Roberts Schwester
Klimaanlage einstellen sollte, obwohl Robert es ihr Dutzende Male erklärt hatte. Aber in einer Stresssituation scherte man sich nicht um Technik. Und Isabell hatte in etwa meine Größe. Sie hätte die Spiegel nicht verstellen müssen. Und sie waren nicht verstellt. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, das zu behaupten. Wolbert dachte vermutlich ebenso wie ich an sie. Und es konnte nur einen Grund geben, dass sie sich mit meinem Wagen herumgeplagt hatte, obwohl ihr ein eigener zur Verfügung stand, der auf einem öffentlichen Rastplatz keine Spuren hinterließ! Nur einen einzigen Grund, das Risiko einzugehen mit einem Fahrzeug, das sie nicht beherrschte und das offensichtlich defekt war. Es sollte so aussehen, als hätte ich Robert getötet. Nur erschien mir das alles so sinnlos. Dass Isabell plötzlich bereit gewesen sein sollte, auf unser Geld zu verzichten, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Mochte sie noch so verrückt nach Fechner sein, sie hatte nicht all diese Monate umsonst investiert. Dass Robert ihr Vaters Testament verschwiegen hatte, glaubte ich auch nicht. Es war nicht seine Art gewesen, mit verdeckten Karten zu spielen und einem Menschen etwas vorzugaukeln. Er hatte mit meinen Warnungen auch allen Grund zu Offenheit gehabt, schon allein um sich zu beweisen, dass er um seiner selbst willen geliebt wurde. Nur die winzige Lebensversicherung, kein Pfennig vom großen Reichtum. Das konnte nicht sein. Ich musste irgendetwas übersehen haben. Nur konnte ich in dem Moment nicht darüber nachdenken. Ich hatte ein Vakuum im Kopf, nur eine einzige tröstliche Erkenntnis wirbelte plötzlich durch die Leere. Es war gar nicht Robert gewesen, der mir im ersten Morgengrauen noch einmal die Hand auf die Schulter legte und sich so abfällig äußerte. Es war wohl doch nur ein Traum gewesen, vielleicht eine Reaktion auf Piels Ansichten und das, was Serge und Olaf von mir dachten. Wir gingen noch zu Roberts Garage. Sie war groß genug für zwei Fahrzeuge. Isabells Renault war darin abgestellt. An der rechten Seitenwand waren einige Regalbretter angebracht. Aber darauf stand nichts, was nach einer Dose Motoröl aussah.
Wolbert steckte mit regloser Miene meinen Autoschlüssel ein.
«Wir schicken ein paar Kollegen her, die Ihren Wagen abholen», sagte er.
«Bis dahin tun Sie sich selbst einen Gefallen, Frau Bongartz, lassen Sie ihn stehen, wie er jetzt steht. Rühren Sie nichts an, verändern Sie nichts. Und verschließen Sie Ihre Garage, damit auch sonst niemand etwas tun kann.»
Das gab mir ein gutes Gefühl. Was er sagte, machte uns fast zu Verbündeten. Er wusste ebenso gut wie ich, dass nur ein Mensch Robert auf dem Gewissen haben konnte. Er konnte es nur noch nicht beweisen. Als Wolbert und sein Gehilfe abfuhren, sah ich Isabell an einem der oberen Fenster stehen. Ihr Anblick schob mich förmlich auf die Küche zu. Eins von den großen Fleischmessern nehmen, hinaufgehen, ihr makelloses Gesicht in Streifen schneiden und den letzten Schnitt quer durch ihre Kehle tun. Ich weiß nicht, wie ich zurück in mein Atelier kam. Ich weiß auch nicht, wie lange ich mit dem Meißel auf den Steinklotz in der Ecke einschlug. Irgendwann war mein Arm lahm und taub von der Anstrengung. Ich hatte immer noch das Bedürfnis hinaufzugehen. Nicht unbedingt mit einem Messer. Der Meißel reichte, um so lange auf sie einzuschlagen, bis ich aus ihr herausgeholt hatte, warum Robert sterben musste. Welchen Trick hatte sie gefunden, um die Klauseln in Vaters Testament außer Kraft zu setzen? Spekulierte sie darauf, dass es keine Bestimmung gab für den Fall, dass Robert und ich kinderlos blieben? Vater hatte diese Möglichkeit nicht in Betracht gezogen. Olaf hatte mir irgendwann einmal gesagt, dass Vater sich lustig gemacht habe.
«Ehe Mia zulässt, dass der Staat abkassiert, besinnt sie sich garantiert darauf, dass sie eine Frau ist. Und wenn sie sich künstlich befruchten lassen muss», soll er gesagt haben. Aber wenn ich nun auch noch starb, hatte Vater sich möglichweise völlig umsonst den Kopf zerbrochen. Wahrscheinlich trat eine gesetzliche Erbfolge in Kraft, ehe der Staat unser Vermögen kassieren durfte. Ein guter Rechtsanwalt konnte da gewiss einiges machen. Vielleicht reichte es schon, mich in die Psychiatrie einweisen und entmündigen zu lassen. Mir war übel. Am liebsten wäre ich hinausgegangen zur Garage, solange noch Zeit war. Ich hätte mich in meinen Wagen setzen und irgendwohin fahren können. Den
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