Romana Exklusiv 0186
Zimmer.
„Edward, ich bin sehr zornig“, rief sie aus. „Dein Benehmen ist einfach unmöglich. Wo warst du heute Vormittag? Was ist eigentlich los …?“
„Ich bin nicht Edward“, ertönte auf einmal eine tiefe, ihr unbekannte Stimme.
Natalia war im Begriff, die Tür zuzumachen, und wirbelte herum. Dann blieb sie wie erstarrt stehen. Der Fremde aus der Direktionskantine saß so entspannt in Edwards Sessel am Schreibtisch, als gehörte er dahin.
Er hatte sogar das Jackett seines dunklen Anzugs ausgezogen. Unter dem weißen Seidenhemd zeichneten sich deutlich seine breiten Schultern und seine muskulöse Brust ab. Sein Anblick verschlug Natalia den Atem, und ihr kribbelte die Haut.
Sie verstand überhaupt nichts mehr, weder ihre Reaktion auf den Fremden noch die Tatsache, dass er Edwards Platz eingenommen hatte. Zu allem Überfluss betrachtete er sie auch jetzt wieder so aufmerksam wie in der Kantine.
„Wer sind Sie?“, fragte sie. „Wer hat Ihnen erlaubt, dieses Büro zu benutzen?“
Statt zu antworten, musterte er sie ungeniert von oben bis unten. Natalia hatte das Gefühl, er würde sie mit Blicken ausziehen, und versteifte sich.
„Ich habe Ihnen eine Frage gestellt“, fuhr sie ihn an.
„Zwei“, antwortete er mit sanfter, rauer Stimme.
Die seltsamsten Regungen stiegen in ihr auf. Hilflos gestand sie sich, dass dieser Mann ihr unter die Haut ging. Aber wer war er, und warum reagierte sie so auf ihn?
Dann fiel ihr auf, wie berechnend sein verführerischer Blick wirkte. „Ich sage dem Sicherheitsdienst Bescheid“, erklärte sie und drehte sich um.
„Drei Fragen, wenn man die für Edward bestimmte hinzurechnet“, fügte er ungerührt hinzu.
Plötzlich begann sie zu begreifen. Als er ihr zum ersten Mal aufgefallen war, hatte er neben Howard gestanden. Und jetzt saß er an Edwards Schreibtisch. Er hatte sogar das Jackett ausgezogen, was nur bedeuten konnte, dass er vorhatte, länger hierzubleiben. Außerdem trug er einen italienischen Designeranzug, und er sprach mit italienischem Akzent.
O nein, das darf nicht wahr sein, dachte sie und bekam eine Gänsehaut. „Giancarlo Cardinale“, flüsterte sie.
„Stimmt genau. Bitte“, er wies auf den Sessel ihm gegenüber, „setzen Sie sich endlich, Miss Deyton. Wir müssen uns unterhalten, und dabei können wir es uns gemütlich machen.“
Natalia dachte gar nicht daran, sich hinzusetzen. Erst brauchte sie Klarheit. „Was ist los mit Edward?“, fragte sie angespannt. „Ist er krank?“
In seinen dunklen Augen blitzte es ärgerlich. „Edward ist nie krank. Ich bin sicher, das wissen Sie selbst“, entgegnete er spöttisch.
Sie versteifte sich. Es überlief sie kalt. „Ist vielleicht Ihre Schwester krank?“ Vor lauter Sorge um Edward merkte sie nicht, auf welch gefährliches Terrain sie sich begab.
Giancarlo Cardinales Miene wurde eisig. „Für eine einfache Angestellte wollen Sie sehr viel wissen.“
„Ich bin keine einfache Angestellte“, protestierte sie.
„Was denn?“
Plötzlich durchfuhr sie ein eisiger Schreck. Sie betrachtete Giancarlo Cardinale prüfend. Irgendetwas stimmte hier nicht. Wusste er etwa, in welchem Verhältnis sie und Edward zueinander standen?
Zufrieden beobachtete Giancarlo Natalias Mienenspiel. Überraschend schnell war es ihm gelungen, ihr Angst einzujagen.
Wer hätte in so einer Situation keine Angst?, überlegte er. Wahrscheinlich wusste sie, dass er sizilianischer Herkunft war und welchen Stellenwert die Familie für ihn hatte. Deshalb musste Natalia klar sein, dass sie jetzt ein großes Problem hatte.
Doch dann gestand er sich ein, dass ihm ihre Angst nicht behagte, obwohl er noch vor einer Stunde das Gebäude in der Absicht betreten hatte, Natalia Deyton einzuschüchtern. Danach hatte er sie aus der Firma hinauswerfen wollen.
Nachdem er ihr in die Augen gesehen hatte, hatte sich für ihn einiges geändert. Er konnte die sinnlichen Freuden, die sie zu versprechen schien, nicht ignorieren. Er wollte Natalia berühren, sie schmecken und sich mit ihr in wilde Lust stürzen. Ja, er wollte Tage und Nächte und herrliche Wochen damit verbringen, alles mit ihr zu erleben, was er sich vorstellen konnte, ohne irgendetwas auszulassen. Erst dann wollte er sie hinauswerfen.
Aber wenn er sie überzeugen wollte, mit ihm statt mit Edward ins Bett zu gehen, musste sie in ihm einen Freund und nicht einen Gegner sehen.
Natürlich bezweifelte Giancarlo keine Sekunde, dass sie mit ihm schlafen würde. Trotz ihrer
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