Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
Vom Netzwerk:
einen Spielplatz der Freude und des Entsetzens. Eine hohe, steile Rutsche endete in einer Grube voller kauender, klappernder Gebisse. Die Ketten der Schaukel waren nass von Öl und Blut. Ich konnte die Falle bei der Wippe nicht erkennen, aber ich war sicher, dass dort eine war. Sie sah zu unschuldig aus –  wie ich, wenn ich etwas im Schilde führte.
    »Es wird Zeit, dass du erwachsen wirst«, sagte er erneut. »Du bist früher lieber vor mir davongelaufen, als das zu tun. Jetzt hast du eine Wahl.«
    »Ich hatte früher keine Wahl!«, attackierte ich ihn. »Alt werden wird mich töten!«
    »Ich sagte nicht, du sollst alt werden, du Narr. Ich sagte, du sollst erwachsen werden.« Nsana beugte sich zu mir hinüber. Sein
Atem duftete nach Honig und giftigen Blumen. »Nur weil du ein Kind bist, heißt das nicht, dass du unreif sein musst, beim Mahlstrom! Ich kenne dich lange und gut genug, mein Bruder, und da gibt es noch ein Geheimnis, das du vor dir selbst verbirgst. Nur machst du das so schlecht, dass jeder davon weiß: Du bist einsam. Du warst immer einsam, obwohl du mehr Liebhaber hinter dir gelassen hast, als du zählen kannst. Du willst niemals das, was du haben kannst, sondern immer das, was du nicht haben kannst!«
    »Das ist nicht …« Er unterbrach mich unbarmherzig. »Du hast mich geliebt, bevor ich meine Natur kennenlernte. Während ich dich brauchte. Dann, als ich meine Stärke fand und ein Ganzes wurde, als ich dich nicht länger brauchte, dich aber immer noch wollte  …« Plötzlich hielt er inne. Seine Kiefer mahlten, während er die Worte hinunterschluckte, die zu schmerzhaft waren, um sie auszusprechen. Ich starrte ihn an und war sprachlos. Hatte er wirklich die ganze Zeit so empfunden? War das seine Sicht der Dinge? Ich hatte immer gedacht, er hätte mich verlassen. Ich schüttelte verwundert den Kopf und wollte die Wahrheit nicht sehen.
    »Du kannst nicht einer der Drei sein«, füsterte er. Ich zuckte zurück. »Es ist längst überfällig, dass du das akzeptierst. Du willst jemanden, den du nicht hinter dir lassen kannst. Aber denk doch mal nach, Si’eh. Nicht einmal die Drei sind so. Itempas hat uns alle und sich selbst betrogen. Enefa wurde selbstsüchtig, und Nahadoth war schon immer wankelmütig. Diese neue, Yeine … auch sie wird dein Herz brechen. Weil du etwas willst, das sie dir nie geben kann. Du willst Vollkommenheit.«
    »Nicht Vollkommenheit«, platzte es aus mir heraus. Dann wurde mir übel, als ich erkannte, dass ich gerade alles, was er gesagt hatte, bestätigt hatte. »Nicht … Vollkommenheit. Nur …« Ich leckte mir über die Lippen und fuhr mir mit den Händen durch die Haare. »Ich will jemanden, der mir gehört. Ich … ich weiß nicht einmal …« Ich seufzte. »Die Drei, Nsana, sind die Drei. Drei Facetten desselben Diamanten, eins, auch wenn sie getrennt sind.
Egal, wie weit sie auseinandergehen, sie kommen schließlich immer, immer wieder zusammen. Diese Nähe …«
    Ich erkannte, dass es genau das war, was Shahar und Deka hatten: eine Nähe, die nur wenige Außenstehende jemals verstehen oder durchdringen konnten. Sie ging weit über die Blutsbande hinaus –  sie ging bis tief in die Seele. Sie hatte ihn ihr halbes Leben nicht mehr gesehen, und dennoch hinterging sie mich für ihn.
    Wie es wohl wäre, eine derartige Liebe für mich allein zu haben?
    Ich wollte sie, ja. Götter, ja. Und ich wollte sie eigentlich nicht von Yeine, Nahadoth oder Itempas, weil sie sich hatten, und es wäre falsch von mir gewesen, mich einzumischen. Doch ich wollte auch so etwas.
    Nsana seufzte. Hier in meinem Traum war er überlegen. Er kannte jeden meiner Gedanken und Launen, wenn er wollte, ohne sich große Mühe zu geben. Also wusste er jetzt natürlich, dass er mir niemals genug gewesen war.
    »Es tut mir leid«, sagte ich sehr leise.
    »Das sollte es auch.« Nsana wandte sich mit säuerlichem Gesichtsausdruck für eine Weile ab und verfolgte seine eigenen Gedanken. Dann seufzte er und schaute mich wieder an.
    »Also gut«, sagte er. »Du brauchst Hilfe, und ich bin nicht so kleinlich, dein Bedürfnis zu ignorieren. Also werde ich versuchen, mehr über dein Geheimnis herauszufinden. Bei der Geschwindigkeit, mit der du vorankommst, bist du tot, wenn du es endlich herausfindest.«
    Ich senkte den Blick. »Danke.«
    »Danke mir nicht, Si’eh.« Er zeigte auf etwas. Ich sah in die Richtung und entdeckte einen kleinen Flecken mit Blumen auf einer Seite des Spielplatzes.

Weitere Kostenlose Bücher