Roman
Tag.
»Ich fand einfach, dass es dir so gut stand«, erklärt Wayne zögernd, während er meine Reaktion beobachtet. »Es ist wie für dich gemacht.«
»Danke«, sage ich und empfinde eine komische Mischung aus Verlegenheit, weil mir wieder einfällt, wie er mir in dem Kleid Komplimente gemacht hat, und Verärgerung, weil ich nicht mehr wütend auf ihn sein kann, und Freude darüber, dass er es mir überhaupt geschenkt hat. Ich finde es immer noch toll.
Er holt tief Luft.
»Vielleicht könnten wir uns mal bei einer Auktion treffen, dann kannst du dir ansehen, wie wir das ganze Zeug für den Laden kaufen. Und ich könnte dich mit meinem Wissen über dänische Sofas aus den Fünfzigern beeindrucken.«
Seine Augen funkeln humorvoll. Will er sich etwa mit mir verabreden? Vielleicht hat Lexi recht, vielleicht mag er mich tatsächlich.
»Vielleicht«, entgegne ich.
Er zuckt enttäuscht mit den Schultern. »Okay.«
Mit Lexis Terminkalender in der Hand gehe ich zurück und denke über das nach, was Wayne gesagt hat. Was konnte sie ihm erzählt haben, das sie mir nicht anvertrauen konnte? Hatte sie nicht das Gefühl, dass sie mir vertrauen konnte? War ich nicht zugänglich? Ich dachte, nach den ganzen Sorgen über die Schwangerschaft und nach ihrem betrunkenen Geständnis, dass Clark sie verlassen hatte, wäre alles gut. Ich dachte, dass wir zum Grund für diese ganze Sache vorgedrungen wären. Aber vielleicht habe ich mich da ja geirrt.
20
Ich hatte ein sehr schlechtes Gewissen, weil ich Lexi über den Grund für meine Fahrt nach Brighton anlügen musste. Aber schließlich beschloss ich, dass es sich am Ende vielleicht lohnen würde. Es fühlte sich ein bisschen an wie das Lügen, wenn man für jemanden eine Überraschungsparty veranstaltet – schrecklich, aber gleichzeitig notwendig.
Und es war noch schrecklicher, weil sie mich fragte, ob sie mitkommen könne.
»Brighton?«, fragte sie. »Für zwei Tage?« Ihr schmales Gesicht verzog sich enttäuscht, und ich spürte einen schuldbewussten Stich, als wäre ich eine verantwortungslose Mutter, die lügt, damit sie ein schmutziges Wochenende mit ihrem Geliebten verbringen kann, was natürlich im Prinzip auch das war, was ich tun wollte.
Die Geschichte lautete so: Toby und ich würden am Freitag und Samstag potenzielle Kunden in Brighton treffen. Vielleicht mussten wir am Samstagabend auch noch mit ihnen essen gehen – diese Leute waren, wie wir gehört hatten, ziemliche Partylöwen –, also würden wir sowohl Freitag- als auch Samstagnacht dort verbringen. Rachel war auf Geschäftsreise in Schottland, deshalb würde sie nicht misstrauisch werden.
»Kann ich mitkommen?«, fragte sie und mein Herz zog sich zusammen.
»Nein, Lex, tut mir leid, das ist wirklich ein rein geschäftlicher Termin. Da ist kein Platz für Freizeit.«
Ich gab fast dreißig Pfund für DVD s, Pizza und eine Flasche Lambrusco für sie aus, und dann verließ ich sie am Freitagmorgen, kurz bevor sie zur Arbeit musste.
»Ich rufe dich an, okay?«, versprach ich.
»Okaaay«, antwortete sie und sah mich nicht mal an. Und dann musste ich rennen, um dem Drang zu widerstehen, sofort wieder umzukehren, weil es sich anfühlte, als würde ich sie vor den Toren eines Internats zurücklassen.
Als ich in die Victoria Station komme, steht Toby neben dem WH Smith und liest Zeitung.
»Hallo«, sage ich und beuge mich vor, um ihm einen Kuss zu geben, aber er weicht mir aus.
»Nicht hier«, flüstert er. »Nicht hier, Caroline, wo uns jemand sehen könnte.«
Ich ärgere mich ein bisschen. Musste er so extrem vorsichtig sein? War ich nicht ein kleines Risiko wert? Ich meine, wie wahrscheinlich war das schon?
»Tut mir leid.« Ich schaue zu Boden.
»Schon gut, sehen wir zu, dass wir unseren Zug kriegen, ja? Damit wir schnell ankommen.«
Ja, lass uns ankommen, denke ich und fühle mich ein bisschen besser. Lass uns ankommen, dann ist alles gut.
Ich habe diese Szene in meinem Kopf wieder und wieder durchgespielt: Wir steigen in den Zug, sitzen nebeneinander im Sonnenschein, und ich lehne meinen Kopf an seine Schulter, während wir durch die Vororte rollen und dann in den vertrauten, etwas abgenutzten Glanz von Brighton eintauchen.
Romantische Möwenschreie werden die ganze Zeit über uns erklingen, und wir werden die weißen Pavillons und die großen Häuser an der Strandpromenade vor dem makellos blauen Himmel sehen, während wir vielleicht zufrieden dösen, und ich werde seinen Atem warm auf meinem
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