Robbers: Thriller (German Edition)
vergesst die Weißdornmarmelade nicht.«
»Ich hab ihr gesagt, du wärst noch am Leben. Dass du auf uns wartest und wir unsere Chance kriegen. Billy Ray, Johnnie Ray und ich, wir werden dich erwischen.«
»Ich werde da sein.« Ray Bob zog an seiner Zigarette und blies etwas Rauch aus. »Es sei denn, ich schnapp euch vorher. Kennt ihr den Film Beim Sterben ist jeder der Erste , ihr Hohlköpfe?«
Donnie Ray starrte ein Weile vor sich hin, und für einen kurzen Moment flackerten seine leeren, glasigen Augen beunruhigt auf. Dann meinte er, dass er sich nicht allzu viel aus Filmen mache.
»Dann hast du die Gelegenheit verpasst, dich selbst zu sehen«, sagte Ray Bob, »zu hören, wie du redest. Es geht darin um ein paar Hinterwäldler aus den Appalachen, ein paar echt weltgewandte Burschen.«
»Keine Ahnung, warum mich das interessieren sollte.« Donnie Ray nickte Richtung Caddy. »Dein Wagen?«
»Was meinst du wohl?«
»Hast ihn bestimmt geklaut. Echt hübsche Karre. Wollte auch immer ein Cabrio haben. Schätze, dass ich mich mit Billy Ray und Ronnie Ray drum kloppen muss, wenn’s so weit ist. Ich geh jetzt in den Laden. Mama braucht Zucker.«
Ray Bob immer im Blick, schob er sich seitwärts an der Reihe parkender Autos vorbei. Als er ungefähr zwölf Meter zurückgelegt hatte, sagte er: »Hab Mama gesagt, dass du nicht tot bist. Wir werden dich kriegen.« Dann wandte er sich ab und trottete Richtung Ladeneingang. Seine Flipflops klatschten auf den Asphalt.
Ray Bob wartete, bis er verschwunden war, stieg ein und bog dann in die falsche Richtung vom Parkplatz, bevor er ein paar Straßen weiter oben wendete, mehrere Blocks weiträumig umkurvte und etwas unterhalb des Supermarkts den Highway 190 ansteuerte. Nur falls Donnie Ray ihn beobachtete. Er fuhr weiter rauf zum Krankenhaus, wo er vorm Wal-Mart parkte. Dort kaufte er eine Propangaslampe und eine Vierliterdose Brennstoff sowie einen Schlafsack, das billigste Modell. Nachdem er bezahlt hatte, hatte er nur noch einen Zehndollarschein in der Tasche. Die Einkäufe verstaute er im Kofferraum, dann fuhr er weiter.
Direkt unterhalb des Wal-Mart nahm er den Highway 63, eine schmale zweispurige Straße, die in einem Bogen nach Nordwesten zum Angelina National Forest führte. Ein Straßenschild verkündete, dass es bis Zavalla noch einundfünfzig Kilometer waren. Er trat aufs Gas und passierte den Königreichssaal der Zeugen Jehovas und hatte den Fuß immer noch auf dem Pedal, als er das Pappplakat bemerkte, das an einen Hickorybaum neben einer Auffahrt genagelt war, die zwischen Mimosen hindurch zu einem zweistöckigen Backsteinhaus führte. Darauf stand mit Textmarker geschrieben: WELPEN KOSTENLOS ABZUGEBEN. Er trat auf die Bremse, setzte zurück und bog in die Auffahrt. Fünfzehn Minuten später war er wieder unterwegs, einen kurzhaarigen Mischlingswelpen auf dem Schoß. Er hatte große Pfoten, ein schwarzweißes Fell und Schlappohren und schnupperte jetzt zwischen seinen Beinen herum. Ray Bob drehte den Welpen mit einer Hand um und hielt sich das zappelnde Tier vor die Brust. Sein flauschiger, rosafarbener Bauch war mit grauen Flecken übersät, ein Männchen. Das Flohpulver an seinem Körper roch nach Pfeffer. Der Welpe winselte, und Ray Bob platzierte ihn wieder auf dem Sitz. Doch er krabbelte zurück und versuchte an seinem Oberschenkel hochzuklettern, also legte er ihn auf seinen Bauch, während er weiterfuhr. Kurz darauf kam der Welpe zur Ruhe und schlief ein.
Schließlich erreichte er den Stadtrand und überquerte den Sandy Creek. Die Straße verlief schnurgerade über sanfte Hügel zwischen frisch gepflanzten Kiefern und Weideland hindurch; die ansteigenden, grasbewachsenen Seitenstreifen waren mit weinroten Butterblumen und violetten Disteln gesprenkelt. Kurz hinter der Tennessee Gas Pipeline Station führte die Straße über den Angelina River. Das Flussbett des Hauptarms war ungefähr dreißig Meter breit; zu beiden Seiten der unterspülten Hänge standen kleine Anglerhütten zwischen Bäumen, die über das tabakfarbene Wasser ragten. In der starken Strömung schaukelten die Äste träge hin und her. Nach weiteren anderthalb Kilometern, hinter einer mit Schindeln verkleideten Baptistenkirche, drosselte er das Tempo und fuhr über eine Verbindungsstraße Richtung Westen. Kurz darauf bog er erneut links, auf eine Piste aus zwei sandigen Spurrillen ab und rollte im Schatten eines dichten Waldes einen Hügel hinunter, direkt auf den Fluss zu. Auf der einen
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