Riven Rock
früher mit Mart geteilt hatte und das Mart jetzt mit Elsie Reardon teilte, säuberte er sich, so gut er konnte, und ging dabei Pat – und vor allem Nick – tunlichst aus dem Weg. Roscoe hielt den Mund. Sie wußten ja nicht einmal, daß sich O’Kane im Haus befand, hatten keinerlei Grund zu der Annahme, daß er nicht im Ort war und wie jeden Tag auf die Fahrt zur Arbeit, zum Waschen und Zwangsernähren von Mr. McCormick wartete (vielmehr wie jeden Wochentag, denn samstagnachmittags und sonntags wachte Dr. Hamilton bei ihrem Arbeitgeber und Wohltäter, dann blieb die Tür verschlossen, außer um zwei Itaker mit Scheuereimern einzulassen). Mart hatte die Version seiner Brüder über die Ereignisse des Vorabends gehört, sich aber daraus keineswegs schon ein festes Urteil gebildet – denn in seiner schwerfälligen, schleppenden Art war er geneigt, die Schuld für den Vorfall ebenso bei Nick wie bei O’Kane zu sehen. Und O’Kane wiederholte seine Version den ganzen Tag über lautstark, in der Hoffnung, Mart in sein Lager ziehen zu können, Wasser dicker als Blut und so weiter, und in dem Versuch, die Erinnerung an Giovannella auszuradieren – wie dumm war es doch gewesen, dieses Feuer wieder zu schüren, Verliebtheit hin oder her. Aber er weigerte sich, jenes eine Problem zu erwägen, ja auch nur für den kleinsten Bruchteil einer Sekunde in die trübe Peripherie seiner Gedanken einzulassen, das alle übrigen Probleme so nebensächlich machte wie die Frage nach dem genauen Wortlaut der Inschrift, die eines Tages seinen Grabstein zieren würde: Rosaleen.
Um acht Uhr morgens rief er bei ihr an und goß eine zähe Lügengelatine in den Hörer, erzählte ihr, Roscoes Wagen sei so vollkommen zusammengebrochen, daß sie ihn nicht einmal mehr hätten anschieben können, und dann sei Mr. McCormick in einem plötzlichen Anfall auf die Beine gekommen und habe ihn am Kopf und im Gesicht verletzt, sie solle nur einmal seine Lippe sehen, und schließlich sei er gezwungen gewesen, eine einsame, mönchische Nacht im Bett mit Mart zu verbringen, der natürlich die ganze Zeit geschnarcht habe. Rosaleen am anderen Ende hörte ihm schweigend zu, und er konnte sie sich vorstellen, dort in dem beengten Wohnzimmer des alten Rowlings’, der irgendwo im Hintergrund seine Pfeife paffte, sie würde sich auf die Lippe beißen, wie sie es immer tat, wild mit den Augen rollen, den einen Fuß auf den Spann des anderen gestellt. »Ich komm nach der Arbeit heim«, sagte er. »Abgemacht?«
Ihre Stimme rollte auf ihn zu wie die große schwarze Kugel in der Bowlingbahn, wacklig, ungenau, aber dennoch markerschütternd: »Ja, Eddie. Abgemacht.«
Und dann wurde es Abend. Und er fuhr heim.
Sie erwartete ihn an der Eingangstür, hielt Eddie jr. wie einen Schild auf der Hüfte, und er dachte an den schweren Lederschild, den Cuchulain in der Legende geschwungen hatte, und an das wilde Blut der kriegerischen Vorfahren, das in Rosaleens Adern floß, und sie trug sogar einen Besen in der Hand – dessen eigentlichen Verwendungszweck sie ja gar nicht kannte –, um das Bild zu vervollständigen. Er öffnete das Tor und kam den Weg entlang, und obwohl sein Kopf noch weh tat, seine Lippe brannte, seine Schläfe pochte und er sich zerschlagen und erschöpft wie noch nie im Leben fühlte, wußte er, daß irgend etwas in diesem Bild nicht stimmte, ganz und gar nicht stimmte, und er war augenblicklich auf der Hut. »Hallo, Liebes«, rief er, doch der Gruß hatte einen hohlen Beiklang, er hörte sich verzweifelt und scheinheilig an. Sie gab keine Antwort, aber sie zog die Oberlippe hoch und bleckte die Zähne, und er sah, daß sie sich bemühte, es zurückzuhalten, was immer es war, bis er im Haus war und die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte.
»Lügner!« fauchte sie, als er sich an ihr vorbei und in den Dreckstall des Wohnzimmers schob.
Woher wußte sie?
Was wußte sie?
Sein vor Erschöpfung abgestorbenes Hirn erwachte zu neuem Leben – ihm blieb keine andere Chance, als sich der Anklage zu stellen und jede weitere Anschuldigung mit einer neuen Lüge zu parieren. »Wie?« fragte er in aller Unschuld. »Wovon redest du überhaupt?«
Ihr Gesicht war verzerrt, das Gesicht von einem der Hominiden des Doktors, an dem gerade ein Experiment durchgeführt wurde, voller Haß, Mordlust und Blutgier. »Du warst gestern abend in der Stadt in Huffs Kneipe, besoffen wie ein Schwein. Zinnia Linnear hat dich gesehen.«
»Unsinn, die braucht ne Brille.«
»Lüg
Weitere Kostenlose Bücher