Roman
interessiert dich meine Meinung vermutlich nicht mehr, also lass es uns jetzt durchdiskutieren.
71. Zuerst das Allerwichtigste – die Vorstellung zu heiraten behagt dir nicht (s. vorheriges Kapitel, Stichwort »Bindungsprobleme«), und du würdest stattdessen lieber bis in alle Ewigkeit ohne Trauschein mit jemandem zusammenleben. Für mich ist das okay. Und billiger ist es auch. Außerdem kommst du leichter wieder aus der Sache raus, falls du es dir doch anders überlegst. Wenn du so denkst, lass dich von niemandem dazu verleiten, zum Altar zu gehen.
72. Solltest du hingegen beschließen, dich dauerhaft zu binden (ganz gleich, ob es sich dabei um Männlein oder Weiblein handelt), mach es so, wie es deinen Vorstellungen entspricht. Lass dich bloß auf keine Zuckergusskleid-Nummer ein (falls du nicht weißt, was das ist, s. die Fotos von Tante Lizzys Hochzeit, aber Vorsicht: Die Bilder könnten dich fürs Leben traumatisieren).
73. Sorg dafür, dass alles so abläuft, wie du es dir erträumst. Es klingt zwar kitschig, aber es sollte sich tatsächlich anfühlen wie der schönste Tag in deinem Leben. Ich werde jedenfalls nie mehr vergessen, wie dein Dad mich angesehen hat, als ich bei unserer Hochzeit auf ihn zugegangen bin.
74. Verbiete Konfetti! Das Zeug gelangt überallhin. Und verbiete nervende Freunde! Sie gelangen auch überallhin.
75. Ich verstehe ja, dass du an deinem großen Tag super und braun gebrannt aussehen willst. Aber entscheide dich für die Version aus der Tube und …
76. … mach einen großen Bogen um Sonnenbänke!
77. Und geh trägerlos, um deine Brüste bestmöglich zur Geltung zu bringen, solange sie noch fest sind.
Ach, und noch etwas …
Lektion 78
Für alles, was sich zu besitzen lohnt, lohnt es sich auch zu kämpfen 1999. Lou, neunundzwanzig Jahre alt
»Ich sehe nicht nach unten. Nein. Auf keinen Fall. Ich sehe nicht nach unten. Ich …« Oh verflixt! Ich sehe nach unten.«
Ich sandte ein verzweifeltes Gebet an den Schutzheiligen der Höhenangstkranken, dass keiner der zwölf Japaner neben mir Englisch verstand. Aber aus der Art, wie einige von ihnen mich anschauten, schloss ich, dass mein Gebet unerhört geblieben war.
Marc hielt mir seine Hand hin. »Komm, halt dich fest! Vertrau mir!«
Ich schüttelte den Kopf. »Das sagen sie im Film auch immer, kurz bevor einer abstürzt«, stieß ich hervor.
Was tat ich nur hier oben? Marc hatte zwanzig Minuten gebraucht, um mich unten in den Aufzug zu kriegen, und auch das nur, weil er mir hoch und heilig versprochen hatte, dass wir nicht aussteigen würden. Er hatte mich belogen. Wir standen an einem windigen, bewölkten Novembernachmittag in New York auf der Aussichtsplattform auf der sechsundachtzigsten Etage des Empire State Building, dreihundertzwanzig Meter über der Erde, und ich kam vor Angst fast um.
»Baby, komm schon, du wirst es überleben.«
»Auch das sagen sie im Film immer. Wenn die Sanitäter kommen, kannst du ihnen sagen, dass es ein Herzinfarkt war? Und richte Josie aus, dass ich sie liebe und dass sie meinen ganzen weltlichen Besitz haben kann.«
Ich begann zu schwanken und klammerte mich unvermittelt an das Erstbeste, was mir in die Quere kam. Der kleine Japaner lächelte freundlich, während er meine Finger von seinem Arm löste.
Marc sah nun ziemlich verstört aus, was mir auch nicht weiterhalf. Was hatte er erwartet? Es war schließlich kein Geheimnis, dass ich an Höhenangst litt. Nach drei gemeinsamen Jahren musste er das wissen. Ich ging nie auf Achterbahnen. Hohe Brücken waren ein Gräuel für mich. Und wenn ich mich einem Bungee-Seil auf mehr als fünfzig Meter näherte, musste ich mich hinsetzen, bis der Ohnmachtsanfall vorüberging.
Das hier war nicht Schlaflos in Seattle , meine Güte. Tom Hanks stand nicht mit leuchtenden Augen da und wartete darauf, mich nach dem Drehbuch einer unglaublich romantischen Komödie bis an mein Lebensende glücklich zu machen. Für mich war das hier eher Stirb langsam 1, 2, 3 oder 4 – die Stelle, an der jemand in Panik erstarrt und John Mclane ihn aus einem brennenden Gebäude oder Flughafen oder U-Bahnhof zerren muss, um ihm das Leben zu retten. Viel mehr Angst konnte man einfach nicht haben.
Als Marc endlich begriff, stieß er einen tiefen Seufzer aus.
»Können wir jetzt wieder runterfahren?«
Keine Antwort.
»Marc, können wir …«
»Das läuft einfach nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe«, unterbrach er mich.
Echt? Für mich, ehrlich gesagt, auch
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