Rolf Torring 083 - Der rosa Diamant
uns ernstlich gefährden können. Jetzt heißt es aufpassen: Helfer der vier geheimnisvollen Männer sind bestimmt hier in der Nähe. Sie werden versuchen, uns am Weiterkommen zu hindern."
Rolf hatte ganz leise gesprochen. Wir bemühten uns, den Sampan möglichst geräuschlos auf Land zu bugsieren. Glücklicherweise fehlte hier das Bambusgebüsch, das uns bisher auf beiden Seiten begleitet hatte. Wenn es künstlich entfernt war, mußte eine Ansiedlung in der Nähe sein. Sampans lagen allerdings nicht am Ufer, und mitten in der Nacht würden die Inder kaum auf Fischfang gezogen sein.
Während ich das bedachte, meinte Rolf leise:
„Vielleicht haben sie die Sampans an einen anderen Platz gefahren, damit die Krokodilfalle besser wirken sollte. Das Bambusdickicht auf die lange Strecke hin ist künstlich entfernt worden, wie du an den kurzen Stoppeln sehen kannst Also muß landeinwärts ein Dorf liegen. Die Macht der Brahmanen wird hier noch stärker sein als in dem Dorf Sankas, das so weit entfernt liegt!"
Pongo hatte den Bug des Sampans gepackt und ging uns voran. Argwöhnisch blickte er umher. An der geneigten Haltung seines Kopfes erkannte ich, daß er scharf auf ein verdächtiges Geräusch lauschte.
Ich wurde dadurch etwas sicherer, denn Rolfs Äußerung, die mir die Größe der Gefahr, in der wir schwebten, deutlich vor Augen führte, hatte meinen Verdacht bestätigt
Ich ließ deshalb die verstreuten Büsche, die sich in etwa vierzig Meter Entfernung hinzogen, nicht aus dem Auge. Der Mond warf so scharfe, schwarze Schatten, daß es mir oft vorkam, als kauere ein Mensch im Schutze eines Busches, an dem wir gerade entlang schritten.
Pongo machte halt. Wir hatten eben eine dichte Buschgruppe hinter uns gelassen, da tat sich eine mäßig große Lichtung vor uns auf, auf der eine einzelne Bambushütte stand.
Das allein hätte den Riesen wohl nicht veranlaßt, stehenzubleiben. Aber aus der Hütte trat im gleichen Augenblick eine hochgewachsene Gestalt heraus, die ein langes, weißes Gewand trug.
Der lange Bart des Inders schimmerte silbern im Mondschein. Ich hielt ihn für den Dorfältesten der versteckt liegenden Ansiedlung. Von ihm würde es abhängen, ob wir unbehelligt weiterkämen.
Aus Gründen der Vorsicht hatte ich sofort meine Pistole gezogen. Als ich mich rasch nach Rolf, der am Heck des Fahrzeuges ging, umschaute, sah ich, daß er ebenfalls die Waffe in der Hand hielt.
Der alte Inder tat, als ob er uns gar nicht sähe. Seine Bewegungen schienen unsicher zu sein. Als er sich an der Wand der Hütte entlang tastete, hatte ich den Eindruck, daß der alte Mann blind sei.
Im gleichen Augenblick flüsterte Rolf:
„Er ist blind. Also ist er ungefährlich für uns. Vorwärts!"
Als wir weiter schritten, schien es so, als ob uns der Inder mit einem durch die Blindheit besonders geschärften Gehör doch wahrnähme. Er blieb stehen, wandte sich ruckartig zu uns um und rief:
„Wer ist da?"
„Er spricht Englisch," raunte Rolf sofort "Das ist verdächtig. Ruhig weitergehen!"
Im Weitergehen ließen wir den Inder nicht aus den Augen. Wir sollten uns verrechnet haben, wenn wir glaubten, daß wir unangefochten durchkämen. Der Greis ging rasch an den Eingang der Hütte zurück, öffnete die Tür und rief leise ein paar Worte hinein.
Da glitt ein großer Tiger heraus, den der Inder an einem breiten Halsband packte. Die Raubkatze witterte uns sofort, obwohl wir durch einen niedrigen Busch gerade etwas Deckung hatten, und stieß ein ärgerliches Schnarren aus. Pongo hatte Mahas Leine sofort kurz genommen, denn der Gepard fauchte ebenfalls, als er den riesigen Feind sah.
„Wer ist dort?" rief der Inder noch einmal. „Ich lasse den Tiger los, wenn keine Antwort erfolgt."
„Harmlose Reisende sind hier," sagte Rolf. „Wir wollen nach Kotah. Der Fluß ist durch Krokodile gesperrt. Deshalb tragen wir unseren Sampan eine kleine Strecke über Land."
„Haben Sie ein Tier bei sich?" fragte der Alte. „Mein Tiger benimmt sich so eigenartig."
„Ja, wir haben einen zahmen Geparden," antwortete Rolf wahrheitsgemäß.
Ich ärgerte mich im stillen über den Gehorsam, mit dem er jede Frage des alten Inders beantwortete. Ich hatte bereits meine Mauserbüchse von der Schulter genommen und war in Anschlag gegangen. Der Tiger war nur fünfzig Meter von uns entfernt. Auf die Entfernung
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