Roman
klingelte.
»Das ist das Zeichen.« Grinsend nahm ich seine Hand und zog ihn so unauffällig wie möglich in Richtung Personalraum und von dort zum Lieferanteneingang. Kurz vor dem Ziel verarbeitete mein Gehirn auf einmal ein Bild.
»Habe ich da gerade Lizzy schlafend auf der Couch gesehen?« Red nickte. »Ja. Ich war mir nicht sicher, ob ich sie wecken sollte oder nicht.«
»Nicht nötig. Das wird sich bei dem Lärm von zwanzig kreischenden Teenagern in fünf Minuten von selbst erledigen.«
Ich hatte ein zunehmend ungutes Gefühl wegen Lizzy. Eröffnungsparty hin oder her, sobald die Band weg war, würde ich Ben und Alex bitten, sie nach Hause zu fahren.
»Loulou!«
Gingers Stimme war das Erste, was ich hörte, als ich die Tür öffnete. Ein Schwall kalter Luft schlug mir entgegen, was den Jungs, die gerade auf meinen Brustbereich starrten, eine nicht zu übersehende Möglichkeit bot, ihre Jacken aufzuhängen. Red grinste amüsiert. Hatte ich schon erwähnt, dass mein Mann über keinerlei Eifersuchtsgene verfügte? Kein einziges. Was gut war, denn ich war mir ganz sicher, dass der Leadsänger mir gerade zugezwinkert hatte.
»Kommt rein, kommt rein!«
Mir wurde bewusst, dass ich gerade nur eine doppelte »Lou«-Begrüßung von Ginger gehört hatte – was darauf schließen ließ, dass sie ihren Abenddrink noch nicht intus hatte. Im Laufe der Jahre hatte ich gelernt, dass die Länge ihrer Begrüßung in direktem Zusammenhang mit ihrem Alkoholpegel stand.
Ich umarmte sie. »Danke, Süße! Dafür schulde ich dir mehr als zwanzig Weihnachtsdinner.«
»Ich weiß. Du kannst noch eine Niere, eine Lunge und … na ja, deinen gesamten weltlichen Besitz drauflegen. Oder wär das zu viel?«
Ginger boxte ihren Bruder spielerisch in die Rippen, dann schob sie die Jungs in den Personalraum. Zwei Frauen, ein Mann, mehrere Bodyguards und eine Boygroup in einem ungefähr vier mal vier Meter großen Raum – und Lizzy schlief immer noch. Die Ärmste musste völlig erledigt sein.
Meine Schwägerin hatte inzwischen komplett in den Managermodus geschaltet. »Okay, ihr testosterontriefenden Sexgötter. Jacken ausgezogen, Brustmuskeln aufgepumpt, und los geht’s! Lou sorgt fürs Playback, direkt hinter dieser Tür ist eine kleine Bühne, wir spielen zwei Nummern, dann ist Schluss. Noch vor Mitternacht erwarten uns die Sugababes im Carriage Club.«
Jede andere Person hätte das Lokal, in dem sie beinahe zu Tode gestürzt war, für den Rest ihres Lebens gemieden. Nicht so Ginger. Sie ging jetzt sogar noch häufiger hin, weil ihr der Besitzer aus lauter Dankbarkeit dafür, dass sie ihn nicht verklagt hatte, lebenslang freien Champagner gewährte. Eine findige Journalistin hatte recherchiert, dass an dem Abend damals viel zu viele Gäste im Club gewesen waren, sodass Ginger vermutlich vor Gericht gewonnen hätte. Doch stattdessen hatte sie sich für unbegrenzten Moët entschieden. Ich war mir sicher, dass der Besitzer des Carriage Club sich längst wünschte, zur Zahlung einer einmaligen Summe verdonnert worden zu sein.
Ich lief hinaus, nahm mir das Mikro, das ich mir zurechtgelegt hatte, und zwinkerte Angie zu, die an der Empfangstheke Stellung bezogen hatte. Sie hüpfte aufgeregt auf und ab.
»Ladies and Gentlemen!« Meine Stimme klang durch den Raum, und alle Blicke waren auf mich gerichtet. Ich holte tief Luft und startete zu meiner kurzen, aber herzlichen Ansprache. »Ich wollte nur sagen, dass ich euch allen für euer Kommen danke. Vielen Dank!« Hatte ich schon erwähnt, dass sie kurz war, meine Ansprache? »Da ich eure Aufmerksamkeit gerade mal habe, würde ich euch gern ein paar Jungs vorstellen, die ich soeben im Hinterhof getroffen habe.«
Plötzlich wurde es unruhig im Raum. Alle flüsterten und spekulierten, was nun passieren würde.
»Ladies and Gentlemen, es sind die Jungs von STUD !«
Stille. Eine sehr lange Stille. Dann sah ich, dass Angie wie alle anderen erwartungsvoll die Luft anhielt und die Tür hinter mir fixierte.
»Angie?«, trällerte ich ins Mikro.
Sie zuckte erschrocken zusammen. »Verdammt! Verdammt! Der Schalter. Wo ist der Schalter?«
Im nächsten Augenblick hatte sie sich wieder unter Kontrolle, die Musik ging an, vier Bodyguards kamen von hinten, positionierten sich an der kleinen Bühne, und dann waren sie da. STUD . In meinem nagelneuen Friseursalon. In der vermutlich kleinsten Stadt, in der sie jemals aufgetreten waren. Ich sah, wie die Teeniegirls sich durch die Menge nach vorn schoben
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