Romana Exklusiv 0176
doch deinen Verstand“, stöhnte Harry in seiner affektiertesten Tonart. „Er bereitet seinen nächsten Film vor. Vielleicht liegt eine Rolle für dich drin.“
„Darf ich Sie auf meine Regiecouch bitten!“, witzelte Vanda. „Ein solcher Mann könnte mich vielleicht dazu überreden.“
„Wirklich, Darling!“ Harry war entsetzt. „Beweis doch ein wenig Klasse! Und du, Darling, mach einen guten Eindruck“, wandte er sich an Merry.
„Mach einen guten Eindruck, Darling“, imitierte ihn Vanda, als er gegangen war. „Weißt du, warum er uns alle Darling oder Schätzchen nennt?“
„Warum?“
„Weil er unsere Namen nicht behalten kann.“
„Wer kann das nicht?“
„Harry. Hey, hörst du mir überhaupt zu?“
„Es tut mir leid. Ich war nur … ich kann einfach nicht glauben, dass Gideon Steele mich sehen will.“
„Fantastisch, nicht wahr?“, rief Vanda neidlos.
Bei ihrem nächsten Auftritt war Merry sehr nervös. Zu deutlich war sie sich der Anwesenheit Gideon Steeles bewusst. Sie konnte ihn jetzt besser erkennen, das scharfgeschnittene, tiefgebräunte Gesicht, die gerade Nase. Die Augen verbarg er immer noch hinter den getönten Gläsern. Merry war überzeugt, dass die Augen eines Menschen Spiegel seiner Seele sind. Ohne einen Blick auf seine Augen zu werfen, konnte sie diesen Mann nicht einstufen. Doch der spöttische Zug um seinen Mund stimmte sie ahnungsvoll.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Theater bereits ziemlich geleert. Zum Schluss applaudierten etwa ein halbes Dutzend Leute. Gideon Steele gehörte nicht dazu. Noch bevor der Vorhang fiel, hatte er sich erhoben und trat durch eine Tür in die Kulisse.
„Wunderbar, ihr wart wundervoll!“, jubelte Harry begeistert, als sie die Bühne verließen!
„Es ist dir vielleicht entgangen, Harry, dass das verdammte Theater so gut wie leer war, als der Vorhang fiel“, bemerkte einer der männlichen Schauspieler bissig.
„Genau!“, schrie Harry. „Das ist genau die Reaktion, die ich haben wollte.“
„Idiot“, zischte Vanda.
„Ich weiß gar nicht, wieso ihr euch alle beschwert.“ Harry war eingeschnappt. „Ihr habt doch nichts zu verlieren …“
„Außer ihren Ruf als Schauspieler“, ertönte eine dunkle Stimme spöttisch.
„Gideon!“ Harry lächelte breit. „Mein Lieber! Wie hat es Ihnen gefallen?“
Neugierig betrachtete Merry den Hinzugekommenen. Er war größer als die anderen anwesenden Männer, auch älter. Sein Haar war fast schwarz und fiel ihm lässig zurückgekämmt bis über den Kragen. Der ganze Mann strahlte Kraft und Vitalität aus.
Jetzt blickte er Harry an, ohne zu lächeln. „Es war absoluter Mist“, erklärte er geradeheraus. „Und das ist noch höflich ausgedrückt.“
Harry stand der Mund offen. Ein gequälter Ausdruck trat auf sein Gesicht. „Aber Gideon …“
„Und wer hat Ihnen überhaupt erlaubt, mich so vertraulich anzureden?“, fragte Gideon unfreundlich. „Für das, was Sie heute dem Theater angetan haben, sollte man Sie bestrafen!“
Einige der Schauspieler konnten sich ein Lächeln nicht verkneifen. Anders Merry. Sie wusste, dass das Stück entsetzlich war. Sie alle waren verrückt gewesen, überhaupt darin aufzutreten. Ohne sein vieles Geld hätte Harry diesen Unfug niemals auf die Bühne gebracht.
Doch das gab Gideon Steele nicht das Recht, Harry in aller Öffentlichkeit zu verletzen und zu beleidigen. Es war unfair. Fast hatte Merry den Eindruck, das Gideon es genoss.
„Ich nehme an, jeder musste am Anfang seiner Laufbahn ein paar Fehlschläge in Kauf nehmen“, sagte sie. „Selbst Sie, Mr. Steele.“
Einiges von dem, was sie über Gideon Steele gelesen hatte, war ihr wieder eingefallen. Heute war er zwar berühmt, aber vor fünfzehn Jahren hatte er einen Film gedreht, der ein absolutes Desaster war. Danach hatte er Schwierigkeiten, für weitere Filmprojekte die Finanzierung zu sichern. Er hatte fünf Jahre gebraucht, um seine Fähigkeiten zu beweisen. Jetzt zählte er schon lange zu den Großen seines Fachs.
Gideon Steele sah sie an. Alle schwiegen plötzlich. „Gut gekontert, Miss …?“
„Charles.“
„Meredith Charles?“
„Ja.“
Wütend wandte er sich zu Harry. „Sie haben doch gesagt, es sei die mit den orangefarbenen Haaren!“
Harry fühlte sich unbehaglich. „Habe ich nicht pink gesagt? Macht es denn einen Unterschied?“ Er zuckte die Achseln.
Der andere beherrschte sich. „Im Moment nicht“, seufzte er. „Ich mochte mit Ihnen sprechen, Miss
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