Romana Exklusiv 0225
verdrießen. „Zu ärgerlich, aber ich muss noch einmal mit meinem Boot los. Ein Motorradunfall. Der Fahrer hat etliche Knochenbrüche.“
„Nicht weggehen, Papa. Du wolltest mir doch vorlesen.“
„Tut mir furchtbar leid, Prinzessin.“ Ben tätschelte Phoebes Köpfchen. „Vielleicht mag Sarah das heute Abend übernehmen.“
„Herzlich gern.“ Sarah nickte eifrig. „Es klingt, als wärest du nicht so bald wieder hier, Ben.“
Er nickte. „Wartet nicht auf mich. Mitunter muss ich die ganze Nacht in der Klinik bleiben.“
Seine dunklen braunen Augen verrieten, wie viel ihm die Vorstellung ausmachte, auf eine Liebesnacht zu verzichten, darauf, ganz eng mit Sarah zusammen zu sein … in den kostbaren Stunden trauter Zweisamkeit, wenn Phoebe selig schlummerte. Sarah signalisierte ihm mit ihrem Blick, dass ein solcher Verzicht sie ähnlich verstimmte. Dann lächelte sie. Alles würde gut werden mit ihnen beiden. Sie hatte jetzt ein ganz sicheres Gefühl.
„Sei unterwegs vorsichtig, Ben. Phoebe und ich kommen prima klar, bis du wieder zurück bist.“
Doch am nächsten Morgen war Ben noch nicht da. Mara, die Haushälterin, teilte beim Servieren des Frühstücks am Pool mit, dass Ben gegen Mittag zu Hause sein würde. Sarah lächelte Phoebe an. „Da können wir beide den Vormittag am Strand verbringen.“
Als beide wenig später ans Wasser kamen, zeigte Phoebe auf ein kleines, flaches Kanu aus Holz. „Damit möchte ich fahren.“
„Warum nicht?“, dachte Sarah laut. Das Meer war ruhig, und eine kleine Kanupartie um die Insel herum war ein netter Zeitvertreib.
Rasch hatte Sarah das schmale Boot vom Strand ins seichte Wasser gezogen. Phoebe nahm in der Mitte Platz und quiekte, als das Kanu bei Sarahs Einstieg schwankte. Sarah paddelte weit genug von der Insel weg, um nicht an Felsgestein anzuecken. Als sie sich an das schwere Paddel gewöhnt hatte, genoss sie das sanfte Gleiten auf dem glitzernden Wasser.
Eine Weile ließen sie sich von den flachen Wellen tragen und beobachteten die große Vielfalt an bunten Fischen und Meerespflanzen im glasklaren Wasser.
„Mach, dass das Boot schneller fährt!“, rief Phoebe schließlich.
„Dann musst du dich gut festhalten.“ Sarah grinste. „Los geht’s!“
„Da – ein großer Fisch“, rief Phoebe kurze Zeit später. „Schau, Sarah!“
Sarah hielt das Paddel still und drehte sich um.
„Oh nein“, keuchte sie entsetzt.
Vor lauter Bemühen, Phoebe mit schneller Fahrt Freude zu bereiten, hatte Sarah nicht bemerkt, dass sie inzwischen ein gutes Stück in die offene See geraten waren. Ihr Kanu war schon viel weiter von Bens Insel entfernt, als sie es vorgehabt hatte.
Es wäre nicht weiter schlimm gewesen, hätte der „große Fisch“ nicht eine dreieckige schwarze Finne gehabt.
Haie greifen von sich aus nicht an, redete Sarah sich gut zu. Wie oft hatte sie schon über Tori gelästert, dass deren Ängste auf einem Volksglauben beruhten, der sich infolge all der Horrorfilme hartnäckig hielt?
Doch wie oft hatte Tori ihr schon aus der Zeitung vorgelesen, dass leichtfertige Schwimmer durch einen Haiangriff Arme, Beine oder gar das Leben verloren?
Sarah zog das Paddel aus dem Wasser, um den Hai nicht auf ihr Kanu aufmerksam zu machen. Sicher würde er abdrehen, und Sarah konnte schnurstracks zum Strand zurückpaddeln.
„Er schwimmt immer um uns herum“, rief Phoebe begeistert. „Der große Fisch mag uns, Sarah.“
Der Hai umkreiste allerdings nicht immer auf gleicher Bahn ihr schmales Boot. Mit jeder Umrundung kam er näher.
Ein Ruck gegen eine Bootskante ließ Sarah den Atem stocken.
Phoebe hingegen schien begeistert. „Er will spielen!“
„Er ist kein netter Fisch“, sagte Sarah bedächtig. „Bleib ganz ruhig sitzen und sei ganz leise.“ Sie wickelte rasch ihren Sarong vom Leib, schmiegte sich eng an Phoebe und hüllte den Wickelrockstoff schützend um sich und das Mädchen. Dann umklammerte sie fest das schwere Paddel. Es war zwar für den Fall der Fälle eine lächerliche Waffe, aber die einzig verfügbare.
Sarah kauerte in Wartehaltung. Jeden Augenblick konnte der Hai angreifen.
Bens Müdigkeit von der Nacht in der Chirurgie war wie weggeblasen von der frischen Brise, die ihm an Deck seines Motorboots ins Gesicht blies, als er in Windeseile seine Insel ansteuerte. Der Bootsmotor lief auf Hochtouren, denn Ben wollte dringend zu Sarah. Von seiner Erschöpfung merkte er auch deshalb kaum etwas, weil ihm seine neue Klarheit einen
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