Romana Exklusiv 0225
„Oh … Sarah!“
„Es kann nicht von Bedeutung sein. Ich habe den Mann doch bloß zwei oder drei Mal gesehen.“
„Daran solltest du schleunigst etwas ändern.“
„Leicht gesagt! Wie sollte ich das bewerkstelligen?“ Bei dem Gedanken an ein Wiedersehen mit Ben hatte Sarah den Eindruck, als würde jemand leichte Stromstöße durch ihren Körper jagen.
„Nimm noch einmal Urlaub.“
Sarah verzog das Gesicht. „Wie du dich erinnern wirst, konnte er es kaum abwarten, dass wir endlich verschwinden.“
„Vielleicht nur, weil ich ihn in Beschlag nahm, er aber an dir interessiert war.“
„Hm.“ Konnte das der Grund für sein distanziertes Verhalten gewesen sein? Empfand er Toris unter Tabletteneinfluss leichtfertig dahergeredete Bemerkung, Sarah wolle nichts von ihm und überlasse ihn gern Tori, als eine tiefe Kränkung? Die womöglich noch besonders schlimm gewesen war, wenn er sich ernsthaft für Sarah interessiert hatte? An seiner Stelle hätte Sarah wohl auch so reagiert wie er.
„Jetzt ist es zu spät, Tori.“ Aber was war mit dem weniger guten ersten Eindruck, den Ben bei Sarah hinterlassen hatte? Bens Kompetenz als Arzt, die er bei der Behandlung Toris bewiesen hatte, wie auch der Umstand, dass es eine sehr ernsthafte Seite seiner Persönlichkeit gab, bedeuteten noch lange nicht, dass er als Mann nicht trotzdem unverbindliche Affären bevorzugte.
„Nein, zu spät ist es nicht.“
„Wir können uns aber nicht schon wieder Ferien leisten … Moment mal – sieh dir das an!“ Sarah deutete auf den Bildschirm. Gerade wurden die Nachrichten gesendet, zu sehen waren Aufnahmen von zerstörten Hütten und von Palmen, die sich in heftigem Sturm bogen. Sarah nahm die Fernbedienung, um lauter zu stellen. Es konnten doch wohl nicht die Fidschi-Inseln betroffen sein, oder? Eine Landkarte erschien im Bild, gezeigt wurde der Verlauf des Wirbelsturms. Die am schlimmsten betroffene Gegend lag weiter nördlich. Vielleicht Samoa oder die Solomon-Inseln? War Ben trotzdem involviert?
Ärgerlicherweise war der Bericht gerade, als sie den Lautstärkeregler betätigt hatte, beendet.
„Ob Fidschi arg getroffen wurde?“ Tori starrte noch immer auf die Mattscheibe. „Ruf Matthew an und erklär ihm, dass du dich zur Verfügung hältst für den Fall, dass eine Hilfsmannschaft von hier dorthin startet.“
„Das wäre wohl ein Zufall!“
„‚Denken Sie nicht, dass Sie ja doch nie zum Einsatz kommen‘“, zitierte Tori aus Matthews Vortrag.
Da klingelte das Telefon. Tori wurde ganz blass. „Bestimmt für dich“, flüsterte sie. „Jetzt ist es so weit, Süße, ich wette mit dir.“
„Ach, Unsinn!“
Doch als Sarah den Hörer abhob, wurde ihr Blick sogleich todernst, und ihr Herz begann heftig zu pochen.
6. KAPITEL
„Sind Sie schon mal in einer Hercules geflogen?“
Sarah nickte und musste dann fast schreien, um den Motorenlärm zu übertönen. „Zufällig erst vor ein paar Wochen. Meine Schwester brach sich im Urlaub auf den Fidschi-Inseln ein Bein, und wir wurden in einer solchen Maschine in die Heimat zurücktransportiert.“
Dieses Mal war der Flug ähnlich unbequem, sie saßen auf einer harten Bank im Rumpf der riesigen, mit Kisten voll medizinischer Hilfsgüter beladenen Militärmaschine.
„Katastrophenhilfe im Ausland, das ist allerdings neu für mich“, setzte sie hinzu.
„Es ist ein harter Job.“ Der junge bärtige Doktor neben ihr, der aus einer anderen Klinik in Auckland kam, war ihr unbekannt. „Schenkt einem aber enorm viel Befriedigung. Ich heiße übrigens Kevin Fielder. Bin Facharzt für Chirurgie.“
„Schön, Sie kennenzulernen. Ich bin Sarah Mitchell. Unser Medizinerteam wird im Krankenhaus von Suva stationiert sein, richtig?“ Dies war für Sarah der entscheidende Grund gewesen, sich auf jenen Anruf hin freiwillig zur Katastrophenhilfe auf der Pazifikinsel zu melden. Die Aussicht, Ben wiederzusehen, hatte Sarah jede Angst davor, was der Einsatz ihr abverlangen könnte, vergessen lassen.
„Wir werden aufgeteilt, ein paar von uns gehen nach Nadi und nach Lautoka.“
Die Hauptstadt der Fidschi-Inseln war Suva, in der dortigen Klinik war Tori behandelt worden. Sarah hatte keine Vorstellung, wie weit der Ort von Nadi oder Lautoka entfernt war oder wie groß die Kliniken in den anderen Städten waren. Auch hatte sie keine Ahnung, wo und wozu man in einer solchen Krisensituation einen Arzt wie Ben einsetzen würde.
Vielleicht war er auch auf den kleineren Inseln unterwegs
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