Romana Exklusiv 0176
seinem Bruder, doch lag dieses Mal kein Lächeln in seinem Blick. „Und pass gut auf Gaby auf. Ich fürchte, so eine große Familie ist ziemlich beeindruckend.“
Er ließ Gaby los und ging zu seiner Mutter, um sie in den Speisesaal zu begleiten. Gaby musste einen Augenblick lang warten, da Luca es offenbar nicht eilig hatte, den anderen zu folgen.
„Ich wollte Sie nur kurz warnen, Signorina“, sagte er, als die anderen Familienmitglieder den Saal verlassen hatten. „Sie werden heute Abend neben Efresina Ceccarelli sitzen. Bis Sie hier aufgetaucht sind und die Pläne meiner Mutter durchkreuzt haben, hatte Efresina alle Chancen, die nächste Fürstin zu werden.“
Gaby dachte an die strahlend schöne Frau, die gar nicht erfreut gewesen zu sein schien, als sie einander vorgestellt worden waren.
„Efresina hat Giovanni von Kindesbeinen an angehimmelt“, fuhr Luca fort. „Da wäre es nett von Ihnen, wenn Sie ein wenig nachsichtig mit ihr wären.“
„Das ist doch schon in Ordnung“, erwiderte Gaby, da sie sich nicht recht betroffen fühlte. Sie drehte sich um und wollte zum Speisesaal gehen, doch auf einmal spürte sie, wie Luca sie am Arm festhielt. Ein heißer Schauer lief ihr über den Rücken.
„Ich wollte Sie nur bitten, sich gelassen zu geben, auch wenn Efresina sich unfreundlich verhält. Denken Sie immer daran, dass Giovanni Sie erwählt hat. Er hat mir mehrfach gesagt, dass Sie die einzige Frau seien, die für ihn als Braut in Frage käme.“
Aber ich will doch gar nicht, murmelte Gaby. Bis jetzt hatte sie sich niemals so sehr zu einem Mann hingezogen gefühlt, dass eine Ehe für sie in Frage gekommen wäre. Nur in Lucas Nähe hatte sie plötzlich den Eindruck, dass es da mehr geben konnte.
Sie zuckte zusammen. Was ging eigentlich mit ihr vor? Rasch wandte sie den Blick ab, damit Luca nicht erahnte, woran sie dachte. Dann machte sie sich auf den Weg zum Speisesaal, doch blieb dann wie angewurzelt auf der Türschwelle stehen, als ihr auf einmal bewusst wurde, wie man sie anstarrte. Am Ende des langen Tisches waren noch zwei Plätze frei. Eingeschüchtert lief sie dorthin. Auch Luca war ihr gefolgt und zog nun vornehm den Stuhl zurück, damit sie Platz nehmen konnte.
Staunend sah Gaby sich um. Über dem langen Esstisch hing ein strahlender Lüster. Der Tisch war mit edelstem Porzellan und Besteck aus Silber und Gold gedeckt. In den Kristallgläsern spiegelte sich das Licht. Gaby aber gelang es vor lauter Anspannung kaum, diese traumhafte Atmosphäre zu genießen. Als sie sich zur Seite drehte, um sich freundlich mit Efresina zu unterhalten, zuckte sie erschrocken zusammen. Efresina war offenbar nicht gewillt, gute Miene zu dieser Komödie zu machen und ignorierte sie. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als weiterhin den Raum zu betrachten.
An der gegenüberliegenden Wand hing ein Gemälde von einem Papst, dem Luca wie aus dem Gesicht geschnitten zu sein schien. Die gleiche Nase, der fein geschnittene Mund, die hohen Wangenknochen. Und die gleiche männliche Ausstrahlung. Abgesehen davon, dass Luca in Schwarz gekleidet war, ähnelten die beiden sich so sehr, dass sie Zwillinge hätten sein können.
„Signorina Holt ist offenbar die Ähnlichkeit zwischen mir und diesem Vorfahren aufgefallen, Effie“, sagte Luca zu seiner Tischnachbarin. „Schade, dass das Gemälde nicht in dem Museum hängt, da gehört es doch eigentlich nicht hin.“
Offenbar gefiel es Efresina gut, bei ihrem Kosenamen angesprochen zu werden, doch schien sie es immer noch nicht für nötig zu halten, Gaby auch nur eines Blickes zu würdigen.
„Das Publikum wüsste doch so ein Kunstwerk gar nicht zu schätzen“, bemerkte sie hochnäsig und wandte sich endlich doch an Gaby: „Wissen Sie eigentlich, mit was für einer bedeutenden Familie Sie es zu tun haben, Signorina?“
„Ich habe schon viel davon gehört“, erwiderte Gaby freundlich. „Und ich habe Kunstgeschichte studiert, da kenne ich mich ein wenig mit solchen Gemälden aus.“
„Ach ja, richtig. Ich habe gehört, dass Sie Amerikanerin sind. Warum sind Sie denn hierher gekommen und nicht nach Florenz oder Siena gegangen wie die meisten Ihrer Landsleute?“ Efresina hatte so laut gesprochen, dass es niemandem am Tisch entgangen war.
Gaby aber zeigte sich gelassen. Sie nahm einen Schluck Wein, bevor sie antwortete: „Meine Urgroßmutter stammt aus dieser Gegend hier. Sie ist neunundneunzig Jahre alt geworden. Kurz vor ihrem Tod musste ich ihr versprechen,
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