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Rom: Band 1

Rom: Band 1

Titel: Rom: Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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sein würde, sicherlich nicht zu stande gekommen. Eine Boccanera, die letzte dieses alten päpstlichen Geschlechtes, einen Prada, einen der Kirchenräuber heiraten! Dieser tolle Plan hatte in eine besondere, flüchtige Stunde fallen müssen, gerade in den Augenblick, da zwischen dem Vatikan und dem Quirinal eine letzte Annäherung versucht wurde. Es ging das Gerücht, daß die Entente endlich zu stande kommen würde, daß der König bereit sei, dem Papste die Souveränität über die Leostadt und einen schmalen, bis ans Meer reichenden Streifen Landes zuzuerkennen. Würde da die Heirat Benedettas mit Prada nicht das Symbol des Bundes, der nationalen Versöhnung? War dieses schöne Kind, die reine Lilie der schwarzen Gesellschaft, nicht das genehmigte Opfer, das Unterpfand, das man der weißen Gesellschaft bewilligte? Vierzehn Tage lang wurde von nichts anderem gesprochen; alles war gerührt, alles hoffte. Das junge Mädchen selbst kümmerte sich nicht um diese Beweggründe; sie horchte nur auf ihr eigenes Herz, über das sie nicht mehr verfügen konnte, weil es bereits einem andern gehörte. Aber von früh bis spät drang die Mutter mit Bitten in sie und beschwor sie, das Glück, das Leben, das sich ihr bot, nicht zurückzuweisen. Ganz besonders wurde sie von den Ratschlägen ihres Beichtvaters, des guten Abbé Pisoni, bearbeitet. Sein patriotischer Eifer kam bei dieser Gelegenheit zum vollen Ausbruch. Er übte durch das ganze Gewicht seines Glaubens an die christliche Bestimmung Italiens einen starken Druck auf sie aus, er dankte der gütigen Vorsehung, daß sie eines seiner Pfarrkinder gewählt habe, um eine Einigung zu beschleunigen, die den Sieg Gottes in der ganzen Welt herbeiführen mußte. Sicherlich war der Einfluß ihres Beichtvaters eine der entscheidenden Ursachen, die sie zuletzt zum Nachgeben bestimmten; denn sie war sehr fromm und besonders einer Madonna ergeben, deren Bildnis in der kleinen Kirche auf der Piazza Farnese sie jeden Sonntag verehrte. Da machte es nun tiefen Eindruck auf sie, als der Abbé Pisoni ihr erzählte, daß die Flamme der vor dem Bilde brennenden Lampe weiß werde, so oft er selbst davor niederkniee, um die Jungfrau zu bitten, seinem Beichtkinde die erlösende Heirat anzuraten. So wirkten also die höheren Mächte mit, und sie gab zuletzt aus Gehorsam gegen die Mutter nach. Der Kardinal und Donna Serafina hatten diese bekämpft, und dann, als die religiöse Frage dazu kam, willfahren lassen. Sie war in vollständiger Reinheit, in vollständiger Unwissenheit aufgewachsen, wußte nichts von sich und war der Welt so fremd, daß die Heirat mit einem andern als Dario einfach den Bruch einer langen Verheißung gemeinsamen Lebens, keine physische Losreißung der Sinne und des Herzens war. Sie weinte viel, und an einem mutlosen Tage, als sie nicht die Energie besaß, den Ihrigen und der ganzen Welt zu widerstehen, heiratete sie Prada, vollzog sie einen Bund, an dem ganz Rom mitschuldig geworden war.
    Und dann, noch am Abend der Hochzeit, schlug der Blitz ein. Zeigte Prada, der Piemontese, der Norditaliener und Eroberer, die Brutalität des Eindringlings, wollte er seine Frau behandeln, wie er die Stadt behandelt hatte, als ungeduldiger Herr? Oder kam Benedetta einfach die Enthüllung des Aktes unerwartet, war sie zu beschimpfend, da sie den Mann nicht liebte und sich nicht darin ergeben konnte, sich ihm zu unterwerfen? Darüber sprach sie sich nie klar aus. Aber sie schloß gewaltsam die Thür ihres Zimmers, verriegelte sie und weigerte sich hartnackig, sie ihrem Gatten wieder zu öffnen. Während eines Monats machte Prada, den dieses Hindernis rasend machte, die wütendsten Anstrengungen Er war tief beleidigt, sein Stolz blutete, er schwur, seine Frau zu zähmen, wie man eine ungefügige Stute zähmt, mit der Reitgerte. Aber die ganze sinnliche Wut des starken Mannes zerschellte an dem unbezähmbaren Willen, der über Nacht hinter der schmalen, reizenden Stirne Benedettas aufgeschossen war. Die Boccaneras waren in ihr erwacht: ganz ruhig – sie wollte nicht, und nichts in der Welt, nicht einmal der Tod, hätte sie andern Sinnes gemacht. Außerdem fand in ihr, bei diesem plötzlichen Erkennen der Liebe, eine Umkehr zu Dario statt, sie kam zu der Ueberzeugung, daß sie ihren Körper nur ihm allein geben dürfe, da sie sich ihm allem versprochen hatte. Der junge Mann befand sich seit der Hochzeit, die er wie einen Trauerfall hatte hinnehmen müssen, in Frankreich. Sie verhehlte ihm nichts,

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