Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt
Mund, um eine Warnung auszustoßen, aber es war bereits zu spät. Der tote Hausmeister gönnte sich einen kräftigen Biss aus der Schulter des Aufsehers.
Der Aufseher kreischte.
Der Finger am Abzug krümmte sich im Reflex.
Der Knall schallte unglaublich laut durch den kleinen Pausenraum.
Ein weiterer Schrei erklang und ein Körper fiel zu Boden.
13: Blutregen
(Raining Blood; Slayer, 1986)
Etwas ging hier vor sich. Etwas stimmte ganz und gar nicht.
Das war bereits offensichtlich, als der Cadillac die Straße zum Pförtnerhaus hinaufrollte. Das sogenannte Haus war in Wirklichkeit nur eine kleine Bretterbude mit gerade mal hüfthohen Fenstern auf beiden Seiten. Als »Schranke« diente eine primitive Holzplanke, die an einer Haltestange am rückwärtigen Ende der Baracke fixiert war. Das Umlegen eines Schalters sorgte dafür, dass sie sich hob oder senkte. Wayne hatte sich die ganze Sache wesentlich aufwendiger vorgestellt. Zumindest mal ein Metalltor und vielleicht noch einen hohen Maschendrahtzaun mit Stacheldraht am oberen Ende, der das Gelände hermetisch abschottete. Bewaffnete Wachen, die mit Gewehren an der Absperrung patrouillierten. Geifernde Kampfhunde, die an ihren robusten Leinen zerrten.
Aber die zurückhaltenden Sicherheitsvorkehrungen ergaben einen Sinn, wenn er genauer darüber nachdachte. Die MUSI war kein Staatsgefängnis. Vielmehr handelte es sich um eine Art alternative Bildungseinrichtung, wenngleich sie eine heimtückische Doktrin des blinden Konformitätsglaubens predigte. Die meisten ihrer »Studenten« waren zwar nicht aus freien Stücken hier, aber sie waren auch keine Gefangenen. Nicht wirklich.
Das war zumindest die offizielle Lesart.
Doch hinter der freundlichen Fassade lauerte eine hässliche Wahrheit. Wayne hoffte, dass die Öffentlichkeit eines Tages erkennen würde, welche abscheulichen Dinge hier vor sich gingen.
Der Wachmann, der im Pförtnerhaus die Stellung hielt, stand halb im Inneren der Baracke und halb im Freien. Er plapperte in sein Walkie-Talkie. Er kam auf das Fahrzeug zu und gebot ihnen mit einer Handbewegung, sich einen Moment zu gedulden. Mark Cheney antwortete mit einem Nicken und einem grüßenden Winken, während sich der Wächter wieder vom Cadillac entfernte, an der Schranke innehielt und auf das Hauptgebäude der MUSI starrte, dabei weiterhin auf sein Sprechfunkgerät einredete.
Wayne runzelte die Stirn.
Der Mann gestikulierte wild mit seiner freien Hand und verzog mehrfach das Gesicht, während er dem von statischem Rauschen durchzogenen Quäken aus dem Walkie-Talkie lauschte. Einmal warf er kurz einen Blick über seine Schulter auf den Cadillac. Er zögerte kurz, schüttelte dann den Kopf und sprach wieder in das Funkgerät. Wayne wünschte sich in diesem Moment, er könnte Lippen lesen. Der Kerl hatte Angst und wirkte gestresst. Was war der Grund?
Wayne trat gegen den Sitz vor ihm. »Hey, Cheney. Was ist da los?«
»Ich ... weiß es nicht. Das ist ... ungewöhnlich. Irgendetwas stimmt nicht.«
Steve schnaubte. »Ach wirklich? Ich würde mal sagen, so ziemlich alles an diesem Scheißhaus stimmt nicht.«
Cheney widersprach ihm. »Wir leisten hier gute Arbeit.«
Es klang mechanisch. Wie etwas, das er immer sagte, wenn ein Außenstehender die Arbeit der Anstalt kritisierte. Vielleicht irrte er sich, aber in Waynes Ohren schwang in den Worten nicht die eindeutige, felsenfeste Überzeugung eines wahrhaft Gläubigen mit. Der Eindruck passte zu seinem Glauben, dass es sich bei diesen Leuten um wenig mehr als eine Art moderner Goldgräber handelte. Opportunisten, die eine Marktlücke aufgetan hatten und die Angst von Eltern mit störrischen Kindern gnadenlos ausnutzten.
Elende Blutsauger, die am Arsch der Gesellschaft klebten.
Steve starrte Cheney finster an. »Red nicht so eine Scheiße. Ihr seid Big Brother. Das ist wie Orwells 1984 mit drei Jahren Verspätung. Die Wiedergeburt des verfickten Dritten Reichs. Ihr gedankenkontrollierenden Hurensöhne könnt mich mal kreuzweise.«
Wayne wollte gerade an seinen Freund appellieren, verbal mal einen Gang runterzuschalten, aber es war schon zu spät – sein Wutausbruch hatte die Aufmerksamkeit des Wachmanns auf sich gezogen, der sich nun vollends zu ihnen umwandte und missbilligend die eindringlichen Handbewegungen beobachtete, die sich Steve bei seiner kleinen Ansprache nicht verkneifen konnte. Er sprach noch einmal in sein Walkie-Talkie, dann ließ er die Hand herabsinken und näherte sich dem
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