Roland Hassel - 07 - Wiedergänger
bald stattfinden. Gibt es wirklich nichts, was du uns vielleicht vorher noch erzählen möchtest? Im Hinblick darauf, was wir finden könnten …«
Das war eine unerwartete Nachricht für sie, und sie funkelte Simon an. Ihre Augen sagten: Ich will dich verbrennen, deine Asche zusammenfegen, begraben und an deinem Grab lustige Weisen singen.
»Es werden also Bullensäue in meinem Privatleben rumschnüffeln? Mit ihren dreckigen Pfoten in meinen Sachen herumwühlen?«
»Ich weiß nicht, ob Schweine Pfoten haben, aber im großen und ganzen wird genau das passieren. Wir verdächtigen dich, an einem schweren Verbrechen beteiligt gewesen zu sein, und deshalb ist dein Privatleben sehr interessant für uns. Na? Hast du uns etwas zu erzählen?«
Sie drückte die Zigarette aus. Ihre langen, rotlackierten Fingernägel bohrten sich in die Kippe, als wäre sie der Hals eines Polizisten.
»Es war so, wie ich gesagt habe«, antwortete sie. »Ich hatte mich in Hassel, den ekligen Bullen, verknallt.«
»Du wurdest von einem Mann gerettet, der in der Hotelhalle gewartet hatte. Er schlug Hassel nieder. Wie ist sein Name?«
»Ich weiß nicht.«
»Wie, du weißt nicht? Stellt man sich denn nicht höflichkeitshalber vor, bevor man mit einer nackten Dame in einem Auto flüchtet?«
»Er sah, wie Hassel mich behandelte, und wurde wütend.«
»Wohin hat er dich gefahren?«
»Zu mir nach Hause. Er lieh mir sein Jackett, so daß ich aussteigen konnte. Das warf ich ihm dann aus dem Fenster wieder zu. Er war nett, aber das war alles.«
Simon nickte mitfühlend, fragte nun aber etwas schärfer: »Das stimmt doch gar nicht, Inger. Deine Tasche mit den Schlüsseln war im Hotel geblieben. Wie bist du denn in deine Wohnung gelangt?«
Sie brauchte eine weitere Zigarette, um nachzudenken und sich eine Antwort zurechtzulegen. Gemeinsam warteten wir auf eine neue nette kleine Lüge.
»jemand hat mir aufgemacht.«
»Ein Mann?«
»Du wirst es nicht glauben, es war wirklich ein Mann!«
»Darf man nach seinem Namen fragen?«
»Geh mir nicht auf den Geist! Das ist Privatsache.«
»Was hat er denn gesagt, als du, lediglich mit dem Jackett eines anderen Mannes bekleidet, aufgetaucht bist?«
»Das geht dich gar nichts an!«
»Doch. Dir ist doch wohl klar, daß wir glauben, oder besser gesagt, überzeugt davon sind, daß deine Aufgabe darin bestand, Hassel zu verführen, um gewisse Informationen von ihm zu bekommen. Wir wollen den Mann haben. Also, wie heißt er, wer ist er?«
»Äh! Ich will mit meinem Anwalt sprechen.«
»Aber natürlich! Das ist dein demokratisches Recht. Wir leben schließlich in einem kleinen, feinen, demokratischen Land. Kriminalinspektor Kreuger wird sich darum kümmern. Gib ihm nur den Namen und die Telefonnummer.«
Sie konnte ein triumphierendes Lächeln nicht unterdrücken. Sie gehörte zu denen, die glauben, Rechtsanwälte seien Zauberer, die nur Hokuspokus zu sagen brauchen, und schon öffnen sich die Tore, und man bekommt noch eine satte Entschädigung. Sie hatte beschlossen zu schweigen, bis der Rechtsverdreher eintreffen würde, und ich bekam Lust, auch ein bißchen mitzuspielen.
»O du verehrungswürdige, begnadete Künstlerin, kannst du uns nicht eine Probe deines Könnens liefern? Singen und tanzen hier im kleinen, privaten Kreise?«
»Verdammtes Schwein!«
»Bitte, bitte! Meinetwegen. Deine heftige Leidenschaft für mich kann doch nicht ganz erloschen sein. Zeig uns, was du kannst!«
Die roten Fingernägel kreisten durch die Luft, bereit, sich in meine Haut zu bohren.
»Wir bezahlen auch. Jeder einen blanken Fünfer. Wir verbuchen das Geld unter Einkauf von Durchschlagpapier.«
»Arschlöcher!«
»Wenn deine Kunst es erfordert, nackt zu tanzen, dann ist das okay. Wir haben keine Vorbehalte. Kunst ist Kunst. Du kannst deine Klamotten da hinten über den Schreibtisch hängen, und dann leg los mit deinem freien Programm!«
»Ich hau dir eine runter!«
»Wenn du deine anspruchsvollen Chansons nicht a capella singen kannst, helfen wir dir aus. Auch als musikalische Begleiter deiner Tanznummern! Palm hier kann prima eine Klarinette nachmachen. Kreuger imitiert überzeugend ein Piano, besonders die schwarzen Tasten. Ich selbst drücke mir die Finger in die Rippen, und schon ertönt liebliches Akkordeonspiel. Was sollen wir spielen? Den ›Flohwalzer‹ oder ›Drei kleine Schweine‹? Das wäre doch ein passendes Lied.«
Sie sprang auf und holte zu einem rechten Haken aus, aber wie jeder Mann hatte auch
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