Roberts Schwester
Wasser mit ein paar Tropfen Wodka und ein Multivitaminpräparat gegen die rasenden Kopfschmerzen. Ach, verflucht, was sollte es denn! Es hatte doch gewirkt, die Kapseln ebenso wie die Drinks. Nur beim Wodka hatte ich das Wasser geschmeckt. Und irgendwie erleichterte mich das. Komplett irre konnte ich noch nicht sein. Vielleicht ging ich eines Tages als medizinisches Wunder in die Geschichte ein, als die Frau, die von Wasser und Fruchtsaft so besoffen wurde, dass sie einen Blackout hatte. Und die Kapseln, man sollte den Placebo- Effekt wirklich nicht unterschätzen, gewiss nicht, wenn es nur seelische Ursachen für die Schmerzen gab. Hatten sie das auch gewusst? Frau Schür musste informiert sein, sonst hätte ihr mein Wodka nicht in der Kehle gebrannt. Aber hatten sie es einkalkulieren können? Hatte Robert seiner kleinen Hexe das Geheimnis anvertraut? Vielleicht um schön Wetter für mich bitten wollen mit seinem Verrat und nicht begriffen, dass er damit sein Todesurteil unterzeichnete. Ich hatte ihn nicht getötet, ich nicht, ich hätte ihm niemals wehtun können. Und Horst Fechner war tot, seit vier Monaten schon. Und seit sechs Wochen hatte Isabell das Haus nicht mehr für längere Zeit verlassen. Sie hatte es also geschafft, konnte ihre roten Krallen auf sämtliche Aktienpakete legen und sie im Interesse ihres Kindes verwalten. Ich wusste einfach nicht mehr weiter. In mein Zimmer hinauf wagte ich mich nicht. Vielleicht wäre ich ihr auf der Galerie begegnet und hätte mir doch endlich ein Messer aus der Küche holen müssen. Sie sollte sterben, sie musste sterben, wenn ich es einigermaßen überleben wollte. Aber sie musste so sterben, dass Wolbert und seine Kollegen wie ausgemachte Trottel im Dunkeln tappten. Ich wollte nicht auch noch eingesperrt werden, nur weil ich eine Kakerlake zertreten hatte. Und jetzt waren zu viele Leute im Haus. In Roberts Arbeitszimmer saß noch der Finanzexperte. In der Küche hantierte Frau Schür mit Töpfen und Pfannen. Lucia hielt sich in der Bibliothek auf. Ich ging schließlich in den Wintergarten. Robert hatte sich so gerne darin aufgehalten, als Kind schon. Bei schlechtem Wetter hatten er und seine Freunde zwischen den Pflanzen gespielt, und ich hatte mich in eine Ecke gesetzt und ihnen zugeschaut. Ich wusste wirklich nicht mehr, was ich denken sollte. Es gab wohl so einen Punkt, an dem man nicht weiter wusste. Es war kein Zeichen von Schwäche, nur Zermürbung, Müdigkeit. Vorerst dachte ich nicht einmal im Traum daran, auf Piels Angebot einzugehen. Keine Hypnose. Wenn dieser Gartenzwerg sich einbildete, dass ich mich ihm völlig auslieferte, befand er sich im Irrtum. Ich setzte mich in die Ecke, und als ich die Augen schloss, sah ich Robert vor mir.
«Ich muss mir dir reden, Mia.»
Es war zwei oder drei Tage später gewesen, nachdem ich es abgelehnt hatte, mein Atelier für Jonas zu räumen, nachdem ich mich betrunken hatte und zu Serge geflüchtet war. Am späten Nachmittag kam Robert zu mir in den Wintergarten. Er brachte Kaffee und ein wenig Gebäck mit, setzte sich mir gegenüber und lächelte.
«Machen wir es uns gemütlich dabei.»
Und dann, hatte ich mich getäuscht, oder war da wirklich eine Spur von Sarkasmus in seiner Stimme gewesen:
«Es wird uns bestimmt niemand stören.»
Robert goss uns Kaffee ein, legte sich ein Kuchenstück auf seinen Teller. Er ließ sich Zeit, ehe er zur Sache kam.
«Ich möchte dich um einen Gefallen bitten, Mia. Ich weiß, dass ich dir eine Menge abverlange, aber tu es mir zuliebe.»
Ich dachte schon, er wolle mir erneut mein Atelier streitig machen. Doch es ging um ganz etwas anderes.
«Ich weiß, du bist nicht gut auf Jonas zu sprechen. Ich will da auch nicht weiter in dich dringen. Wenn du etwas gegen ihn hast, nehme ich an, du hast gute Gründe dafür. Könntest du dich trotzdem ein bisschen um ihn kümmern? Es geht mir im Prinzip nur darum, dass Isa …»
Als ich den Kopf schüttelte, brach er ab und presste kurz die Lippen aufeinander. Dann vollendete er seinen Satz.
«Dass Isa ein wenig entlastet wird. Dass sie ein bisschen Zeit für sich findet, verstehst du? Sie braucht etwas Ablenkung, vielleicht mal wieder einen Nachmittag in der Stadt. Es gefällt mir nicht, wie sie sich für Jonas aufreibt. Sie ist nicht so kräftig, ich befürchte, auf Dauer wird sie gesundheitlich Schaden nehmen. Sie hat in den letzten Tagen häufig darüber geklagt, dass sie sich sehr abgespannt fühlt.»
Er meinte wohl in den letzten
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