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Rockoholic

Rockoholic

Titel: Rockoholic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Skuse
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machen.«
    Er legt die Stirn in Falten und atmet lange aus, als müsste er einen Canyon zwischen uns ausfüllen. »Vermutlich hab ich gedacht, du wärst ein Laufbursche. Ich bin’s gewohnt, sie herumzukommandieren. Grohman stellt sie ein, damit sie uns von vorne bis hinten bedienen. Bevor du sagen kannst, dass du Durst hast, steht schon der Latte vor dir, so in der Art.«
    Â»Bingo!«, sage ich. »Das wär genau das Richtige für mich.«
    Er kratzt sich am Kinn und ich höre, wie seine Nägel über die Stoppeln schaben. »Das ist alles Geschichte. In den Van einsteigen und zu Gigs fahren, so wie wir es ganz am Anfang gemacht haben, damals, als der Artikel geschrieben worden ist. Das ist Musik. Das war Spaß. Als wir Kids waren, die durchstarteten. Alles war so aufregend. Jetzt dreht sich alles um Bühnenoutfits und Verkaufszahlen und Bodyguards und was die Plattenfirma will. Vermutlich ende ich mal in irgendeinem Dschungelcamp und muss Krokodilpenisse fressen …«
    Ich gluckse leise. »Du hast Erfolg, Geld. Millionen von Frauen himmeln dich an.«
    Er sieht zu mir hoch. »Warum? Ich mein, jetzt mal im Ernst, was liebt ihr alle dermaßen an mir?«
    Ich zucke mit den Achseln, suche vergebens nach Worten. In meinem Hirn wurde soeben alles gelöscht, was es jemals gelernt hat. Mir fällt rein gar nichts ein, was ich sagen könnte. Schließlich schießt es mir in den Kopf. »Du bist unser Held. Wir lieben, dass du bist wie wir … ein Außenseiter. Du bist wie der viereckige Haken, der nicht in das runde Loch in der Wand passt.«
    Â»Ich bin wie du?« Er lächelt. »Du hast mich ja jetzt kennengelernt. Meinst du noch immer, ich wäre wie du?«
    Â»Ja. Du sprichst in deinen Texten davon. Davon, dass du in einer Welt lebst, in der dich niemand versteht. Davon, dass du allein bist. Und wir mögen beide Kunst. Und Bücher. Stephen King und solche Sachen. Unsere Eltern sind beide geschieden …«
    Â»Ich bin bloß ein Mensch. Ich bin kein Held, Jody. Mein Image ist kreiert. Das weißt du doch hoffentlich? Ich will jetzt nicht so von oben herab rüberkommen, aber du hast mich auf dieser DVD gesehen, nicht? Wie ich über die Scheidung meiner Eltern gesprochen habe. Über den Tod meines Vaters. Dass ich im Tourbus Bücher lese? Vermutlich bist du gleich losmarschiert und hast genau diese Bücher gekauft, was?«
    Â»Ja, und sie haben mir gefallen. Na ja, die von Stephen King haben mir gefallen. Zum größten Teil. Mit den Gedichten konnte ich nicht so viel anfangen. Aber wir haben viele Gemeinsamkeiten. Meine Eltern haben sich auch getrennt.«
    Jackson lacht. »Ja? Hat dein Vater mit Nutten geschlafen? Hat er deiner Mutter Syphilis angehängt? Hat deine Mutter auf deinen Vater aus nächster Nähe geschossen? Sah so das Ende deiner Familie aus? Was für ein Zufall.«
    Ich schüttele den Kopf. »Nein. Mein Vater ist ein Zocker. Mum hat ihn rausgeworfen und ist dann mit uns bei Opa eingezogen.«
    Er lehnt sich zu mir nach vorne. »Meine Mutter hat mich rausgeworfen und sich dann Heroin ins Haus geholt. Hat deine Mum auch gedrückt?«
    Ich runzele die Stirn. »Nein, natürlich nicht.«
    Â»Lege dein Leben nicht in die Hände einer Rock-’n’-Roll Band, Jody. Wir werfen es einfach weg«, sagt er mit selbstzufriedener Miene, als hätte er sich gerade vorm Publikum verbeugt und die Bühne verlassen. Fuck you, everybody, good night.
    Ich lache, obwohl ich nicht genau weiß, warum. Aber ich kenn den Spruch von irgendwoher. Vielleicht aus einem seiner Songtexte? Nein, keiner von ihm. Oasis. »Ein paar Leute magst du aber bestimmt.«
    Â»Nicht wirklich. Ich lasse niemanden an mich ran, wenn sich’s vermeiden lässt. Liegt an der mangelnden Vertrauenswürdigkeit der meisten Menschen, schätze ich mal.«
    Der Himmel draußen vor dem Fenster ist jetzt stockdunkel. Die einzige Nachttischleuchte, die ich für ihn auftreiben konnte, war Halleys alte Einschlaflampe und ich ziehe sie für ihn auf. Sie lässt ihre mond- und sternenförmigen Strahlen durch die ganze Garage tanzen und dazu ertönt blechernd ein leises Schlaflied.
    Er betrachtet das Lichtspiel mit zusammengekniffenen Augen, dann schaut er mich an. »Du siehst enttäuscht aus«, sagt er.
    Â»Ach was, bin ich nicht«, sage ich und überlege krampfhaft, was ich als Nächstes

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