt und seine Lippen berührt hatte. In aller Öffentlichkeit. Du lieber Himmel !
Sie hatten die letzte Viertelstunde damit verbracht, im Wettbuch zu schmökern und leise zu plaudern. Das sah nicht gut aus. Tatsächlich sah es eher so aus, als seien die Gerüchte über ihn ohne jeden Zweifel wahr.
Aber seht sie euch doch an !, wollte er rufen. Sie! Er ist eine SIE! Kein Mann hat einen Mund wie sie, der sich zu diesem sphinxhaften Lächeln verziehen kann. Ihre Gesichtszüge sind zu zart!
Juliannas grüne Augen waren vor Staunen weit aufgerissen, während die Blicke aller Männer eher müde und gelangweilt wirkten. Und dann diese Beine … Bei Gott, diese langen, wohlgeformten Beine, die zu den perfekt geformten Hüften hinaufreichten, die erst recht nur einer Frau gehören könnten.
Sie konnte allenfalls als der junge Cousin von jemandem durchgehen, der vom Land kam und zu Besuch war.
Er sollte sie entblößen, jetzt und hier. Ihr einfach die Mütze vom Kopf reißen und den Anblick ihrer kastanienbraunen Locken genießen, die ihre Schultern zweifellos in weichen Wellen umfließen würden. Laut lachen sollte er, während den alten, schwerfälligen Männern und den jungen Prahlhansen, die ganz unbedarft in ihrem Club saßen und tranken, die Kinnlade runterfiel.
Bei Gott, er würde nur zu gerne mit beiden Händen durch ihre feurig schimmernden Haare fahren, würde nichts lieber tun, als sie an sich zu ziehen, bis sie nahe genug war, um sie zu küssen. Er würde ihren Mund mit seinem Mund verschließen und ihre ach so witzigen Bemerkungen im Keim ersticken, bis das einzige Geräusch, das ihr noch über die Lippen käme, ein lustvolles Stöhnen wäre. Das Jackett, die Krawatte, alles, womit sie sich als junger Mann verkleidet hatte, wollte er ihr vom Leib reißen, bis man ohne Zweifel sah, dass sie eine Frau war. Noch dazu eine, die atemberaubend schön war. Und die allein ihm gehörte.
Irgendwann hatte
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