Romana Exklusiv 0187
ultramodern eingerichteten Frühstücksraum. Erst bei der Abfahrt aus Agra traf sie wieder mit ihm zusammen.
Anfangs war er sehr wortkarg, was ihr recht willkommen war, obwohl die Spannung sie belastete. Kurz hinter Agra veränderte sich die Landschaft dramatisch, sie wurde rauer, felsiger, und allmählich wich Bridgets Unbehagen der Faszination für die atemberaubende Szenerie. Gegen Mittag machten sie Rast, um etwas zu trinken und einen leichten Lunch einzunehmen. Als sie weiterfuhren, wurde das Gelände immer unwegsamer.
„Rajasthan, das einstige Rajputana“, erklärte Jordan. „Hier symbolisiert die Wüste die Tradition des Volkes. Du hast bestimmt schon von diesen Hindufürsten gehört oder gelesen, von ihrem glühenden Stolz, dem tief verwurzelten Ehrgefühl, der ausgeprägten Ritterlichkeit und unerschütterlichen Tapferkeit.“
Bridget war wie verzaubert. Die Region war berühmt für ihre Städte, Festungen, Serails und Paläste sowie für die künstlichen Seen, aus denen sich weiße Traumschlösser erhoben. Das Land war karg und üppig zugleich, ein prachtvolles Relikt einer ruhmreichen Vergangenheit. Das Straßenbild wurde von Kamelen und Rajputen beherrscht. Die einheimischen Frauen trugen leuchtende Saris in Indigo, Safrangelb, Pink, Türkis, Himmelblau und Rotbraun, die Männer schmückten sich mit gelben, orangefarbenen oder roten Turbanen: alles Farben der Sonne.
„Die Menschen hier verehren die Sonne“, berichtete Jordan.
Die Sonne war tatsächlich allgegenwärtig. Sie beherrschte den Himmel, ließ die wilde Landschaft verdorren, Felsen und Wüste glühen und versengte die Haut.
„Die künstlichen Seen müssen ein Vermögen gekostet haben“, meinte Bridget bewundernd.
„Die Rajput-Prinzen besaßen unermessliche Reichtümer. Ein Fürst musste fünf Dinge aufweisen: einen Tempel, eine Festung, einen Palast, einen See und einen Park. Häufig baute ein Radscha ein Wasserschloss für eine Dame, die er zwar schätzte, aber nicht mehr in seiner Nähe haben wollte. Es gab damals sehr viele streitlustige Ehefrauen und eifersüchtige Konkubinen – wie immer, wenn ein Mann mehrere Frauen gleichzeitig hat. Es waren dramatische Zeiten, die Mädchen in den Harems waren unglaublich verwöhnt, doch die Geschichte weiß von unzähligen Intrigen, Giftmorden, Kriegen und politischen Allianzen, die im Frauentrakt ihren Ursprung hatten.“
„Ein faszinierender Gedanke, dass Menschen einmal so gelebt haben.“
„Ja, nicht wahr? Diese Fürsten hatten einfach alles“, fuhr Jordan versonnen fort. „Sie liebten die Jagd, Frauen und Luxus, aber sie liebten auch die Herausforderungen und Entbehrungen des Kampfes, und ihr Leben endete oft in einem Blutbad. Es gab unzählige Kriege und Belagerungen. Ihre Forts sind eigentlich Leichenhäuser, Beweise für ihre Unfähigkeit einzulenken. Wenn das Ende nahte, legten die Frauen ihre schönsten Kleider an und stiegen in eine unterirdische Kammer, um sich selbst zu verbrennen, während die Männer die Festung in ihren prächtigsten Uniformen verließen, um zu sterben. Ich finde es ein bisschen traurig, dass es auf der Welt keine so extremen Charaktere mehr gibt.“
Offenbar respektierte er die Rajput-Fürsten der Vergangenheit und identifizierte sich vielleicht sogar mit ihnen. Sie hatten mit absoluter Macht regiert und waren für das Leben ihrer Untertanen verantwortlich gewesen, demzufolge hatten sie das Recht beansprucht, über ihr Volk zu herrschen, wie es ihnen beliebte.
Nun, wenn Jordan Macht romantisch fand, zeigte das nur, wie wenig er und Bridget gemeinsam hatten.
Der Gedanke deprimierte sie. Eigentlich sonderbar, denn warum sollte sie sich wünschen, mit Jordan etwas gemeinsam zu haben?
7. KAPITEL
Irgendwann auf ihrem Weg quer durch dieses von der Sonne verbrannte, todbringende und zugleich so ruhmreiche Land passierten sie einen großen Ort, dessen ältester Teil von hohen hellroten Mauern umgeben war. Die schmalen Gassen und alten Gebäude wurden von einem halb verfallenen Fort bewacht, das auf einem einzelnen Bergkamm thronte.
„Dies war einst die Wüstenhauptstadt von Chiranji Narayans Vorfahren“, erklärte Jordan. „Das Hotel hier gehört noch immer der Familie, es handelt sich um einen ihrer kleineren Paläste. Chiranji ist in der Hotelbranche berühmt. Als ich ihn vorhin anrief und ihm mitteilte, ich würde dich mitbringen, erzählte er mir, dass er unlängst eines dieser Wasserschlösser erworben hat, die dir offenbar so gut gefallen. Er
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