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Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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sicher, dass sie mich hatte kommen hören. Ich hatte mit vier Wachen sprechen müssen, nur um den Raum betreten zu dürfen. Sie bewegte sich allerdings nicht, bis ich sprach. Dann zuckte sie zusammen und erwachte aus der Träumerei, in die sie versunken gewesen war.
    »Freunde lügen«, sagte ich. Ich sprach leise, doch meine Stimme hallte in dem Zimmer mit der hohen Decke wider. Sie war jetzt tiefer und hatte eine heisere Note, die mit zunehmendem Alter noch schlimmer wurde. »Liebende auch, doch Vertrauen kann man wieder aufbauen. Du bist meine Freundin, Shahar. Ich hätte das nicht vergessen dürfen.« Sie sagte nichts. Ich seufzte und zuckte mit den Schultern. »Ich bin ein Bastard, was hast du erwartet?«

    Weiteres Schweigen. Ich sah die Spannung in ihren Schultern. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Ich hatte genug Frauen weinen sehen, um die Warnzeichen zu erkennen. Also beschloss ich, zu gehen. Doch als ich die Tür erreichte, hörte ich: »Freunde.«
    Ich blieb stehen und schaute zurück. Sie hielt ihre rechte Hand hoch; die Hand, die meine gehalten hatte, als wir vor vielen Jahren unseren Eid geschworen hatten. Ich rieb einen Daumen über meine prickelnde Handfäche und lächelte.
    »Freunde«, sagte ich und hob auch meine Hand. Dann ging ich, denn ich hatte etwas in den Augen. Staub wahrscheinlich. Ich musste in Zukunft vorsichtiger sein. Alte Männer mussten gut auf ihre Augen aufpassen.

22
    … und sie alle lebten glücklich bis an ihr Ende.
Ende.
     
    D ie Welt blieb überraschend ruhig, während der Mahlstrom am Himmel wuchs, bis selbst die Sonne klein erschien. Damit hatte ich nicht gerechnet. Sterbliche Menschen sind nur einige Sprachen und Exzentrizitäten von sterblichen Bestien entfernt, und es liegt in der Natur von Bestien, im Angesicht einer Gefahr in Panik zu verfallen.
    Es gab einige bestialische Taten. Keine Plünderungen –  die Ordensbewahrer ließen Diebe rasch hinrichten –, aber zahlreiche Brandstiftungen und gelegentlichen Vandalismus. Die Sterblichen zerstörten Besitz, um ihrer Verzweiflung Luft zu machen. Und natürlich gab es Gewalt.
    In einem der patriarchalischen Länder brachten so viele Männer ihre Frauen und Kinder und schließlich sich selbst um, dass eine meiner Schwestern sich genötigt sah einzugreifen. Eingehüllt in fallendes Laub tauchte sie in der Hauptstadt auf und verkündete, dass sie persönlich die Seelen dieser Mörder in die schlimmste aller unendlichen Höllen bringen würde. Die Tötungen brachen danach zwar nicht ab, gingen jedoch deutlich zurück.
    Und doch war dies nichts im Vergleich zu dem, was hätte geschehen können. Ich hatte mit … ich weiß nicht was gerechnet.
Mit Massenselbstmorden, Kannibalismus, dem völligen Zusammenbruch der Helligkeit.
    Stattdessen heirateten Shahar und Datennay Canru von Tema. Es war eine kleine Feier, da sie nicht genügend Zeit gehabt hatten, etwas Größeres vorzubereiten. Ich brachte sie dazu, Deka die Zeremonie als Erster Schreiber leiten zu lassen, und ich brachte Deka dazu zuzustimmen. Es wurden keine Entschuldigungen ausgetauscht. Sie waren beide Arameri. Aber ich sah, dass sie es bereute, und ich sah, dass Deka ihr vergab. Shahar sorgte dafür, dass der Orden des Itempas die Neuigkeiten über dieses Ereignis über Ausrufer, Läufer und Nachrichtenrollen verbreitete. Sie hofte, dadurch auch eine andere Botschaft zu übermitteln: Ich glaube an eine Zukunft.
    Canru ging, wie ich vermute, so bereitwillig auf diese Heirat ein, weil er mehr als nur ein bisschen in sie verliebt war. Sie –  nun, sie hatte nie aufgehört, mich zu lieben, aber sie mochte ihn. Zu dieser Zeit suchten wir alle auf unsere eigene Weise nach Trost.
    Ich verbrachte meine Nächte in Dekas Armen und genoss mein bescheidenes Glück.
    Und die Welt machte weiter.
    Bis zu ihrem Ende.
     
    Im Morgengrauen des letzten Tages versammelten wir uns: Arameri, einfaches Volk aus Schatten, Ahad und Glee, Nemmer und einige andere Gottkinder, die nicht aus dem Reich gefohen waren. Der Wirbel war nicht so hoch, wie Elysium es gewesen war, doch er war ein guter Aussichtpunkt. Von dort oben bot der Himmel einen entsetzlichen, ehrfurchtgebietenden Anblick. Über die Hälfte war von der wabernden, schimmernden Transparenz verschluckt worden. Als die Sonne aufging und in den veränderten Himmelsteil geriet, verzerrte sie sich. Sie wirkte kränklich, ihr Licht fackerte auf unserer Haut wie das eines Lagerfeuers. Dies war keine optische Täuschung.

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