Romana Exklusiv 0187
wie eine Limousine vor einem Luxushotel hielt und drei Männer ausstiegen. Einer war ein berühmter Industrieller, den zweiten kannte sie nicht, und der dritte war Leo Dacre. Er sah Tansy, zeigte aber nicht, dass er sie kannte, sondern zog nur spöttisch die Augenbrauen hoch.
Sie ignorierte ihn und eilte weiter. Der Zwischenfall machte den Unterschied ihrer beider Welten deutlich. Der König und das Bettlermädchen, dachte sie ironisch.
Es war kein guter Tag. Für die Jahreszeit war es noch immer zu kalt, deshalb bummelten nur wenige Leute durch die Stadt. Um halb vier dachte Tansy sehnsüchtig an die Sommer in Auckland, die im November begannen und manchmal bis Juni dauerten.
Sie packte ein, sagte sich, dass das flaue Gefühl im Magen tatsächlich Hunger sei und nicht etwa Enttäuschung oder eine böse Vorahnung, und zog los.
Einen Moment später hielt ein Auto neben ihr. Es war Leo. „Steigen Sie ein. Ich spendiere Ihnen einen Drink.“ „Ich bin auf dem Weg nach Hause.“ Tansy war erschrocken über die verräterische Hitze, die sie durchflutete.
„Ich möchte mit Ihnen über Rick sprechen.“ Leo verließ den Wagen, öffnete die hintere Tür und streckte die Hand nach ihrer Gitarre aus. „Na los, wir trinken irgendwo Tee, und danach bringe ich Sie sofort nach Hause.“
Noch während Tansy überlegte, warum er eine solche Wirkung auf sie hatte, gab sie ihm das Instrument und stieg ein.
„Wie lange sind Sie schon Straßenmusikerin?“, fragte Leo, als er losfuhr.
„Warum stellen Sie Fragen, auf die Sie die Antworten bereits kennen?“
„Was genau meinen Sie damit?“
Entnervt blickte Tansy ihn an. „Nun, Sie haben offensichtlich einen Privatdetektiv auf Rick angesetzt. Wie hätten Sie mich sonst finden sollen? Ich wette, Sie haben sogar ein Dossier über mich, stimmt’s?“
Leo Dacre lachte. „Nun, ich weiß, dass Sie von zu Hause ausgerissen sind und ein Jahr lang spurlos verschwunden waren. Weshalb?“
„Steht das nicht ausführlich in Ihrem Bericht?“
„Ihre Familie sagt, Sie seien schwer zu bändigen gewesen.“
Tansy zuckte die Schultern. „Meine Pflegeeltern und ich waren zu verschieden. Ich gebe nicht ihnen die Schuld. Mit mir zu leben muss unmöglich gewesen sein.“
„Was ist mit Ihren leiblichen Eltern?“
„Hat Ihr Detektiv das nicht herausgefunden?“ Tansy begann zu erkennen, dass sie diesem Mann gegenüber verletzlich war.
Leo zuckte die Schultern. „Ich weiß nur, dass Sie mit vier Jahren zu den O’Briens gekommen sind und davor in einem Heim gelebt haben.“
Da ihr Selbstschutz zu bröckeln begann, hoffte Tansy, ihn zu schockieren. „Meine Mutter war eine Prostituierte. Sie hat sich nicht ordentlich um mich gekümmert, also hat man mich abgeholt.“ Sie warf Leo einen herausfordernden Blick zu, doch zu ihrer Überraschung verriet seine Miene weder Abscheu noch Erstaunen.
„Wie alt waren Sie damals?“
„Achtzehn Monate.“ Er kann ebenso gut die ganze Geschichte erfahren, dachte Tansy wütend. „Meine Mutter ist über das Wochenende mit einem Mann weggefahren. Eine Freundin sollte mich abholen, aber die hatte was Besseres vor, und so blieb ich allein in der Wohnung, bis die Nachbarn mein Schreien nicht mehr ertragen haben.“
Leo Dacre fluchte leise. „Menschen können schrecklich sein. Haben Sie Ihre Mutter je wiedergesehen?“
„Nein.“ Tansy wollte nicht, dass er Mitleid mit ihr hatte.
„Sie starb zwei Jahre danach. Ich erinnere mich nicht an sie.“
„Wie haben Sie das erste Jahr allein überlebt, als Sie von Ihrer Pflegefamilie fortgelaufen sind?“
Dass sein Detektiv darüber nichts herausgefunden hatte, überraschte Tansy nicht. Sie hatte bei einer Frau gewohnt, die es zu ihrer Lebensaufgabe gemacht hatte, Ausreißer bei sich aufzunehmen. Tansy würde dem Schicksal ewig dankbar sein, dass die großherzige Witwe damals das dünne, ängstliche Mädchen am Bahnhof bemerkt hatte.
„Es war erstaunlich leicht“, erwiderte sie betont locker.
„Ich bewundere Zielstrebigkeit.“ Leo überholte geschickt einen unvorsichtigen Radfahrer. „Fast so sehr wie Loyalität.“
Glaubte er, ihr Ricks Aufenthaltsort mit Schmeicheleien entlocken zu können? „Beides sind gute Eigenschaften.“
„Wenn man es nicht übertreibt.“
Sie nahm die Herausforderung an. „Kann man Loyalität übertreiben?“
„Oh, ich denke schon.“ Leo hielt auf dem Parkplatz, und sie stiegen aus.
Der Park lag in einer Senke, der Duft der Rosensträucher war
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