Romana Exklusiv 0225
diesen Gedanken allerdings gleich wieder. Sie durfte sich von Marcos’ Argwohn nicht anstecken lassen und musste wie Patricio daran glauben, dass das Schicksal seine Hand im Spiel gehabt hatte. Es spielte ohnehin keine Rolle, weil niemand seelischen Schaden genommen hatte.
Nur bei mir wird es wohl der Fall sein, dachte sie. Aber es war ihre eigene Schuld. Sie hätte nicht nach Venezuela kommen dürfen. Nicole blickte zu Marcos und Elena, die auf der anderen Seite des Salons saßen und in ein Gespräch vertieft waren. Kein Mann hätte die Stirn, sich mit seiner Geliebten und seiner zukünftigen Frau in einem Raum aufzuhalten, oder?
Nicole riss sich zusammen. Sie musste die Affäre beenden, bevor sie noch mehr Gefühle investierte.
Ihre Vermutung, dass Patricio in Isabella verliebt ist, erwies sich als richtig, als Nicole ihn wieder ansah und den Gesichtsausdruck bemerkte, mit dem er Isabella betrachtete.
Schnell setzte er wieder eine fröhliche Miene auf. „Erzähl mir von deiner Arbeit“, bat er.
„Wenn du so für sie empfindest, warum unternimmst du dann nichts?“, fragte sie ihn leise und schüttelte den Kopf, als er es abstreiten wollte. „Ich habe dich eben beobachtet. Weiß sie es?“
Er machte eine resignierte Geste. „Du bist die Einzige, die es erraten hat, und ich hoffe, es bleibt so.“
„Ich habe nicht die Absicht, es jemandem zu erzählen. Wie lange liebst du sie schon?“
„Seit sie ein Schulmädchen war“, gestand er. „Für sie hat es immer nur Marcos gegeben.“
„Aber er ist vierzehn Jahre älter als sie.“
„Wenn man verliebt ist, stört einen der Altersunterschied nicht. Sie hofft, dass er sich doch nicht für Elena, sondern für sie entscheidet. Die Chancen sind gering, aber solange er ledig ist, wartet sie auf ihn.“
„Und du hast nie versucht, ihr zu sagen, was du für sie empfindest?“
„Es hätte keinen Sinn. Für sie bin ich wie ein Bruder.“
„Dann unternimm etwas dagegen.“ Allmählich fand Nicole Gefallen daran, ihm Mut zu machen, zumal es sie von Marcos und Elena ablenkte.
Patricio lächelte schwach. „Ich habe es versucht. Sie wird nicht eifersüchtig, wenn ich mit anderen Frauen flirte.“
Nun wurde ihr einiges klar. „Mich eingeschlossen, nehme ich an?“
„Dich eingeschlossen.“ Er wirkte nur ein wenig verlegen. „Allerdings hatte ich bei dir auch keine Chance.“
„Trotzdem würde ich die Hoffnung nicht aufgeben“, ermunterte sie ihn. „Ihren Blicken nach zu urteilen, ist Isabella nicht gerade begeistert darüber, dass du neben mir sitzt.“
„Glaubst du wirklich?“ Jetzt klang er schon optimistischer.
„Ganz bestimmt.“ Ihrer Meinung nach entsprangen Isabellas feindselige Blicke zwar vielmehr allgemeiner Bitterkeit ihr gegenüber, doch sie musste ihm einfach Mut machen.
Aus einem Impuls heraus nahm sie seine Hand und drehte sie um. „Lass mich dir die Zukunft vorhersagen.“
„Du kannst aus der Hand lesen?“, fragte er fasziniert.
„Ich habe mich mal damit beschäftigt.“ Das war leicht übertrieben, denn sie hatte sich nur einmal auf einer Party darin versucht, als sie beschwipst gewesen war. „Du hast eine starke Herzlinie“, fuhr sie fort. „Und eine sehr lange Lebenslinie. Ich sehe vier … nein, fünf Kinder, vielleicht sogar sechs. Jedenfalls wirst du wohl sehr beschäftigt sein.“
„Ich glaube dir kein Wort!“, meinte er lachend.
Nicole krauste die Nase. „Du Ungläubiger!“
Plötzlich merkte sie, dass einige andere Gäste auf sie aufmerksam geworden waren, unter anderem auch Marcos. Im ersten Moment hätte sie Patricios Hand am liebsten fallen lassen, doch dann schloss sie langsam seine Finger. „Wenn du Isabella unbedingt haben willst, musst du um sie kämpfen“, sagte sie leise. „Es liegt an dir.“
Erst nach eins brachen sie schließlich auf. Marcos saß am Steuer der silberfarbenen Limousine, in der er Nicole auch vom Flughafen abgeholt hatte, und nach zwanzig Minuten trafen sie auf Las Veridas ein. Als Leonora vorschlug, noch einen Schlummertrunk zu nehmen, lehnte Nicole als Einzige ab.
„Ich gehe gleich nach oben, wenn es euch nichts ausmacht.“ Sie tat so, als würde sie gähnen. „Ich kann kaum noch die Augen offen halten.“
Ohne einen Blick in Marcos’ Richtung zu riskieren, eilte sie nach oben. Es kostete sie große Überwindung, die Zimmertür hinter sich abzuschließen, doch sie hatte keine andere Wahl, denn ihre Affäre mit Marcos hatte keine Zukunft.
Wie sich herausstellte,
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