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Rom - Band II

Rom - Band II

Titel: Rom - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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er war vor allem der Mann weitreichender Kombinationen. Man konnte jedoch annehmen, daß er die Heirat Benedettas und Darios beschleunigen wollte, um den abscheulichen Klatschereien der weißen Gesellschaft ein Ende zu machen; denn sie beschuldigte Vetter und Base, daß sie im Palaste selbst, unter dem nachsichtsvollen Auge ihres Oheims, des Kardinals, nur ein Bett besäßen. Vielleicht war aber auch diese um den Preis des Geldes und durch den Druck offenkundigster Einflüsse erreichte Scheidung ein beabsichtigter, zuerst in die Länge gezogener und jetzt beschleunigter Skandal, um dem Kardinal selbst zu schaden, dessen sich die Jesuiten möglicherweise für einen nahen Zeitumstand entledigen mußten.
    »Ich neige dieser Annahme sehr zu, um so mehr, als ich heute abend erfahren habe, daß der Papst leidend war,« schloß Don Vigilio. »Bei einem bald vierundachtzigjährigen Greise ist eine plötzliche Katastrophe möglich; der Papst kann keinen Schnupfen mehr haben, ohne daß das ganze heilige Kollegium und die Prälatenschaft in Aufruhr gerät, von dem plötzlichen Kampf der Leidenschaften erregt wird ... Nun haben die Jesuiten die Kandidatur des Kardinals Boccanera stets bekämpft. Sie sollten eigentlich von wegen seines Ranges, seiner Intransigenz bezüglich Italiens für ihn sein, aber der Gedanke, sich einen solchen Herrn zu geben, macht sie unruhig; sie finden, daß er eine unzeitige Rauheit, einen heftigen Glauben, eine Ungeschmeidigkeit besitzt, die heutzutage, in der Zeit der Diplomatie, die die Kirche durchmacht, zu gefährlich wäre ... Es würde mich gar nicht wundern, wenn man versuchen würde, ihn in Mißachtung zu bringen, seine Kandidatur mit Hilfe der verstecktesten und schändlichsten Mittel unmöglich zu machen.«
    Ein leichter Schauer der Furcht begann Pierre zu ergreifen. Die Ansteckung des Unbekannten, der im Dunkeln angezettelten finsteren Ränke wirkte inmitten der nächtlichen Stille, inmitten dieses Palastes am Tiber, inmitten des von legendenhaften Trauerspielen ganz erfüllten Rom noch stärker. Und plötzlich machte er eine jähe Schwenkung zu sich selbst, zu seinem persönlichen Fall.
    »Aber ich, was soll ich dabei! Warum scheint sich Monfignore Nani für mich zu interessiren? Wieso ist er in den Prozeß verwickelt, der meinem Buche gemacht wird?«
    Don Vigilio machte eine weite Geberde.
    »Ach, das weiß man nie, das weiß man nie genau! – – Was ich bestimmt sagen kann, ist, daß er von der Angelegenheit nichts gewußt hat, als bis sich die Anzeigen der Bischöfe von Tarbes, Poitiers und Evreux bereits in den Händen des Pater Dangelis, des Indexsekretärs, befanden. Desgleichen habe ich erfahren, daß er sich hierauf bemüht hat, den Prozeß aufzuhalten, da er ihn ohne Zweifel für unnütz und undiplomatisch hielt. Aber wenn bei der Kongregation einmal etwas anhängig gemacht ward, ist es beinahe unmöglich, es rückgängig zu machen, umsomehr da er gegen den Pater Dangelis gestoßen sein muß, der als treuer Dominikaner ein leidenschaftlicher Gegner der Jesuiten ist. In jenem Augenblick ließ er die Contessina an Herrn de la Choue schreiben, damit dieser Sie zu Ihrer Verteidigung herbeieilen heiße und damit Sie während Ihres Aufenthaltes die Gastfreundschaft dieses Palastes annehmen sollten.«
    Diese Enthüllung regte Pierre vollends auf.
    »Sind Sie dessen sicher?«
    »O, ganz sicher. Ich hörte ihn an einem Montag von Ihnen reden und sagte Ihnen ja bereits, daß er Sie genau zu kennen scheine, als hätte er sich einer eingehenden Untersuchung hingegeben. Meiner Ansicht nach hatte er Ihr Buch gelesen, und hat es ihn außerordentlich nachdenklich gemacht.«
    »Sie glauben also, daß er meine Ideen teilt? Daß er aufrichtig ist und sich selbst verteidigt, indem er sich bemüht, mich zu verteidigen?«
    »O, nein, nein, keineswegs – Ihre Ideen verwünscht er sicherlich, und ebenso Ihr Buch und Sie selbst! Man muß seine Geringschätzung der Schwachen, seinen Haß gegen die Armen, seine Liebe zur Macht, zur Herrschaft kennen, die sich hinter seiner schmeichelnden Liebenswürdigkeit verstecken. Lourdes würde er Ihnen noch überlassen, obwohl darin eine wunderbare Regierungswaffe liegt, aber nie wird er es Ihnen verzeihen, daß Sie auf der Seite der Kleinen dieser Welt sind und sich gegen die weltliche Herrschaft aussprechen. Wenn Sie hören würden, wie er sich mit anmutiger Grausamkeit über Herrn de la Choue lustig macht, den er die elegische Trauerweide des Neukatholizismus

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