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Rom kann sehr heiss sein

Titel: Rom kann sehr heiss sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Bo tius
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medikamentös in den Griff bekommen.«
    Er lehnte sich erschöpft zurück und sah nach draußen. Fast schien er vergessen zu haben, dass ich noch anwesend war.
    Ich riss mich zusammen und machte einen erneuten Überrumpelungsversuch: »Doktor Falsini, Sie reden fast so, als sei die Jungfernzeugung oder das Klonen von Menschen bereits Praxis und als hätten Sie Erfahrung darin.«
    »Verzeihen Sie, Doktor Hieronymus, ich bin rein theoretisch an der Sache interessiert. Das Klonen von Menschen wird allerdings kommen. Und zwar schon bald. Irgendwo in China oder Japan. Vielleicht ist man dort längst im praktischen Stadium. Hier bei uns verbieten es dagegen die Gesetze oder zumindest die Konventionen. Jedenfalls noch. Dabei soll es nach Expertenmeinung leichter sein, einen Menschen zu klonen als Mäuse oder Schafe.«
    »Aber würde das Klonen von Menschen nicht zu einer Horrorwelt führen? Lauter Designermenschen? Niemand mehr, der auf Grund körperlicher oder seelischer Gebrechen zur Kreativität findet?«
    »Im Gegenteil. Klonen hat zwei Vorteile. Einmal können wir langfristig den aggressiven Anteil des männlichen Genoms reduzieren, was der Geschichte der Menschheit sehr zugute kommen würde. Kriege verschwänden, Gewaltverbrechen würden rückläufig sein. Und außerdem würde jener Typus des heterosexuellen Paares vermieden, das nach der Zeugung und Geburt von Nachkommen seine Vermehrungsrolle hinter sich hat und nun die klassische Doppelhelix des Spießerpaares bildet. Man sieht sie überall. Den griesgrämigen Mann an der Seite der enttäuschten Frau. Ein schrecklicher Anblick mit großen Folgen für das gesellschaftliche Klima. Beide sind Relikte des Paarungszwanges. Beide wissen nach dem Ende des hormonellen Diktates nichts mehr mit sich anzufangen, also überkompensieren sie ihre gegenseitige Fremdheit mit einer Art Bigotterie der Nähe. Ich nenne solche Paare Zeugungsmumien. Sie treten immer zusammen auf, im Urlaub, bei Kulturveranstaltungen, überall. Auch die reaktionäre Struktur unserer Gesellschaft ist dieser Doppelhelix zu verdanken. Der eigentliche Tyrann ist nicht Cäsar, nicht Mussolini, nicht Hitler, sondern ist jenes Doppelwesen, bestehend aus einer Frau über vierzig und einem Mann über fünfzig, die miteinander unglücklich sind, deren Kinder ein eigenes Leben führen und die ihre Frustration in ein haarsträubend konservatives, menschheitsfeindliches Weltbild gießen.«
    »Hätten Sie denn gar keine Bedenken, wenn sich der Mensch daran machte, die eigene Spezies im Labor zu verändern, wenn er sozusagen Gott spielte?«
    »Die alte Homunkulusidee hat die Menschen doch schon immer fasziniert, zumindest seit Paracelsus. Ich finde nichts Verwerfliches daran. Wir greifen ja auch in die Schöpfung ein, wenn wir neue Pflanzensorten züchten. Entscheidend wird sein, dass wir das so genannte Gen-Targeting beherrschen lernen. Das ist die zielgenaue Einfügung eines Gens an genau die Stelle im Chromosom, wo es am besten seine Wirkung entfalten kann. Dies ist bislang nur in wenigen Fällen gelungen. Sollten wir eines Tages über diese Technik wirklich perfekt verfügen, wird alles möglich sein. Dann können wir jede Form von Leben wie aus einem Baukasten zusammensetzen.«
    »Es gibt aber auch abschreckende Beispiele in diesem Zusammenhang. Denken Sie an Frankensteins unglückliches Monster. Denken Sie an Mischwesen und Chimären. Hat man nicht bereits ein menschliches Ohr erfolgreich auf eine Maus verpflanzt? Das sind doch wahrlich Höllenvisionen.«
    »Unter uns: Ich finde nichts dabei, wenn man zur Gewinnung von transplantierbarem Gewebe, von ganzen Organen oder Gliedmaßen tierische Träger verwendet. Ich sagte bereits, dass das menschliche Genom in sich auch die Erbinformation sämtlicher Tiere enthält, die in der Evolution vor ihm liegen. Würmer, Kriechtiere, die zu ihnen gehörige Software ist auch in Ihrem Genom gespeichert, Signor Hieronymus. Wir sind also alle zumindest genetisch gesehen Chimären, Mischwesen. Vielleicht ist dies der heimliche Grund dafür, dass es in der Mythologie von Mischwesen nur so wimmelt. Zentauren, wilde Kombinationen aus Pferd und Mensch, in denen sich deren beste Eigenschaften, Zeugungskraft, Schnelligkeit und Klugheit verbinden, Harpyien, Unheil bringende, unersättliche Vögel mit Jungfrauenköpfen. Nicht zu vergessen der indische Gott Shiva, der auf vielen Darstellungen einen Elefantenkopf hat!«
    In seine Augen kam ein unnatürlicher Glanz. Er wirkte wie trunken

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