Rob - Toedliche Wildnis
Augen verlieren, und können es uns einfach nicht leisten, hier ein kurzes Zwischenspiel einzulegen.«
»Kurz?« Seine Stimme glich einem Knurren, aber das konnte er nicht ändern.
Ihre Augen funkelten grün. »Gern auch lang, aber auf jeden Fall später.«
»Spielverderberin.«
»Schon wieder? Aber meinetwegen auch das. Ist dir denn gar nicht aufgefallen, dass es die letzten Meter immer weiter bergauf geht? Ich wette, in ein paar Minuten haben wir den Wald hinter uns. Die Vegetation wird schon dünner.«
Davon hatte er nichts gemerkt, aber seine Stimmung hob sich. »Gut!«
»Nein. Im Gegenteil. Schlecht, weil es dann schwerer wird, unbemerkt an den beiden dranzubleiben.«
Rob verkniff sich die nächste bissige Bemerkung. Ihm war rätselhaft, woher Cat ihre Sicherheit nahm, immer noch in der gleichen Richtung wie die Kerle unterwegs zu sein. Im Gegensatz zu ihr sah er seit Stunden nur Gestrüpp in den unterschiedlichsten Grüntönen und Baumstämme, die ihre Sicht behinderten. Selbst die Tiere schienen seine Stimmung zu spüren und ließen sich nicht blicken. Cats schelmisches Grinsen hätte ihm unter anderen Umständen gefallen. Jetzt seufzte er nur. »Also gut, was noch?«
Sie legte den Kopf etwas schief. »Nichts, aber du kannst wirklich sicher sein, dass sie noch vor uns sind. Und zwar ungefähr zweihundert Meter. Also bitte nicht zu laut reden. Im Moment dämpft das ganze Grünzeug, das du nicht magst, noch unsere Stimmen, aber das wird gleich anders.«
Vermutlich verfügten Soldaten über eingebaute Verfolgungsgene, die Anwälten fremd waren. Irgendwann würde ihn die Erklärung dafür interessieren, aber im Moment nahm er Cats Aussage einfach so hin. Er nickte und schwieg. Egal, was er sagte, es würde nur zu einem neuen Heiterkeitsausbruch von Cat führen. Aber seine schlechte Laune war verflogen. Eigentlich konnte er gut damit leben, dass sie ihn aufzog.
»Soll ich den Rucksack nehmen?«
Seine Antwort bestand aus einem Grollen, das Cat sofort richtig interpretierte, aber ihr Blick blieb ernst. »Bitte sag rechtzeitig Bescheid, wenn es dir zu viel wird.«
Nachdem er am frühen Vormittag den Rucksack erfolgreich zurückerobert hatte, würde er das natürlich tun, und zwar dann, wenn Weihnachten und Ostern auf einen Tag fielen. Die kleine Erholungspause zu Beginn des Tages und ein paar Schokoriegel hatten völlig ausgereicht. Er war wieder im Spiel und bereit, es mit dem verdammten Grünzeug, den Mistkerlen und jedem, der sich ihnen in den Weg stellte, aufzunehmen.
Es war beinahe so, als ob sein Stimmungswechsel auch Einfluss auf das Gestrüpp hätte. Auf den nächsten Metern hatte er nicht länger das Gefühl, dass sich sämtliche Äste und Ranken gegen ihn verschworen hatten. Es dauerte noch einige Zeit, bis ihm klar wurde, dass Cat recht behalten hatte. Der bisher weiche Boden wurde härter und schließlich durch felsigen Untergrund abgelöst. Gleichzeitig ging auch der Bewuchs zwischen den Bäumen deutlich zurück. Nun begriff Rob Cats Vorbehalte. Er fühlte sich nicht länger unangenehm beengt, sondern konnte sehen, was um sie herum geschah, aber das hieß auch, dass es schwerer wurde, die Männer unbemerkt zu verfolgen. Er war gerade so weit mit seinen Überlegungen gekommen, als Cat abrupt stehen blieb und ihn hinter einen Baumstamm zog.
»Vorsichtig, wir waren zu schnell. Da vorne sind sie.«
Er folgte ihrem Blick und war nachträglich nun auch von ihrem Vorgehen überzeugt.
Der größere der beiden Männer hatte trotz seiner Schulterverletzung mit der langen Wanderung weniger Probleme als sein Begleiter, dem die Haare verschwitzt am Kopf klebten und dessen keuchender Atem unüberhörbar war. Sport schien sonst nicht zu seinen bevorzugten Beschäftigungen zu gehören.
Sichtlich aufgebracht blieb der Hüne stehen. »Nun stell dich nicht so an. Noch eine gute Stunde und wir sind da.«
Das war genau die Information, die Rob interessierte. Mit einem Anflug von Schadenfreude verfolgte er, dass der Kleinere den steinigen Weg entlangstolperte und wiederholt kaum verständliche Flüche von sich gab. Dann machte der Weg eine leichte Biegung, und die beiden waren wieder außer Sichtweite.
Da sie nur warten konnten, bis der Vorsprung der beiden ausreichend groß war, um die Verfolgung wieder aufzunehmen, sah er sich um und stutzte. Die Landschaft entwickelte sich völlig anders, als er vermutet hatte. Es war nicht zu übersehen, dass Cat ebenso erstaunt wie er über den Verlauf des Tals war.
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