Romana Exklusiv 0176
er gegangen war. Die Nacht war sehr unruhig, Gaby wachte schon in den frühen Morgenstunden auf. Tränen schimmerten in ihren Augen, als sie an den Vorabend zurückdachte. Dann aber stand sie entschlossen auf.
Der Blick über den weiten See war wirklich umwerfend. Davon aber musste sie sich rasch trennen. Gaby hob den Telefonhörer ab und rief ein Taxi. In wenigen Minuten schon wäre sie auf dem Weg zum Bahnhof. Das Beste war es, nicht durch das Haus zu gehen, da sie fürchtete, dort auf Luca zu stoßen. Rasch packte Gaby ihre Sachen zusammen. Eilig kletterte sie über die Brüstung der Veranda und landete im Vorgarten. Hier war sie ungesehen. Einige Meter noch, dann kam sie auf die Auffahrt und konnte das Anwesen verlassen. Vor dem hoch geschwungenen Tor wartete sie auf das Taxi. Die nächsten zehn Minuten kamen ihr wie eine Ewigkeit vor.
Endlich sah sie das Taxi vorfahren. Sie ließ sich auf die Rückbank gleiten und stieß hervor: „Zum Bahnhof bitte. Und schnell, mein Zug fährt bald ab.“
Der Fahrer drehte sich um und warf Gaby ein schiefes Lächeln zu. „Schon verstanden, Signorina.“
Ein Glück nur, dass wenig Verkehr herrschte, sodass sie die Verspätung wieder aufholten. Am Bahnhof kaufte Gaby sich eine Fahrkarte nach Brüssel, dann eilte sie auf den Bahnsteig, wo der Zug schon bereitstand. Endlich betrat sie das Abteil. Außer Atem nahm sie Platz und presste das Gesicht an die Scheibe. Der Zug rollte an. Langsam verschwand Lugano in der Ferne. Und damit auch Luca Provere, der Mann ihres Lebens.
10. KAPITEL
„Gaby?“
Sie stellte die Teller beiseite, die sie nach dem Essen abwaschen wollte, und hob den Kopf. Ihr Bruder Wayne hatte sie gerade gerufen. „Ich muss mit Will ein paar Zäune ausbessern, wenn du Lust hast, machen wir danach einen Ausritt.“
„Das ist nett von dir, Wayne, aber mir steht nicht der Sinn danach.“
Wayne hatte blonde Haare und das wettergegerbte Gesicht eines Ranchers, der die meiste Zeit seines Lebens draußen an der frischen Luft verbrachte. „Was ist eigentlich los mit dir, kleine Schwester? Seitdem du aus Italien zurück bist, erkennt man dich ja kaum wieder. Vielleicht ist es an der Zeit, dass du mir endlich von dem Mann erzählst, der dich so traurig gemacht hat.“
„Ich bin überhaupt nicht traurig“, erwiderte sie scharf. Wayne aber ließ sich nicht so leicht beeindrucken.
„Wie soll man das sonst nennen? Ich finde, du leidest unter Depressionen. Schließlich bist du nicht einmal zur Universität gegangen, obwohl du kurz vor dem Abschluss stehst. Und du machst ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Also komm schon, du kannst mir doch nichts vormachen. Vielleicht solltest du einen Psychiater besuchen, wenn du nicht mit mir reden willst.“
„Nein, das ist wirklich nicht nötig!“, rief Gaby aus. Seit ihrer Rückkehr hatte Wayne sich sehr verständnisvoll gezeigt und keine Fragen gestellt. Er war immer schon Gabys Vorbild gewesen, und sie wollte ihm keine Sorgen machen. Doch fühlte sie sich einfach unendlich schlecht. Jeder Tag seit der Rückkehr aus Italien war ihr wie eine Ewigkeit erschienen. Sie hatte erst gehofft, dass die Zeit die Wunden heilen würde, doch dann musste sie erkennen, dass der Schmerz nicht nachließ. Warum nur konnte sie Luca nicht vergessen?
Entschlossen machte sie sich daran, den Tisch abzudecken. Immerhin war es besser, irgendetwas zu tun, als einfach nur zu warten. Kurz darauf aber war die ganze Küche aufgeräumt. Was jetzt? Gaby sagte sich, dass es doch das Beste sei, sich ihrem Bruder anzuvertrauen. Schließlich konnte es so nicht weitergehen. Sie ging ins Wohnzimmer und setzte sich aufs Sofa, um auf ihn zu warten. Während sie ins Leere starrte, liefen ihr die Tränen über die Wangen.
Von einem heftigen Klopfen an der Tür wurde sie plötzlich aufgeschreckt. Gaby aber wollte in ihrem Zustand nicht aufmachen. „Wayne ist unterwegs, einige Zäune flicken, kommen Sie später wieder“, rief sie mit belegter Stimme.
„Ich bin nicht wegen Wayne hier.“ Die Stimme des Unbekannten war tief und sanft. Auf einmal schreckte sie zusammen. Ihr Bruder hatte sie immer davor gewarnt, dass Bösewichte hier in der Gegend ihr Unwesen trieben. Aber Diebe klopften doch nicht höflich an der Tür.
So ruhig wie möglich sagte sie: „Wenn Sie zu Mr. Hayes wollen, dann haben Sie sich getäuscht. Gehen Sie die Auffahrt hinunter und dann nach links. Es ist ungefähr ein Kilometer bis zu seinem Haus.“
„Ich habe nicht die lange Reise
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