Romana Exklusiv 0176
hatte doch selbst keine Ahnung, was in Giovanni gefahren war.
„Ich habe niemals erfahren, ob er gute Freunde hat oder nicht. Jedenfalls hat er keine Namen erwähnt. Wir sind meistens in Museen gegangen und haben uns Ausstellungen angeschaut. Giovanni ist ja ein richtiger Experte, wenn es um Kunst geht.“
„Ist das alles?“, fragte seine Mutter scharf. „Hat er denn niemals über sein Privatleben gesprochen?“
„Doch, aber er hat mir keine Einzelheiten erzählt. Sie wissen doch genau, wie er ist. Giovanni träumt viel und erfindet oft Geschichten. Da weiß man nie genau, was stimmt und was erfunden ist.“
Luca nickte zustimmend mit dem Kopf. Dann legte er seiner Mutter beschützend einen Arm um die Schultern und sagte zu Gaby: „Erzähl ruhig weiter.“
„Zum Beispiel die Fahrt vom Palast zu der Pension, in der ich wohne. Es war nach dem Abendessen hier. Er hat mich zu dem Maskenball eingeladen und mir ein Diadem gezeigt, das ich unbedingt im Haar tragen sollte.“
„Welches Schmuckstück meinen Sie?“, fragte Lucas Mutter gespannt.
„Es ist ein Stück aus unserem privaten Museum“, erklärte Luca. „Ein sehr altes Diadem, das Paullaiulo angefertigt hat.“
Signora Provere stieß einen spitzen Schrei aus. „Aber das kann doch nicht wahr sein. Dieses Diadem ist unglaublich wertvoll. Es muss mehrere Millionen Dollar kosten, wenn man es ersetzen wollte.“
Jetzt war es an Gaby, ehrlich erstaunt zu sein. „Ich habe mir ja schon gedacht, dass es sehr wertvoll ist, aber so …“ Ihre Stimme brach. Jetzt verstand sie auch die Bedeutung des Blickes, den Luca seinem Bruder zugeworfen hatte, als er entdeckt hatte, was für ein Schmuckstück er Gaby für den Ball leihen wollte.
„Hat mein Sohn Sie wirklich gebeten, dieses Diadem zu tragen?“, fragte Lucas Mutter ungläubig.
„Ja. Giovanni und ich haben uns in dem Museum hier im Palast kennengelernt. Ich betrachtete gerade dieses Schmuckstück und fragte mich, wie es der Künstler nur geschafft hatte, zu so vollendeter Harmonie zu gelangen. In diesem Augenblick trat Giovanni zu mir.“ Gaby räusperte sich, da niemand sprach. Zögernd fuhr sie fort: „Ich habe ihn gefragt, wie man solch ein Schmuckstück trägt. Daraufhin hat er mir ein Porträt aus dem vierzehnten Jahrhundert gezeigt. Die Frau darauf trägt ein Diadem. Er meinte, ich solle mich genauso frisieren. Dabei haben wir festgestellt, dass wir uns beide für Kunst interessieren. Und daraus ist Freundschaft geworden, aber nicht mehr.“
„Da mein Sohn all dies für Sie getan hat, bin ich sicher, dass er vom ersten Augenblick an mehr für Sie empfunden hat, als er zugeben wollte“, erklärte Signora Provere. Erleichtert stellte Gaby fest, dass die ältere Dame sie nicht tadelte. Ganz im Gegenteil, sie schien ihren Sohn sehr gut verstehen zu können.
Rasch fuhr Gaby in ihren Erklärungen fort: „Als ich dann wusste, dass das Diadem aus dem Familienerbe stammt, habe ich es abgelehnt, es bei mir über Nacht zu behalten. Die Verantwortung war mir einfach zu groß. Ich könnte so etwas doch niemals ersetzen. Giovanni hat lachend geantwortet, dass es nichts gebe im Leben, was wirklich wichtig sei. Nur die Liebe zähle.“
Gaby verstummte, da sie bemerkte, wie aufmerksam Signora Provere sie musterte. Und auch Luca hatte den Blick nicht eine Sekunde abgewandt, während sie erzählte, was sie in den letzten Tagen mit Giovanni erlebt hatte. Nach langem Schweigen fragte Luca: „Hat sich mein Bruder dir öfter so anvertraut?“
„Manchmal. Er hat mir einmal erzählt, dass sein Lieblingsplatz in einer Kirche sei. Gleich am ersten Tag musste ich ihm versprechen, dass wir Assisi besichtigen, bevor ich Italien wieder verließ. Er hatte dort eine Art Erleuchtung, als er Teenager war, doch wollte er nicht, dass ich mit jemandem darüber spreche.“
„Das ist es!“, rief Luca aus.
„Es tut mir leid, dass ich mein Versprechen gebrochen habe“, dachte Gaby laut nach. „Aber ich denke, in diesem Fall durfte ich nicht anders handeln.“
„Luca, wovon redet Signorina Holt? Ich habe niemals von dieser Geschichte gehört.“
Ihr Sohn aber antwortete nicht, da er tief in Gedanken versunken war. Er musterte Gaby lange, dann stieß er hervor: „Gaby, bitte bleibe so lange hier, bis ich wieder zurück bin!“
Er klang so energisch, dass niemand wagte, ihm zu widersprechen. Nur seine Mutter fragte vorsichtig: „Wo willst du denn hin, Luca?“ Da er aber nicht antwortete, stieß sie hervor:
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