Romana Exklusiv 0225
Pflegemutter zu sein, an erster Stelle stand – er liebte sie genug, um auch mit dem Maß an Liebe zufrieden zu sein, das sie außer für Phoebe für ihn empfand. Und nach seinen Erfahrungen der letzten paar Tage war an diesem Maß an Liebe zu ihm nicht das Geringste zu bemängeln!
Vielleicht wollte er das Unmögliche – erfahren, ob Sarah sich genauso für ihn interessieren würde, wenn es Phoebe nicht gäbe. Doch er hatte eine Tochter, und die Tatsache, dass Sarah in sie vernarrt war und gleichzeitig verliebt in ihn, sollte ihm doch eigentlich als perfekt erscheinen.
Vollkommen. Also wollte er ihr nun doch einen Antrag machen. Er brauchte nur noch ein klein wenig Zeit, um den Kopf ganz klar zu bekommen. Ben löste die unbewusst geballten Fäuste. Es war jedoch nicht einfach, den inneren Druck loszuwerden, und so entschloss er sich, jetzt nicht hinunter zum Strand zu Sarah und Phoebe zu gehen. Sie könnten seine Anspannung bemerken und sich nur unnötig Sorgen machen.
Lieber wollte er den Weg zurückjoggen und dabei die letzten Skrupel, die ihm jetzt als egoistische und verquere Bedenken erschienen, restlos abschütteln.
Und danach um Sarahs Hand anhalten.
Warum war Ben auf dem Weg zu ihr umgekehrt?
Sarahs Freude, mit Phoebe am rauschenden Wasserfall zu spielen, war verflogen. Etwas war nicht in Ordnung. Und das schon die ganze Zeit. Sie hatte nur einfach die Zweifel, die sehr wohl zu spüren waren, nicht wahrhaben wollen.
Als sie Ben oben auf dem Felsen hatte stehen sehen, war ihr klar gewesen, dass er sie kritisch musterte, wie sie mit seiner Tochter umging. Phoebe stand bei ihrem Vater bekanntlich an erster Stelle. Ihretwegen ging er nur Affären ein, das Wichtigste für ihn war, dass niemand Phoebe schadete. Und hier komme ich daher und will für immer alle beide lieben! dachte Sarah ironisch.
Wären Bens Gefühle für mich anders, wenn er nicht Vater wäre? fragte sie sich. Bin ich für ihn wirklich die Frau seines Lebens, oder ist für ihn das Wichtigste an mir, dass ich für Phoebe eine passende Mutter wäre? überlegte sie weiter. Hatte Ben ihr doch gestanden, dass er sich schuldig an Phoebes Unfall fühlte und daran, dass sie seither ohne Mutter war.
Vielleicht war die Einladung auf seine Insel ein großer Verhaltenstest, und vielleicht hatte Ben deswegen Phoebes Kindermädchen dienstfrei gegeben. Für eine langfristige Beziehung muss er sich sicher sein, dass ich für sein Kind die richtige Mutter bin, dachte Sarah. Eben hatte er wohl geglaubt, auf dem Felsen unbeobachtet zu sein. Phoebe hatte ihren Vater tatsächlich nicht bemerkt, und Sarah hatte so getan, als sähe sie ihn nicht. Sie hatte die freudige Erwartung genießen wollen und dann den Augenblick, wenn er plötzlich hinter ihr stand.
Hatte er es etwa für möglich gehalten, dass sie nicht liebevoll mit Phoebe umging? Er hatte aber vorhin nichts Beunruhigendes entdecken können – Sarah hatte alles bedacht! Phoebes genähte Wunde hatte einen sauberen Verband, und Ben hatte Sarah zugestimmt, dass ein Bad im Salzwasser und ein Weilchen in der Sonne den Heilungsprozess nur fördern konnten. Phoebe trug einen Sonnenhut mit einem Schleier zum Schutz ihrer transplantierten Gesichtshaut, dazu wegen ihrer Armverletzung beim Spielen im Sand eine langärmelige Bluse. Und Phoebe hatte viel gelacht, ein Zeichen, wie wohl sie sich in Sarahs Gegenwart fühlte.
Warum war er eben trotzdem nicht zu ihnen gekommen?
Vielleicht wurde er angepiept und zu einem Notfall gerufen, dachte Sarah. Es gab keinen Grund zur Beunruhigung. Sie lächelte Phoebe an. „Komm, wir müssen zurückgehen, deine kleine Schildkröte hat bestimmt Hunger.“
Phoebe warf die Händchen in die Luft. „Ja – Futter geben!“
Sarah hob Phoebe auf den Arm und ging los. Es gab keinen Anlass zur Sorge. Was Phoebe betraf, konnte sie jeden Test bestehen. Und wenn sie in Bens Leben wirklich erst an zweiter Stelle stünde, wäre das so schlimm? Auch dann wollte sie ihn heiraten, denn selbst wenn die Situation dann nicht ganz perfekt wäre, so doch noch immer tausendfach schöner, als Sarah zu träumen gewagt hätte.
Sie würde an der Seite des Mannes, den sie liebte, durchs Leben gehen. In einer Liebesbeziehung war das Interesse aneinander sowieso nie bei beiden Partnern hundertprozentig gleich. So wurde es einem nur im Märchen vorgegaukelt. Das wirkliche Leben war nie vollkommen perfekt.
Ein Anruf aus der Klinik, als sie zu dritt beim Abendessen saßen, schien Ben zu
Weitere Kostenlose Bücher