ROMANA EXKLUSIV Band 0179
zum Heck des Boots, wo Richard stand.
„Du musst nur auf das Trittbrett steigen, von dort aus kannst du mühelos an Bord klettern.“ Er nahm sie bei der Hand. „Keine Angst, ich lasse nicht zu, dass du ins Wasser fällst. Ich bleibe dicht hinter dir.“
Genau das ist es, was mir Unbehagen verschafft, dachte Helen und bemühte sich, seine Anweisungen zu befolgen. Dabei versuchte sie, nicht an jene Nacht zu denken, als sie seinen starken Körper so nah an ihrem gespürt hatte. Flink kletterte sie über die Heckleiter an Bord und schaute sich staunend um. Die Ocean Tramp war ein wunderschönes Schiff und alles andere als ein Tramp. Mit ihrer schlanken Form und den auf Hochglanz polierten Chromteilen, die in der Sonne funkelten, hätte Helen sie eher als „Lady“ bezeichnet.
„Alles in Ordnung?“, fragte Richard, der ihr an Deck gefolgt war und sich damit beschäftigte, die Leinen zu lösen.
„Oh ja“, bestätigte Helen nervös. Nun war sie mit Richard ganz allein. Er startete den Motor, und sofort fuhr das Schiff kraftvoll durchs Wasser. Schnell hatte die Ocean Tramp die übrigen Boote, die in der Meerenge vor Anker lagen, hinter sich gelassen. Nachdem sie ein gutes Dutzend kleinerer Inseln passiert hatten, schaltete Richard den Motor ab und setzte mithilfe der hydraulischen Winschen die Segel. Nun schaukelte die Jacht friedlich im Wasser.
Erst jetzt wurde Helen klar, warum Richard behauptet hatte, die Jacht allein segeln zu können. Bislang hatte sie geglaubt, Segeln sei ein Sport, der viel Kraft erforderte. Aber keines der Segel musste per Hand mühsam nach oben gezogen werden. Ein einfacher Knopfdruck genügte, und alles geschah automatisch. Wenn sie wieder daheim war, würde sie Diana alles ganz genau schildern.
Was würde sie Diana sonst noch erzählen? Sie konnte schlecht sagen: „Dein Dad ist mit mir segeln gegangen.“ Außerdem glaubte Diana, dass ihr Vater tot war.
Mittlerweile fuhr die Jacht schneller und schoss geradezu durchs Wasser. Bei jeder Wellentalfahrt verkrampfte sich Helens Magen. Hoffentlich wird mir nicht übel, dachte sie ängstlich. Hastig verließ sie den Platz an der Reling und ging zum Cockpit. Richard studierte gerade eine Seekarte und schaute nicht auf, als Helen bei ihm ankam. Aber er hatte offensichtlich ihre Schritte gehört, denn er deutete mit dem Kopf zu den Stufen, die unter Deck führten. „Wie wäre es, wenn du uns einen Kaffee machst? Die Kombüse ist Richtung Bug, hinter der großen Kabine. Unten findest du alles, was du brauchst.“
Der Gedanke, das Deck zu verlassen, gefiel Helen ganz und gar nicht. Verzweifelt klammerte sie sich am Dach des Ruderhauses fest. Was hatte ihr Vater immer gesagt? Schau zum Horizont, wenn sich alles um dich herum hebt und senkt.
„He, geht es dir nicht gut?“ Da Richard aufgefallen war, dass Helen sich nicht von der Stelle rührte, schaute er sie nun besorgt an.
„Ich … fühle mich nur etwas unsicher, das ist alles.“ Auf keinen Fall wollte sie zugeben, dass sie befürchtete, seekrank zu werden. Dennoch hatte sie das Gefühl, dass Richard ganz genau wusste, wie ihr zumute war.
„Ach so! Keine Angst“, beschwichtigte er sie. „Die See ist nur hier so rau. Sobald wir am Spanish Point vorübergesegelt sind, wird das Meer ruhiger. Die Turbulenzen entstehen, weil der durchs Land geschützte Sund an dieser Stelle in die offene See übergeht.“
Helen nickte, obwohl sie seine Erklärung nicht verstand. Wo mochte dieser Spanish Point liegen? Und wie lange würde das Meer noch so aufgewühlt sein?
„Komm her“, forderte Richard sie unvermittelt auf und zog sie zu sich ins Cockpit. „Und nun stell dich hinters Steuerrad. So ist es gut. Halte es fest. Spürst du, wie du es unter Kontrolle hast?“
„Ja.“ Helen war so darauf konzentriert, das Steuer zu halten, dass sie ihr Unbehagen vergaß. Ein Boot dieser Größe zu beherrschen war ein aufregendes Gefühl, und als das Schiff durchs Wasser glitt, verstand sie allmählich, warum so viele Menschen sich fürs Segeln begeisterten.
„Mir scheint, dir macht es Spaß“, bemerkte Richard neben ihr. Erst jetzt erkannte Helen, wie nah er war. Auch wenn er sie nicht berührte, spürte sie die Wärme seines Körpers, und als sie sich zu ihm umdrehte, war sein Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt.
Gebannt schaute sie ihm in die Augen. Eine gefährliche Sekunde lang war sie völlig hilflos, und die verschiedensten Empfindungen brachen über sie herein.
Plötzlich
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