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Roberts Schwester

Roberts Schwester

Titel: Roberts Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Nächten, aber so deutlich wollte er nicht werden. Das musste er auch nicht.
    «Mia, das ist doch nicht zu viel verlangt», meinte er.
    «Wenn du Jonas nur ein oder zwei Stunden am Tag …»
    Als ich erneut den Kopf schüttelte, brach er endgültig ab.
    «Gut, vergiss es», sagte er.
    «Aber dann beantworte mir wenigstens eine Frage. Es ist eine indiskrete Frage, ich will trotzdem eine Antwort, Mia. Du warst in den ersten Tagen oft bei ihm. Du warst auch einmal nachts bei ihm. Ich weiß das von Isa. Hast du mit ihm geschlafen, Mia?»

    «Nein», sagte ich.
    «Wollte er mit dir schlafen?»

    «Nein», sagte ich. Robert starrte auf seinen Kuchenteller. Sekundenlang war es still zwischen uns. Dann fragte er:
    «Meinst du denn, er wäre noch in der Lage, mit einer Frau zu schlafen? Ich sprach dieser Tage mit Mama darüber, sie hielt es für durchaus möglich. Und er ist noch sehr jung. Er vermisst es wahrscheinlich.»

    «Was willst du von mir?», fragte ich.
    «Soll ich zu diesem Kerl ins Bett steigen und ihm einen schönen Nachmittag machen, damit deine Frau sich währenddessen anderweitig amüsieren kann?»

    «Unsinn, Mia!»
    Er wurde heftig.
    «Ich dachte nur, dir sei in dieser Hinsicht vielleicht etwas aufgefallen.»

    «Warum fragst du nicht Isa, ob er noch kann oder nicht? Sie zieht ihm die Hosen an und aus. Sie schiebt ihn ins Bad und wäscht ihm den Hintern. Wenn sich bei ihm noch etwas rührt, dürfte sie das inzwischen längst bemerkt haben.»
    Robert nickte versonnen und stieß die Luft aus.
    «Isa möchte ich das nicht fragen.»
    Dann schaute er mir endlich wieder ins Gesicht.
    «Ich habe ihr noch einmal vorgeschlagen, eine Fachkraft zu ihrer Entlastung einzustellen. So hilflos ist er ja nicht. Es müsste reichen, wenn jemand für ein paar Stunden am Tag käme. Morgens und abends, nur um ihm aus dem Bett in den Rollstuhl zu helfen. Aber Isa ist dagegen. Ich begreife das nicht. Andererseits frage ich mich, wie wir beide uns verhalten würden, wenn ich im Rollstuhl säße und keine Aussicht mehr auf ein normales Leben hätte. Was würdest du für mich tun, Mia?»
    Darauf musste ich ihm nicht antworten. Wir wussten beide, dass ich in solch einem Fall für ihn da gewesen wäre. In jeder Hinsicht. Aber seine Bitte hatte ich ihm abgeschlagen. Es half ihm nicht mehr, wenn ich mich jetzt in Selbstvorwürfen erging. Ich konnte mich nur noch fragen, warum er mich überhaupt darum gebeten hatte, wo er doch wusste, wie ich zu Jonas stand. Und er hatte nicht nur mich gefragt, auch Lucia, als er sie um einen Besuch bat. Einen Menschen, der seine fünf Sinne beisammen hatte, eine ehemalige Krankenpflegerin.
    «Es geht etwas vor im Haus. Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll, Mama.»
    Welch ein fürchterlicher Verdacht hatte ihn gequält, dass er einen Spion auf Jonas ansetzen wollte? Genau das war es doch. Am Ende war es genau so, wie ich es Lucia gegenüber bereits angedeutet hatte. Wenn es nur um Isabells Entlastung gegangen wäre, hätte Robert mich nicht gefragt, ob ich mit Jonas geschlafen hatte. Und er hatte mich das nicht gefragt, um zu erfahren, worin sich die Spannungen zwischen Jonas und mir begründeten. So indiskret wäre er nie gewesen. Er hatte es mich nur aus einem einzigen Grund gefragt, da war ich mir ganz sicher. Um zu erfahren, ob die Möglichkeit bestand, dass Isabell mit ihrem eigenen Bruder schlief. Im gleichen Augenblick, als mir das klar wurde, zog sich mir die Kehle zusammen. Horst Fechner war zwei Monate tot, und der Einzug von Jonas hatte verhindert, dass Isabell sich draußen nach einem Ersatz umschauen konnte. Da hatte sie sich an ihrem Bruder schadlos gehalten. Vielleicht von der ersten Nacht an. Warum sonst hatten sie das Zimmer abgeschlossen? Jetzt begriff ich auch, warum er mich abgewiesen hatte. Mit Isabell konnte ich natürlich nicht konkurrieren. Das wäre ein Thema für den Donnerstag, dachte ich flüchtig, ein gefundenes Fressen für Piel. Am Ende erklärte er mir dann, dass ich meine geheimsten Wünsche und Sehnsüchte auf andere projizierte. Piel sollte mir den Buckel herunterrutschen. Irgendwann kam Lucia in den Wintergarten, sah mich in der Ecke sitzen und reagierte erstaunt, vielleicht sogar argwöhnisch.
    «Hier bist du, ich habe schon nach dir gesucht. Du verkriechst dich, als ob du ein schlechtes Gewissen hast, Mia.»
    Dann fragte sie mich nach meinem Wagen, stellte auch gleich fest, dass er nicht zur Reparatur in einer Werkstatt war, sondern von der Polizei beschlagnahmt.

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