Romana Exklusiv 0188
beendete, denn er hatte eine literarische Begabung, und seine Geschichten waren interessant. Und dennoch … Er strahlte eine Unnahbarkeit aus, die Frankie einfach nicht überwinden konnte.
Wenn sie erfolgreich mit ihm zusammenarbeiten wollte, musste sie mehr über ihn wissen. Sie musste verstehen, was in ihm vorging und was ihn zum Schreiben bewog. Aus Erfahrung wusste sie, dass die meisten Autoren nur zu gern von sich redeten. Julian Tarrant dagegen hatte ihr kaum etwas von sich erzählt – und das widerwillig.
Sie wusste also, dass er geschieden war, und zwar vermutlich erst seit Kurzem, weil er noch über Dinge wie das Besuchsrecht für seine Kinder verhandelte. Da er noch sein Haus auf Cerne Farm bewohnte, dessen Einrichtung den erlesenen Geschmack einer Frau verriet, glaubte sie, dass seine Frau ihn verlassen und die Kinder mitgenommen hatte.
Wie schön für sie!, dachte Frankie, als sie sich an diesem Abend unter ihre Bettdecke kuschelte. Wer würde es schon mit einem solchen Mann aushalten!
Aber dennoch … mal angenommen, seine Exfrau war dafür verantwortlich, dass er so distanziert und unfreundlich war und Frauen allgemein ablehnte? Sofort war Frankie hellwach, schockiert über die Vorstellung, Julian Tarrant könnte an einem gebrochenen Herzen leiden.
Der Gedanke, dass er kein Frauenhasser war, sondern eine Frau zu sehr geliebt hatte, ließ sie nicht mehr schlafen, obwohl sie nach dem anstrengenden Tag völlig erschöpft war.
Julian Tarrant ist nichts für dich, versuchte sie sich einzureden. Eine Beziehung zwischen ihnen wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt. Trotzdem durchlebte Frankie immer wieder den kurzen Moment, als sie sich in die Augen geblickt hatten und einander beinah nähergekommen wären.
Nein, nur weil wir allein waren, ich eine Frau bin und da war, dachte sie empört. Auf keinen Fall würde sie einzig aus dem Grund mit einem Mann schlafen, oder? Entschieden schloss sie die Augen, um endlich zu schlafen.
Am nächsten Morgen regnete es nicht mehr, doch der Himmel war noch immer grau, als Frankie im Verlagshaus von Cooper Masterman in der Nähe der Baker Street eintraf.
Da sie in der Nacht schlecht geschlafen hatte, fühlte sie sich wie zerschlagen. Ivor Masterman erwartete von seinen Mitarbeitern höchste Einsatzbereitschaft, und Frankie hatte um halb zehn eine Besprechung mit ihm. Daher blieb ihr nur Zeit, um schnell eine Tasse Kaffee zu trinken und die Post durchzusehen, während ihre Assistentin Sally diese öffnete.
„War gestern irgendetwas Besonderes?“
„Eigentlich nicht.“ Sally öffnete einen weiteren Umschlag und legte den Briefbogen zu den anderen auf den Schreibtisch. Sie war eine zuverlässige junge Frau und wie eine Freundin für Frankie. „Der große Meister hatte gestern schlechte Laune, also pass auf, wenn du in die Höhle des Löwen gehst. Wie war dein Tag?“
Frankie stöhnte vielsagend.
„Frag bitte nicht! Es war einfach schrecklich!“, erwiderte sie zerknirscht. „Die Fahrt war grässlich, weil es die ganze Zeit geregnet hat. Das Haus lag in der Einöde und war nicht beheizt. Und was den neuen Autor, Julian Tarrant, betrifft – ich bin noch nie einem so selbstherrlichen und unfreundlichen Mann begegnet.“
Sally betrachtete sie neugierig.
„Wow! Sieht er gut aus?“, erkundigte sie sich interessiert.
In den letzten Jahren hatte sie sich zunehmend bemüht, Frankies Liebesleben auf die Sprünge zu helfen, und offenbar machte sie sich keine großen Hoffnungen mehr.
Frankie verzog das Gesicht.
„In gewisser Weise ja“, gestand sie. „Aber edel ist, wer edel handelt, und Mr. Tarrant tut das nicht. Ich bin drauf und dran, Ivor Masterman zu sagen, dass ich mit diesem Autor nicht fertig werde.“
„So leicht wirst du nicht klein beigeben“, widersprach Sally ernst, „und das weißt du auch.“
Frankie wusste, dass es keinen Zweck hatte, mit Sally zu diskutieren, da diese sie zu gut kannte. Daher lächelte sie nur. Es gab genügend andere Lektoren bei Cooper Masterman, die Julian Tarrant liebend gern betreuen würden, wenn sie es ablehnte.
„Übrigens hast du dich wohl in Bezug auf mein Geschlecht nicht klar ausgedrückt, als du den Termin mit Mr. Tarrant vereinbart hast“, erklärte sie. „Unser Freund hat anscheinend einen Mann erwartet und fühlte sich ein wenig auf den Schlips getreten, als ich dort auftauchte.“
Sally war verblüfft.
„Tut mir leid – ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass das eine Rolle
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