Roemisches Roulette
warmes Licht den Raum erfüllte. In der Küche kramte ich einen silbernen Eimer aus dem Unterschrank der Kochinsel hervor, füllte ihn mit Eis und stellte die Champagnerflasche hinein.
Danach schlurfte ich die Treppe hinauf zum Schlafzimmer. Die Sporttasche warf ich aufs Bett. Ich zog Hose, T-Shirt und Sport-BH aus. Die Uhr zeigte viertel vor sieben. Genug Zeit also für eine schnelle Dusche.
Ich schaltete das Badezimmerlicht ein und schrie.
Kit. Auf dem Toilettendeckel saß Kit. Sie sah mich eigenartig an; so als wäre mein Schrei nicht bis zu ihr durchgedrungen.
“Herrje, Kit!”, fuhr ich sie an. “Was machst du hier?” Mein Herz hämmerte. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust, als würde das etwas helfen.
Sie taxierte meinen nackten Körper. “Du siehst nicht schwanger aus.”
Ich sah an mir herunter, dann zurück zu ihr. Ich griff nach einem Handtuch in Reichweite und wickelte mich darin ein. “Was zum Teufel machst du hier?”, wiederholte ich meine Frage.
Sie blickte zu dem Gegenstand in ihren Händen. Ein Stift, dachte ich zunächst. Dann sah ich, dass er rosa und kürzer war und erst im nächsten Moment erkannte ich es: Es war der Schwangerschaftstest, den ich am Morgen gemacht hatte – ein Stäbchen, auf das ich uriniert und das mir schnell verraten hatte, dass ich nicht schwanger war.
“Tja, da müsst ihr wohl noch ein bisschen üben”, sagte sie mit gespieltem Mitgefühl. “Kein Baby für euch.”
Ich holte tief Luft. “Wie bist du hier reingekommen?”
“Du hast mir die Schlüssel gegeben, als ich im Frühjahr auf euer Haus aufgepasst habe. Vor unserer Rom-Reise. Erinnerst du dich?”
Ich schwieg. Ein kleiner Teil von mir wollte sie in den Arm nehmen und fragen:
Süße, was ist denn los mit dir? Warum machst du das?
Doch der größere, vernünftige Teil begann zu überlegen, wie schnell ich unten wäre und Mantel und Schuhe angezogen hätte. Ich verspürte einen überwältigenden Drang, vor der Frau wegzulaufen, der ich einst mein Haus und meine Geheimnisse anvertraut hatte.
“Nicht, dass es schwierig wäre einzubrechen”, fuhr Kit fort. “Sieh dir doch nur mal die Wohnzimmerfenster an.” Sie gab einen spöttischen Laut von sich. “Jeder könnte sie mit einem Brecheisen aufstemmen und ins Haus klettern. Dagegen solltet ihr unbedingt etwas tun.”
“Danke für den Tipp.”
“Gerne.” Sie schlug die Beine übereinander. Mit ihren Jeans und den hellblauen Sandalen sah sie aus wie eine ganz normale Frau. Jemand, dem man auf der Straße begegnete.
Aber die Art, wie sie dem Schwangerschaftstest herumspielte, ihn überall anfasste und mir dabei in die Augen sah, war alles andere als normal.
“Lass das, Kit”, forderte ich sie auf und griff nach dem Teststreifen.
Mit einer schnellen Bewegung zog sie ihn weg – als wäre er kostbares Juwel. “Ich mache, was ich will.” Sie sah auf ihre Armbanduhr, so als wäre die Situation völlig normal. “Wo ist Nick?”
Nick, dachte ich. Oh Gott, er würde jede Minute nach Hause kommen.
“Weiß nicht genau”, bemerkte ich und versuchte locker zu klingen. Offenbar gelang es mir nicht.
Kit grinste fies. “Was hältst du davon, wenn ich auf ihn warte? Es würde ihn sicher brennend interessieren, dass seine Frau, die zukünftige Mutter seiner Kinder, mit jedem dahergelaufenen Italiener herumvögelt.”
“Wir hatten eine Abmachung, Kit. Du hast versprochen, dass es mit den dreißigtausend vorbei wäre.”
“Ich habe dich doch gar nicht um Geld gebeten, oder?”
“Was willst du denn dann?”
Sie lächelte und zuckte die Achseln.
“Warum tust du mir das an?”
“Ach Rachel.” Ihre Stimme war jetzt tief und ruhig, beängstigend ruhig. “Das hast du dir alles selbst zuzuschreiben.”
Sie stand auf, den Schwangerschaftstest hielt sie fest umklammert in einer Hand. Dann machte sie einen Schritt auf mich zu. Ich zwang mich nicht zurückzuweichen, nicht wegzurennen. Noch ein Schritt. Mit den Sandalen war sie um einige Zentimeter größer als ich, die ich barfuß vor ihr stand. Ihre violetten Augen blickten auf mich herab. Wie ein Wissenschaftler, der ein interessantes Versuchsobjekt betrachtet, wiegte sie den Kopf hin und her. Ihr Parfum nahm mir den Atem – ein stechender Zimtgeruch.
“Bis bald”, sagte sie. “Sehr bald.”
Dann drängte sie sich an mir vorbei und rannte die Holztreppe hinunter. Ich hörte, wie sich die Haustür öffnete und wieder schloss. Eine Furcht erregende Stille blieb zurück. Ich atmete
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