Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt
die »Himmelsgardinen« lösten sich auf. Sie wurden einfach vom Wind auseinander geweht. Die Fetzen irrten jedoch nicht ziellos umher wie eben die Lichtfäden; sie vereinigten sich zu einem Ring, der sich sehr schnell drehte und dabei in allen Regenbogenfarben schimmerte. Dann platzte der Ring auseinander und die beiden freien Enden fuhren wie die Kometen rechts und links zur Erde nieder. Zwei Strahlenbündel standen jetzt wie Säulen auf dem Horizont. Doch dann wuchsen sie in sanftem Bogen in den Himmel, wobei sie immer dünner wurden. Und als sie sich fast berührten, schrie Na-na:
»Seht! Seht doch bloß!«
Dort, wo sich die beiden Bogenhälften berühren wollten, strahlte jetzt ein neunzackiger Stern, und seine Spitzen wechselten die Farbe, genau wie die Himmelsvorhänge.
»D-d-das muss die berühmte ›Nordlichtkrone‹ sein!«, stotterte Na-na ganz aufgeregt. »Eine ›Nordlichtkrone‹ entsteht nur alle fünfzig Jahre einmal. Und selbst das ist nicht sicher. Ich selbst habe sie noch niemals gesehen. Na-na-tak und Na-na-tak-tak auch nicht. Nur Na-na-tak-tak-tak hat die Nordlichtkrone ein einziges Mal in seinem Leben gesehen und uns davon erzählt.«
Kaum hatte Na-na das letzte Wort gesprochen, da hob sich der Bogen etwas von der Erde ab. Die ganze riesige Lichtbrücke wurde fahlblau, dann zitronengelb und zuletzt blutrot. Und dann war sie vom Himmel verschwunden, als hätte sie irgendjemand einfach wie eine Lampe ausgeschaltet.
»So etwas Schönes kann nur eine Fee an den Himmel zaubern«, sagte das Eskimomädchen Nu-nu überzeugt.
»Ich weiß es nicht - wirklich nicht!«, meinte ihr Bruder.
»Auch ich finde keine Erklärung«, gab Tobbi zu. Nur der Roboter schaukelte unentschlossen mit seiner Antenne und brummte vor sich hin: »Wird wohl wieder mal mit der Elektrizität zusammenhängen. Klick! Wie so viele Dinge ...«
Aber ob das stimmte, wusste auch er nicht.
Am zweiten Tag machten sie um die Mittagszeit Rast. Es sollte die letzte Rast sein, denn zum Pol war es nun nicht mehr weit.
Tobbi und Na-na fütterten die Hunde mit einer Portion Trockenfisch. Dann bauten sie einen Schneemann. Nur so zum Spaß. Sie wollten gerade ihrem Schneemann einen Kopf aufsetzen, da begannen die Hunde zu heulen.
»Still!«, befahl Na-na. »Laika, kannst du nicht für Ordnung sorgen? Ihr habt doch wirklich genug zu essen ...« Er brach mitten im Satz ab und schrie entsetzt: »Da! Ein Eisbär! Wir sind verloren, wenn der hierher kommt!«
Der Eisbär war noch etwa fünfzig Meter entfernt und kam gemächlich auf das kleine Lager zugetrottet, wobei er alle paar Schritte stehen blieb und brummte. Eisbären können friedliche Absichten haben und nur neugierig sein. Sie können aber auch schlecht gelaunt und angriffslustig sein. Das hängt davon ab, ob ein Eisbär gut gefrühstückt hat oder nicht. Und das kann man leider nicht vorher feststellen.
Tobbi stand stocksteif neben dem Schneemann. Er wagte sich nicht zu rühren. Nu-nu begann bitterlich zu weinen.
Robbi legte schützend seinen Arm um sie und sagte tröstend: »Nicht weinen, kleine Eisfee. Robbi wird das schon in Ordnung bringen.« Und den beiden anderen rief er zu: »Bleibt da, wo ihr seid, und rührt euch nicht vom Fleck!«
Dann stolzierte er, ein eherner Ritter, langsam auf den Eisbären zu. Seine Antenne ragte kerzengerade in die Luft ohne auch nur um einen halben Millimeter zu schwanken.
Der Eisbär fand die Sache komisch. Er war gewohnt, dass man vor ihm weglief und ihm nicht entgegenkam. Er setzte sich rücklings in den Schnee, um sich den Fall zu überlegen. Dabei schaute er Robbi aus kleinen, tückischen Augen an und zwischendurch brummte er. Entweder war er ärgerlich oder hungrig. Wahrscheinlich beides.
Aber da der Roboter unbeirrt voranschritt, rückte der Eisbär auch wieder fünf Schritte vor und fuhr sich ein paar Mal mit der rosa Zunge über die spitze Schnauze. Wahrscheinlich war sein Hunger doch größer als sein Ärger.
Sechs Schritte vor dem Eisbären blieb Robbi stehen. Der weiße Koloss stellte sich drohend auf die Hinterbeine. Den drei anderen stockte der Atem, als sie das sahen.
Da!
Robbis Teleskoparm schoss unheimlich schnell heraus und beutelte den Bären kräftig am rechten Ohr.
Der Eisbär schaute ganz verdutzt; dann klapste er mit der Tatze zu. Aber Robbis Arm war schon nicht mehr da. So spielten sie eine Zeit lang Katze und Maus. Der kleine Roboter war die Maus und der Eisbär eine Riesenkatze, die mit den Pfoten zuschlug, doch
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