Rob - Toedliche Wildnis
auf den Fersen war. So weit waren sie auch schon vorher gewesen.
Noch vorsichtiger als zuvor näherte sie sich dem Mann. Alles in ihr schrie danach, sich zu beeilen, ehe er verschwand, aber sie ermahnte sich zur Geduld. Schon bald konnte sie Einzelheiten erkennen. Er hielt ein Handy in der Hand, stapfte ungeduldig am Rand der Wiese hin und her und hatte den Blick fest auf das Telefon gerichtet. Cat unterdrückte ein Grinsen. Vermutlich hatte er ein Problem mit dem Empfang. Dann blieb er keine zehn Meter von ihr entfernt stehen.
»Ich bin es.« Der Mann schrie beinahe in das Telefon. »Ich weiß, dass der Empfang schlecht ist. Hör zu, ehe die Verbindung ganz weg ist. Es gibt keine Spur von der Frau. Ich bin den Weg hoch, so weit es das Quad schafft. Zweimal und ich habe auch zwischen den Bäumen alles abgesucht. Das lohnt sich nicht länger. Wenn sie noch lebt, hat sie sich irgendwo verkrochen und trauert vielleicht um ihren Begleiter oder sonst was.« Er lauschte kurz. »Sie ist was …?«
Es folgte eine Reihe offensichtlicher Flüche, die Cat nicht verstand. Dann blickte er genau in ihre Richtung, und sie hatte das Gefühl, er könne sie gar nicht übersehen. Instinktiv senkte sie den Kopf und presste ihr Gesicht auf den Boden. Ihre Haare und ihre Jacke würden in dem Schatten nicht auffallen, aber die hellere Gesichtshaut und vor allem die Augen stellten eine gewisse Gefahr dar. Ihre Ausbilder hatten ihnen das wieder und wieder eingebläut: Kopf runter, ruhig bleiben und abwarten. Meistens bildet ihr euch nur ein, dass ihr gesehen worden seid. Hoffentlich galt das auch diesmal. Cat wagte kaum noch zu atmen und lag völlig reglos am Boden, obwohl alles in ihr danach schrie, den Mann zu beobachten. Als nichts darauf hindeutete, dass er auf sie zukam, schirmte sie mit dem Arm ihr Gesicht ab und spähte vorsichtig wieder in seine Richtung.
Der Typ wandte ihr jetzt den Rücken zu. Erleichtert stieß sie den angehaltenen Atem aus.
Die Flüche endeten, und das Telefonat wurde fortgesetzt. »Du verdammter Idiot, das hättest du mir doch vorher sagen können. Eine Rangerin. Die kennt sich hier besser aus als ich und wird auch nicht die Nerven verlieren. Ich komme zurück. Wir brauchen einen anderen Plan.«
Während der Mann das Telefon in seiner Jacke verstaute, fluchte er wieder vor sich hin. Dieses Mal verstand Cat wenigstens ein Wort. Der Typ war ein Russe. Er trat wütend nach einem Schmetterling und ging zurück zu seinem Quad. Cat wartete, bis er den Motor gestartet hatte und sie das Fahrzeug wenig später nicht mehr hörte. Erst dann sprang sie auf und wollte zurück zu Rob sprinten. Sie kam nicht dazu, denn er rannte bereits auf sie zu. Ihren Rucksack hielt er in der Hand, als ob er nichts wiegen würde. Kurz überlegte sie, ihn anzubrüllen, weil er nicht gewartet hatte, aber das wäre unfair gewesen. Schließlich hatte er auch gehört, dass das Quad weggefahren war.
Wenigstens schnappte er nach Luft, als er dicht vor ihr stehen blieb. Das Laufen mit zwei Rucksäcken hatte ihn also doch angestrengt. Irgendwie beruhigte sie der Gedanke, obwohl sie ihn nicht richtig verstand.
»Und? Alles in Ordnung? Bist du nah genug rangekommen? Das war nur einer, oder?«
»Ja. Ja. Richtig.« Sein verständnisloser Blick brachte sie zum Schmunzeln. »Na, das sind die Antworten auf deine Fragen. Natürlich ist alles in Ordnung. Ich konnte sein Telefonat mit anhören, aber jetzt habe ich noch mehr Fragen als vorher.«
Sie fasste das Gespräch in wenigen Worten zusammen, und Rob kam sofort zum gleichen Ergebnis wie sie. »Das heißt ja, dass die wissen, wer du bist, und mich halten sie anscheinend nach meinem Sturz für tot. Haben sie das von deiner Kollegin, die aussah, als ob sie von einer Modenschau käme und sich in den Park verirrt hätte?«
Cat hatte wesentlich länger gebraucht, um darauf zu kommen, dass ihre Verfolger vermutlich genau so vorgegangen waren. Schließlich war ihre Kollegin dafür bekannt, dass sie nur ein Stichwort brauchte, um alles auszuplaudern, was jemand wissen wollte. »Das vermute ich auch. Sag mal, bist du immer so schnell damit, die richtigen Schlüsse zu ziehen?«
Robs Miene verhärtete sich. »Ja, bin ich. Ich hoffe, es stört dich nicht, ich kann das nämlich nicht ändern.«
Schlagartig erinnerte Cat sich an die Szene in Teds Büro, als Rob so seltsam verlegen nach seinem Vorschlag reagiert hatte, Informationen über Facebook zu verteilen. Allmählich ahnte sie die Zusammenhänge und
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