Rolf Torring 110 - Der Herr von Pomaran
John meldete, daß er den Professor und den Weißen gesehen hätte, sie seien aus der Höhle herausgekommen und hätten einen schmalen Pfad betreten, der zur Höhe emporführte. Unsere Flucht schienen sie noch immer nicht bemerkt zu haben.
„Wir werden den Professor später in seinem Arbeitszimmer besuchen," schlug Rolf vor. „Erst müssen wir noch seinen Begleiter außer Gefecht setzen. Pongo, wie wärs? Willst du hinüber, falls die beiden Männer sich trennen sollten?"
Selbstverständlich nickte Pongo und begab sich sogleich an Deck, um zur rechten Zeit an Land zu gehen.
Die Gefangenen hatten uns ängstlich angesehen. Deshalb sagte Rolf zu Trolla, der gut Englisch verstand:
„Ihr braucht keine Angst zu haben. Wir lassen euch frei, wenn ihr uns sagt, was der Professor und ihr auf der Insel treibt."
„Trolla alles genau sagen, Tuan! Trolla nicht weiß, was der ,Herr von Pomaran' auf der Insel sucht. Wir graben in den Höhlengängen, und wenn wir alte Knochen finden, so große Knochen, freut sich der weiße Mann sehr."
Rolf mußte lachen. Also traf es zu, daß Professor Thomson nach Knochen von Sauriern oder anderen ausgestorbenen Tieren suchte. Die Erscheinung des ,Todes" mimte er nur, um unbefugten Besuch zu verscheuchen. Leider war dadurch ein Schiff untergegangen, aber Thomson trug daran nur insofern eine Schuld, als er den Kapitän durch seine Todeserscheinung ängstlich gemacht hatte.
„Wo ist denn Maha?" fragte ich jetzt Trolla. „Pongo hat ihn bisher nicht finden können. Hat der ,Herr von Pomaran' den Geparden getötet?"
Rolf antwortete:
„Das glaube ich nicht, Hans. Vielleicht ist Maha noch auf der anderen Insel. Wir wollen erst mal schauen, was Pongo unternimmt."
Wir ließen Li Tan bei den Gefangenen und gingen an Deck zurück, zeigten uns aber nicht offen, sondern beobachteten aus guter Deckung die Insel. Eben verschwand der Professor wieder in der Höhle.
„Jetzt wird Pongo bald mit dem anderen Weißen auftauchen," lächelte Rolf.
Kaum hatte mein Freund den Satz ausgesprochen, sahen wir Pongo schon angelaufen kommen. Er brachte tatsächlich den großen Weißen mit, den er wie einen Sack über der Schulter trug. Vorsichtig legte er ihn an Deck vor uns nieder. Der Weiße war schon gefesselt, aber noch ohne Besinnung. Wir ließen ihn in unsere Kabine hinunter tragen, wo er bald wieder zu sich kam. Als er uns sah, wollte er hochspringen, aber Rolf drückte ihn auf den Sessel, auf den Pongo ihn gesetzt hatte, zurück.
„Sie brauchen weder Angst vor uns zu haben noch sich irgendwie in Ihren Äußerungen zurückzuhalten. Wir wissen schon über alles Bescheid," sagte Rolf freundlich. „Außerdem gedenken wir nicht, Ihren Professor in seinen Forschungen zu stören. Er muß sich nur verpflichten, den Mummenschanz aufzugeben, den er als ,Tod' treibt, da sein ,Tod' schon einem Schiff das Leben gekostet hat; der Kapitän war durch die Erzählungen seiner Matrosen zu ängstlich geworden, wagte sich nicht mehr ins offene Meer hinaus, fuhr in Küstennähe und scheiterte auf einem Riff. Im übrigen haben Sie auf der anderen Insel schon etwas entdeckt, das zu entdecken sich gelohnt hat?"
Der Mann war so verblüfft, daß er nur nickte. Plötzlich aber flammten seine Augen in Begeisterung auf:
„Ja, heute nacht ist es gelungen, das zu entdecken, wonach wir so lange gesucht und geforscht hatten. Ich bin Professor Thomsons Diener und schon viele Jahre lang bei ihm. Ich habe alle Reisen mit ihm gemeinsam gemacht und bin selbst von seinem Forscherfieber angesteckt, obwohl ich nicht studiert habe. Mein Herr ist im Grunde sehr gutmütig; die Maskerade hatte ich ihm vorgeschlagen, weil wir hier auf den beiden kleinen Inseln ungestört bleiben wollten. Der ,Tod' hat seine Schuldigkeit getan."
„Und warum habt ihr uns in die Höhle der Skorpionen gesperrt?" begehrte Balling auf.
„Es handelt sich nicht um giftige Skorpione. Die Tiere stechen höchst selten. Dann schwillt die Stelle auf der Haut zwar vorübergehend an, aber das hat nichts zu bedeuten. Am nächsten Tag ist alles wieder in schönster Ordnung. Wir wollten ja von Ihnen nur das Versprechen, daß Sie so lange auf der Insel bleiben, bis Herr Thomson, mein Herr, sein Werk vollendet hat."
„Und Trolla?" fragte Rolf unvermittelt. „In der Matrosenschenke in Samarinda zückte er das Messer gegen uns!"
„Trolla war immer
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